CDU-Parteitag Die Entscheidung fällt in letzter Minute

Rhein-Berg · Beim digitalen CDU-Parteitag am Samstag stimmen auch sechs Delegierte aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis darüber ab, wer neuer Parteivorsitzender wird. Eine klare Tendenz lässt bisher nur NRW-Innenminister Herbert Reul erkennen.

 Bewerben sich für den Vorsitz der CDU (v. l.): Friedrich Merz, Armin Laschet und Norbert Röttgen.

Bewerben sich für den Vorsitz der CDU (v. l.): Friedrich Merz, Armin Laschet und Norbert Röttgen.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Wenige Tage vor dem ersten digitalen Parteitag der CDU und der Wahl zum neuen Bundesvorsitzenden gibt es unter den Delegierten im Kreisverband noch keine klare Meinung darüber, wer am 15. und 16. Januar an die Spitze der Partei gewählt werden soll.

Sympathien gebe es derzeit für alle drei Kandidaten, sagt Stefan Leßenich, Stadtverbandsvorsitzender der CDU Wermelskirchen. Die eigene Haltung gegenüber Armin Laschet, Norbert Röttgen und Friedrich Merz könnte sich nach einem virtuellen Dialog am Dienstagabend zwischen den Partei-Mitgliedern und den wahlberechtigten Delegierten aber inzwischen herauskristallisieren.

„Ich habe mich noch nicht entschieden, weil ich noch Anregungen aufnehmen möchte“, sagt Kreisschatzmeister und Bundestagsabgeordneter Hermann-Josef Tebroke im Gespräch mit unserer Redaktion. Man habe mit drei hochqualifizierten Kandidaten, die um den CDU-Vorsitz kämpfen, beinahe schon ein Luxusproblem. In diese Wahl solle man deshalb offen und nicht vorentschieden gehen. Dennoch spüre Tebroke, dass sich das Stimmungsbild in der Partei verändere: „Ich bekomme Anregungen, Hinweise, Empfehlungen, dringende Wünsche. Ich habe den Eindruck, das Feld wird enger.“

 Herbert Reul

Herbert Reul

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Neben Tebroke werden am kommenden Freitag und Samstag auch CDU-Kreisvorsitzender Uwe Pakendorf, seine Stellvertreter Vera Müller und Christian Buchen sowie Landtagsabgeordneter Rainer Deppe und NRW-Innenminister Herbert Reul, beide Ehrenvorsitzende, die Kreispartei im virtuellen Meeting-Raum vertreten.

 Hermann-Josef Tebroke

Hermann-Josef Tebroke

Foto: Kathrin Kellermann

Auf unsere Anfrage hin wollte sich Rainer Deppe noch nicht zu einer Tendenz äußern und sich zunächst intern mit den anderen Delegierten abstimmen. Derweil sendet Reul, der 17 Jahre lang Kreisvorsitzender der CDU im Rheinisch-Bergischen Kreis (1990-2007) war, ein klares Signal: „Ich sehe Armin Laschet vorn.“

Laut aktuellen Umfragen der ARD unter CDU-Anhängern und Wahlberechtigten in Deutschland hat allerdings der frühere CDU-Fraktionschef Friedrich Merz die größten Chancen auf einen Sieg. Demnach kommt Merz auf 27 Prozent unter den Wahlberechtigten, Röttgen auf 22 Prozent und Laschet auf nur 18 Prozent. Unter CDU-Anhängern führt Merz mit 29 Prozent, ist aber mittlerweile dicht gefolgt von seinen beiden Kontrahenten (je 25 Prozent).

Die Umfragen spiegelten allerdings nicht die Meinung der wahlberechtigten Delegierten wider, betont Reul, sondern die der Bürger und Partei-Anhänger. Seiner Meinung nach sei Armin Laschet am besten geeignet für den Posten: „Wir brauchen in diesen Zeiten einen Vorsitzenden, der erstens regieren kann und das auch bewiesen hat. Zweitens auch einen, der die Breite der Partei abdeckt. Wir sind Volkspartei, nicht irgendeine Klientelpartei“, sagt Reul im Gespräch mit unserer Redaktion.

Schon im Vorfeld hatte der NRW-Innenminister sich gegen Merz als Vorsitzenden ausgesprochen. „Friedrich Merz ist gut. Aber was nützt es uns, wenn die CDU durch sein wirtschaftsliberales Profil der FDP Wählerstimmen wegnimmt. Damit hätten wir nicht unbedingt Punkte gemacht, was eine Koalition angeht“, sagt Reul. Merz sammle bei den Wählern Punkte im Bereich der Wirtschaft und bei den Liberalen, aber seine Einstellung könnte in anderen Bereichen Stimmen kosten: beim Sozialen, bei den Arbeitnehmern und an die Grünen.

Der derzeitige Ministerpräsident Armin Laschet sei hingegen breiter aufgestellt und beweise wie kein anderer in der Republik, dass er eine Koalition mit der FDP, die immer noch Wunsch-Koalitinspartner der CDU sei, ohne Probleme leiten könne. Auch Norbert Röttgen gehöre zu den „hochklassigen“ Leuten und sei ähnlich breit aufgestellt wie Armin Laschet, doch er habe als Landesvorsitzender der CDU NRW (2010-2012, Anmerkung der Redaktion) Spuren hinterlassen, die viele Mitglieder nachdenklich gemacht hätten – und somit seine Chancen auf Zustimmung in der NRW-CDU minderten.

Röttgens kürzlichen Aufschwung in den Umfragen bezeichnet Reul als „normalen Ablauf“. „Er war vorher der Unbekannte. Der, dem man keine Chance gegeben hat. Je mehr jetzt darüber berichtet wird, er könnte doch eine Chance haben, desto mehr kommen auch die Leute auf diese Idee.“ Das hieße aber noch lange nicht, dass er auch die Stimmen der Delegierten hinter sich habe, so Reul weiter.

Eine Tendenz bei den Delegierten-Kollegen in der Kreispartei vermag aber auch der Innenminister nicht abzulesen. „Dafür trifft man zu wenig Leute.“ Schuld ist die Corona-Pandemie, die im vergangenen Oktober auch dafür sorgte, dass der Parteitag 2020 auf Mitte Januar verlegt wurde und die Hoffnungen auf einen Präsenzparteitag zunichte machte.

Am Samstag stimmen die 1001 wahlberechtigten Delegierten nun digital über den neuen Vorsitzenden ab. Weil ein digitales Wahlergebnis rechtlich aber (noch) nicht gültig ist, müssen die Delegierten ihre Wahl anschließend noch per Briefwahl bestätigen.

Von den zwei Plenartagen erhofft sich Hermann-Josef Tebroke noch viel: „Diese Stimmung, die ja normalerweise bei einem Präsenz-Parteitag auch die Meinungen der Delegierten bildet, wird diesmal ganz anders sein. Die Reden werden auf dem Parteitag aus dieses Mal wieder eine wichtige Bedeutung haben“, sagt er.

Für Innenminister Reul hingegen wird es keine Entscheidung in letzter Minute: „Ich richte meine Entscheidung nicht nach der Stimmung, auch nicht nach der Rede. Ich möchte einen Parteivorsitzenden haben, der dafür sorgt, dass die CDU die nächste Wahl gewinnen kann und die Kanzlerschaft. Das ist mein Kriterium.“

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