Leichlingen Bei Trauerrede die Totenruhe gestört?

Leichlingen · Vor dem Amtsgericht Leverkusen musste sich eine 54-jährige Frau wegen Störung der Totenruhe verantworten. Sie soll eine Trauerfeier unterbrochen und Gäste zum Gehen bewogen haben. Das Gericht sah dies jedoch nicht als erwiesen an.

"Störung der Totenruhe durch unflätiges Verhalten" - so lautete die Anklage der Staatsanwaltschaft gegen eine 54-jährige Langenfelderin. Auf einer Trauerfeier in Leichlingen im Februar vergangenen Jahres soll die Frau die Bestattungsfeier gestört haben. Sie habe dabei gebrüllt: "Eine Unverschämtheit ist das. Das muss ich mir nicht bieten lassen... Hoffentlich ist er bald unter der Erde."

Vor Gericht sagte die Angeklagte, sie habe sich über Beschuldigungen des Sohnes des Verstorbenen in der Trauerrede aufgeregt. So habe der Sohn die Geschäftspartner des Verstorbenen - zu denen unter anderen ihr Ehemann gehört habe, bezichtigt, seinen Vater ausgenutzt zu haben. Daraufhin habe sie gesagt: "Das muss ich mir nicht geben." Dann habe sie die Trauerfeier gemeinsam mit ihrem Mann verlassen. Die angeklagten unflätigen Äußerungen habe sie nicht getan, beteuerte die 54-Jährige.

Ihr widersprach der Sohn des Verschiedenen. Er hatte die Anzeige erstattet. Vor Gericht sagte er, die Beschuldigte habe während seiner Trauerrede gerufen: "Ich hoffe, der Tote ist bald unter der Erde." Dann sei sie wild gestikulierend aufgestanden und habe versucht, Trauergäste zum Gehen zu bewegen. Die Beschuldigungen gegen die Geschäftspartner habe er nie so getätigt, vielmehr habe er einen Denkanstoß liefern wollen. Dieser Version schloss sich auch eine als Zeugin geladene "Freundin der Familie" an.

Dies widersprach allerdings den Aussagen anderer geladener Zeugen. Gleich vier Zeugen, die ebenfalls auf der Trauerveranstaltung waren, gaben an, die Angeklagte sei sofort nach dem Vorfall weggefahren. Sie habe nicht versucht, andere Gäste von der Feier wegzubewegen. Die Behauptung, die Langenfelderin sei danach noch am Grab gewesen, konnte entkräftigt werden. Die "Freundin der Familie" wollte auch einen pinken Pelz an der Beschuldigten gesehen haben. Auch dieser Behauptung widersprachen die anderen Zeugen. Die Anschuldigung der unflätigen Äußerungen erwies sich ebenfalls als haltlos.

Richterin Gesa Liesen versuchte mehrmals den Prozess mittels eines Kompromisses zu beenden. "100 Euro an Unicef und gut ist?", fragte sie mehrmals. Die Verteidigung bestand jedoch darauf, alle Zeugen zu hören. Die Staatsanwaltschaft sah es in ihrem Plädoyer schließlich als erwiesen an, dass die Aussage wann der Verstorbene "endlich unter der Erde" sei, getätigt wurde. Eine Störung der Totenruhe liege vor - wenn auch nicht im in der Anklageschrift beschriebenen Umfang. Zehn Tagessätze mit je zehn Euro forderte sie. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch, schließlich sei keine der getätigten Beschuldigungen haltbar gewesen. Richterin Liesen sprach die Angeklagte schließlich frei. "Es war ein knapper Freispruch, es muss etwas gewesen sein", sagte sie. Das Verhalten sei wohl nicht ganz angemessen gewesen. Die Freigesprochene will jetzt aber juristisch gegen die eventuellen Falschaussagen des Sohnes und der Familienfreundin vorgehen.

(jim)
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