Leichlingen Ärztekammer wehrt sich gegen Protest

Leichlingen · Die Vorsitzende der Kreis-Ärztekammer widerspricht der Kritik des Leichlinger Bürgermeisters an der Bündelung der Bereitschaftsdienste. Junge Ärzte kämen nur aufs Land und in Kleinstädte, wenn man die Notdienste reduziere, sagt sie.

Erzürnt und verwundert ist die Vorsitzende der Kreis-Ärztekammer, Barbara vom Stein, über den Protest des Leichlinger Bürgermeisters Ernst Müller, der sich gegen das neue Not- bzw. Bereitschaftsdienstkonzept der niedergelassenen Ärzte in Leichlingen, Burscheid und Wermelskirchen wehrt.

"Der Stil ist nicht sehr elegant", sagt die Ärztin, die gestern erst durch die RP den Originaltext des Bürgermeister-Briefes vorgelegt bekam. Denn der Brief aus Leichlingen hatte sie bislang nicht erreicht. Verärgert ist die Kammervorsitzende aber vor allem über den Inhalt von Müllers Brief: Der gehe nämlich von falschen Voraussetzungen aus. Und der Bürgermeister "solle doch mal die Kirche im Dorf lassen", schimpft Barbara vom Stein.

Tatsächlich sei die Bündelung der Bereitschaftsdienste der Hausärzte an den Wochenenden eine notwendige Reaktion auf den allgemeinen Ärzte- und Fachärztemangel auf dem Lande und in den Kleinstädten: "Die jungen Ärzte sind nicht mehr wie wir alten Landärzte", bedauert Barbara vom Stein, die seit 20 Jahren in Burscheid praktiziert. Sie selbst habe früher jeden Tag gearbeitet und auch heute noch eine 80-Stunden-Woche, sagt die 59-Jährige.

Aber der heutige Ärztenachwuchs, der nun mal gerade auf dem Lande dringend gebraucht werde, wo viele Ärzte über 60 seien, stelle andere Ansprüche: "Die jungen Ärzte gehen lieber in die Großstädte, wo sie weniger Dienste haben, weil es dort viel mehr Kollegen gibt", sagt die Ärztekammer-Vorsitzende und wird noch deutlicher: "Unser Leitmotiv für die Bündelung der Bereitschaftsdienste ist eine Stabilisierung und auf Dauer eine bessere medizinische Versorgung in Leichlingen, Burscheid und Wermelskirchen."

Und es sei völlig aus der Luft gegriffen, wenn Bürgermeister Müller von der Sorge spreche, dass Leichlinger Patienten künftig nach Wermelskirchen zum kassenärztlichen Notarzt fahren müssten, weil vor Ort nicht an jedem Wochenende einer der niedergelassenen Ärzte Bereitschaft habe. "Kein Leichlinger muss nach Wermelskirchen fahren. Für sie gibt es die kassenärztlichen Notfallambulanzen am Klinikum Solingen und im Leverkusener MediLev/Gesundheitspark. Sie ergänzen sich in der monatlichen Wochenenddienstbereitschaft mit den kassenärztlichen Notfallambulanzen des Marienkrankenhauses in Bergisch Gladbach und im Remscheider Sana-Klinikum.

Gewisse Wege müssten von beiden Seiten, den Patienten sowie auch den Ärzten, verlangt werden können, meint Barbara vom Stein. "Denn wir müssen jetzt die Weichen stellen, sonst ist es in zehn Jahren zu spät", warnt sie vor einer möglichen Ausblutung der medizinischen Versorgung in ländlichen Bereichen.

Zur Verdeutlichung macht die Vorsitzende der Kreis-Ärztekammer noch einmal klar, welche ärztlichen Notdienstleistungen allen Patienten außerhalb der Praxiszeiten zugänglich sind: "Der Notruf des Kreises über die 112 kommt immer sofort bei Notfällen wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Unfällen." Der Bereitschaftsdienst der Kassenärzte unter der 116117 werde in der Regel bei weniger schweren Fällen wie beispielsweise Bauchkrämpfen oder Insektenstichen angerufen. Und diese Patienten müssten dann eben in Arztpraxen oder zu den kassenärztlichen Notfallambulanzen fahren oder sich dorthin bringen lassen, sagt die Ärztin.

(RP)
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