Werner Tisch aus Langenfeld Der Mann mit dem Super-Sammel-Tick

Langenfeld · Werner Tisch besitzt nicht nur Bravos aus den 1960ern und 70ern, sondern auch Tausende Schallplatten, Konzert-DVDs und mehr.

 Werner Tisch in seinem Reich mit Star Wars aus Lego.

Werner Tisch in seinem Reich mit Star Wars aus Lego.

Foto: Matzerath, Ralph (rm)/Matzerath, Ralph (rm-)

Eigentlich müsste Werner Tisch der Alptraum einer jeden Ehefrau sein. Ist er aber nicht. Auch wenn das Leben des 72-Jährigen von der Sammelleidenschaft beherrscht wird. Er hat alle Bravos von 1956 bis 1974, die meisten davon auch noch doppelt, weil sie durch rausgerissene Star-Schnitte nicht mehr seinen Vorstellungen von neuwertig entsprechen.

Tisch hat 40 000 Single-Schallplatten – hauptsächlich Rock und Pop aus 60ern, 70ern und 80ern. Er hat unzählige Konzert-DVDs sowie hunderte Bücher. Er hat einige Tausend CDs - Rock, Pop, Blues – „alles querbeet“, sagt er. Viele sind noch in Folie verpackt.
Eine Sammlung von 13 000 Langspielplatten hat er kürzlich verkauft.

„Ich sammle jetzt nur noch Beatles und Stones“, erklärt er. Zuletzt hat er eine Neuauflage der LP-Kassette „Let it be“ von den Beatles ergattert. Das letzte Album der Liverpooler wurde kürzlich 50 Jahre alt. „Das Original habe ich natürlich auch“, sagt Tisch. Für seine Platten hat er drei Plattenspieler: „Einen für neue Scheiben, einen für gute gebrauchte und einen für grenzwertige“, erklärt er. Und dann sammelt der agile Rentner noch jede Menge Musikliteratur: in Zeitungen, Büchern, Magazinen.

Doch der Clou ist sein Faible für Lego-Steine. Da baut er die komplette Skywalker-Saga nach. Der „Todesstern“ und der Super-Sternen-Zerstörer“ samt Triebwerkleuchten, aller möglicher Waffen und kompletter Besatzung ist fertig und steht unter extra angefertigten Plexiglas-Kuppeln im „Hobby-Zimmer“ des Sammlers. Viele Objekte warten noch darauf, zusammen gebaut zu werden. Darunter eine Art Puzzle, mit dem man einen der vier Beatles-Köpfe zusammensetzen kann.

Was jedoch am meisten verblüfft an dieser Fülle von Trophäen, ist die Ordnung, die in Regalen, Schubfächern, Schränken, Plastikkästen und Ordnern jeglicher Art herrscht. Tisch ist ein Ordnungsfanatiker. „Einmal im Jahr werden alle Neuzugänge in den Schränken sortiert“, sagt er. „Und Donnerstag ist Schnibbeltag. Da durchforste ich alle Zeitungen nach Artikeln über Bands, Pop- und Filmmusik.“

Alles, was sich zwischen 60er und 80er abspielt wird ausgeschnitten und fein säuberlich in einem Ordner aufgeklebt. Auf diese Weise hat sich der ehemalige Bürokaufmann schon eigene Lexika geschaffen. Werner Tisch scheint immer zu wissen, was er gerade wo hat. Ein Phänomen. Kein Stäubchen, kein fettiger Fingerabdruck, kein willkürlich abgelegtes Sammel-Objekt kann der Besucher entdecken. Tischs Hobby-Zimmer gehört ihm, und er hält es allein penibel aufgeräumt und sauber. „Ich rühre hier keinen Finger“, bestätigt seine Frau. „Das macht er alles selbst.“

Auch das Wohnzimmer des Ehepaares sieht ganz normal und frei von jeglichen Sammelstücken aus. „Ich habe einen Beatles-Starschnitt, der geht über eine ganze Wand“, erzählt Tisch stolz, „den würde ich ja gerne im Wohnzimmer aufhängen. Doch da frage ich erst gar nicht. Dann stehen meine Koffer vor der Tür“, ist der Sammler überzeugt.

Sein Reich auf der ersten Etage gleicht einer Zeitreise: Winnetou-Darsteller Pierre Brice mit vollem schwarzen Haar, die Sänger Barry Ryan und Ricky Shane mit ihrer Tolle, Mick Jagger als Bubi, der jugendlich-blonde Howard Carpendale, Uschi Glas und Wencke Myhre faltenlos – die Konterfeis auf dem damals so beliebten Jugendmagazin sind über 50 Jahre alt. Die neuwertigen Vorzeige-Exemplare hat Tisch in Klarsichthüllen gesteckt.

Er hat auch noch ganz alte Titelblätter aus den 1960er Jahren. Da gucken uns die Stars mit merkwürdig rosa Lippen und stahlblauen Augen an. „Die wurden nachkoloriert“, klärt der Besitzer auf.

All seine Besitztümer gelesen oder gehört hat Tisch nicht, gibt er zu. Doch trotzdem treibt es ihn einmal in der Woche auf einen Flohmarkt, um neues Altes aufzutun. „Auf dem Flohmarkt habe ich keine Alters-Wehwehchen wie im Alltag. Da bin ich gesund“, sagt er. Natürlich sind seine unzähligen Lego-Steine nicht alle neu. „Ich kaufe sie gebraucht und stecke sie dann in einen Kopfkissenbezug in die Waschmaschine“, berichtet er. „Danach sind sie wie neu.“ Und dann werden sie verarbeitet – zum Beispiel zu einem VW-Bulli aus den 70ern oder dem U-Boot „Yellow Submarine“, das die Beatles besingen. So ganz kann sich dann übrigens seine Frau doch nicht dem Reiz der Bausteinsammlung ihres Mannes entziehen. Denn die zuletzt genannten Objekte hat sie „mal schnell“ zusammengesetzt.

Eine digitale Katalogisierung seines umfangreichen Sammler-Repertoires kommt für Werner Tisch nicht in Frage. Genau so wenig wie ein Verzicht auf die nostalgischen raumgreifenden Ton-Träger zugunsten von Spotify. „Ich will alles anfassen und sehen. In 50 Jahren erinnere ich mich doch an kein Plattencovere mehr, wenn ich alles nur im Internet höre“, sagt Tisch. Seine Frau habe ihm ein Senioren-Handy gekauft. „Mehr Computer brauche ich nicht“, erklärt er.

 Die Sammelleidenschaft ist nahezu grenzenlos: Zu den Schätzen gehört auch Yellow Submarine der Beatles mit U-Boot und Bandfiguren.

Die Sammelleidenschaft ist nahezu grenzenlos: Zu den Schätzen gehört auch Yellow Submarine der Beatles mit U-Boot und Bandfiguren.

Foto: Matzerath, Ralph (rm)/Matzerath, Ralph (rm-)

Er liebt es, seine Objekte anzufassen und zu betrachten, sie zu ordnen und abzustauben, sie zu sortieren und in kleinen Ordnern ihre Existenz zu dokumentieren. „Das macht mir Spaß und lässt keine Langeweile aufkommen“, sagt er. Doch dann hält er plötzlich inne: „Aber wissen Sie“, sagt er, „eigentlich ist das hier alles nur Beiwerk. Das Hauptwerk ist meine Frau. Die hat mich vor 48 Jahren genommen, obwohl sie wusste, dass ich so ein besessener Sammler bin.“

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