Konjunktur für Kammerjäger Der Sommer der Wespen

Monheim/Düsseldorf · Derzeit schwirren besonders viele der Insekten herum. Experten mahnen zur Ruhe, Kammerjäger haben viel mit den Nestern zu tun.

Was man gegen die Wespen-Plage in Düsseldorf tun kann
Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Wegen des milden Winters und des teils tropisch heißen Sommers konnten sich Wespen und Hornissen in diesem Jahr besonders gut vermehren. Dabei nisten sie auch gerne mal in Dachstühlen oder Rollladenkästen. So wie bei Jan Petricek – er fand ein Hornissen-Nest in seiner nicht ausgebauten Dachgaube. Dort haben die Insekten sogar den Durchbruch in die Wohnung geschafft. Entfernen lassen durfte er das Nest aber zunächst nicht – dazu ist eine Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde nötig. Lutz Nöthen arbeitet dort: „Es gibt diesen Sommer deutlich mehr Hornissen als in den Vorjahren“, erzählt er. Dasselbe gilt für Wespen, das bemerkt auch Kammerjäger Dirk Kemmerling: „Es ist katastrophal“, sagt er, „ich mache das jetzt seit 26 Jahren und so habe ich das noch nicht erlebt.“ Kemmerling hat in schon hunderte von Nestern entfernt – fünfmal so viele wie im gesamten letzten Jahr.

Welche Nester dürfen entfernt werden? Bei Wespen ist ein Anruf beim Kammerjäger zunächst kein Problem. Die im Rheinland lebenden Arten sind nicht geschützt. Bei Hornissen sieht das anders aus: Die Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) zählt das Insekt zu den besonders geschützten Arten. Da die Hornisse selten geworden ist, ist es strafbar, sie in ihrer Lebensweise zu beeinträchtigen oder zu töten.

Wie nisten Wespen und Hornissen? Weil sie zur selben Tierart gehören – die Hornisse ist die größte Wespenart – sehen ihre Nester ähnlich aus, lediglich die Farbe hilft bei der Unterscheidung: Hornissen-Nester sind bräunlich, die der Wespen eher gräulich. Die Königin – bei Hornissen kann diese bis zu vier Zentimeter groß werden – gründet im Frühjahr ihren Staat, meist in hohlen Bäumen, an Waldrändern und Streuobstwiesen. Da der ursprüngliche Lebensraum verschwindet, weichen die Insekten zum Nestbau oft auf Schuppen, Dachstühle, Rollladenkästen oder Vogelhäuschen aus. Sie zerkauen morsches Holz, mischen es mit Speichel und erhalten daraus eine Masse für ihre „Papiernester“. In den Sommermonaten, vor allem im August, ist die Population von Wespen und Hornissen am größten.

Wie gefährlich sind Wespen und Hornissen? Auch wenn Hornissen deutlich größer als ihre Artgenossen sind: „Sie sind nicht gefährlicher als Wespen oder Bienen“, sagt Nöthen. Ein Stich könne genauso behandelt werden. Anders als Wespen würden Hornissen den Menschen meiden, sie fühlen sich nicht durch Grillfleisch angezogen und schwirren auch nicht um den Kaffeetisch, erzählt Nöthen. Sie stechen nur, wenn sie sich bedroht fühlen. Besondere Vorsicht gelte nur für Allergiker. Wespen hingegen können leicht aggressiv werden und greifen schneller an. Der Grund: Ihre Population ist so groß, dass der Verlust einer einzigen Wespe keinen Unterschied macht.

Was tun, wenn ein Nest entdeckt wurde? Das Entfernen eines Wespen-Nestes ist zwar legal – man sollte aber gründlich überlegen, ob es wirklich nötig ist: „Die Leute haben viel zu viel Panik. Wenn es ein Nest gibt, muss es nicht direkt weg“, erklärt Dirk Kemmerling, „ich habe oft Kunden, bei denen ich aufs Dach steigen soll, um ein Nest zu entfernen. Das ist unnötig.“ Habe man ein Nest entdeckt, sei die größte Gefahr schon gebannt, fügt er hinzu. Danach reiche es, den Tieren einfach ihre Ruhe zu lassen. „Man sollte nicht in ihre Flugbahn kommen oder das Nest mit Silikon oder Ähnlichem zukleben, das macht sie nur aggressiv“. Bei Hornissen müsse laut Nöthen abgewogen werden, wie hoch die Beeinträchtigung für den Menschen ist, also etwa ob das Nest abgelegen im Garten liegt oder in der Wohnung. Wespen- und Hornissen-Nester sind allerdings einjährig: „Schon im Oktober sterben sämtliche Tiere ab.“ Lediglich einige befruchtete Weibchen würden überwintern und im Folgejahr einen neuen Staat gründen. Und dies geschehe so gut wie nie an der alten Stelle. Wer sich durch Hornissen gestört fühlt, kann sich an die Naturschutzbehörde wenden.

Was kann man außerdem noch tun?

„Abstand halten und Ruhe bewahren“, sagt Nöthen. Liegt das Nest in der Nähe des Hauses, empfiehlt es sich, die Fenster mit Fliegennetzen zu sichern. Jan Petricek, der eine Ausnahmegenehmigung bekommen hat, hat seine neuen Mitbewohner an einem Wochenende entdeckt. Von einem Imker bekam er den Rat, das Loch in der Schlafzimmerdekce mit Gewebeklebeband abzudecken, so dass die Hornissen den Eingang in die Wohnung erst einmal nicht mehr nutzen können.

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