Langenfeld/Monheim Vor 75 Jahren wurde Synagoge zerstört

Langenfeld/Monheim · An die vom Nazi-Regime gelenkte Reichspogromnacht am 9. November 1938 sowie die Ermordung und Verfolgung von Juden auch in Langenfeld und Monheim erinnern morgen eine Friedhofsführung sowie eine Gedenkstunde.

75 Jahre ist es her, dass in der vom Nazi-Regime gelenkten Reichspogromnacht am 9. November 1938 in ganz Deutschland Juden Gewalt angetan und Synagogen zerstört wurden. Geschäfte und Häuser wurden geplündert, ihre Besitzer und andere jüdische Bürger von diesem Tag an systematisch verfolgt, misshandelt und ermordet. Daran erinnern morgen Nachmittag eine Führung mit dem Lokalhistoriker Günter Schmitz über den jüdischen Friedhof in Langenfeld-Richrath (siehe Infobox) sowie am Abend eine Gedenkstunde in der Monheimer Altstadtkirche.

"In Langenfeld wurde in der Reichspogromnacht der Laden der Gebrüder Meyer an der Hauptstraße zerstört, in der Nacht darauf die Synagoge angezündet", sagt Günter Schmitz (74). Der Leiter des Geschichts-Arbeitskreises der Volkshochschule erforscht selber seit etwa 30 Jahren die Geschichte der Juden in Langenfeld, Monheim und Hitdorf. Der ehemalige Schulrektor spürt insbesondere dem Schicksal der Deportierten nach, die den Holocaust nicht überlebt haben. In seinen Forschungen widerlegte Schmitz damalige Zeitungsberichte der gleichgeschalteten Presse, die von "spontanen, aus dem Herzen der Bevölkerung heraus entstandenen Protestaktionen gegen das Judentum" auch in Langenfeld sprach. Vielmehr seien SA-Männer maßgeblich an den Zerstörungen und Gewalttaten gegen Juden beteiligt gewesen. Dem folgenden Völkermord an den europäischen Juden fielen laut Schmitz mehr als 50 Langenfelder zum Opfer.

Mindestens ebenso viele dürften durch Flucht ins Ausland überlebt haben. Wenige kehrten nach dem Zweiten Weltkrieg zurück, darunter Änne Berger aus der im frühen 20. Jahrhundert stadtweit bekannten Unternehmerfamilie. Auf ihre Initiative wurde der nahe der Winkelstraße gelegene Friedhof 1961 teilweise neu gestaltet. Änne Berger gehört auch zu den wenigen, die dort nach der NS-Diktatur bestattet wurden (1981). Am ältesten noch lesbaren von insgesamt 51 Grabmälern ruht seit 1861 Hirsch Levi, Sohn des Schlomo Halevi. Der Viehhändler war Hausherr des damaligen jüdischen Betraums am Ganspohl.

Das unscheinbare Backsteinhaus stand ungefähr dort, wo sich heute in der Langenfelder Fußgängerzone das Einkaufszentrum "Sass am Markt" befindet. Zwischen ein paar bescheidenen Wohnbauten und Feldern wurde 1869 die "Synagoge am Ganspohl" feierlich eingeweiht. Bis zur Zerstörung vor 75 Jahren betete darin die kleine jüdische Gemeinde. Schmitz zufolge stammen die ältesten Nachweise über Juden in Langenfeld, Monheim und Hitdorf von 1750.

Das Gedenken an die Pogromnacht in der Evangelischen Altstadtkirche an der Grabenstraße in Monheim beginnt morgen um 18 Uhr. Zur Eröffnung sprechen Pfarrer Falk Breuer und Bürgermeister Daniel Zimmermann. Über "Juden in Monheim — Gemeindeleben, Nachbarschaft, Holocaust und Wiedergutmachung" referiert Dr. Karl-Heinz Hennen. Der ehemalige Volkshochschul-Leiter erarbeitet zurzeit im Auftrag der Stadt eine Dokumentation der Geschichte der Monheimer Juden; voraussichtlich im Frühjahr 2014 wird sie veröffentlicht. Musikalisch umrahmen das Jugendblasorchester der Peter-Ustinov-Gesamtschule und die städtische Musikschule die Gedenkstunde. Lasse Drechsel und Jenni Bless, Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums, halten eine meditative Lesung. Im Anschluss wird am Mahnmal am Kradepohl ein Kranz niedergelegt.

(RP)
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