Mettmann Valsartan: Ansturm auf Ärzte

Kreis Mettmann · Nach dem Rückruf des Medikaments sind Patienten noch immer verunsichert, Ärzte genervt, Apotheker müssen Fragen beantworten – und bei den Ersatzstoffen gibt es Lieferengpässe.

Martin Wildner traute seinen Augen kaum. „Da sitzt man im Urlaub auf dem Balkon und surft bei RP-Online, und dann liest man diese Nachricht.“ Der Rückruf des Blutdrucksenkers Valsartan betraf auch den 48-Jährigen. Anderthalb Jahre nahm er das Medikament bereits. Und dann die schockierende Nachricht: In Valsartan sollen krebsauslösende Stoffe nachgewiesen worden sein. Nach Ende seines Urlaubs wandte sich Wildner sofort an seinen Arzt. Der nahm sich viel Zeit und verschrieb einen Ersatz. Doch ein mulmiges Gefühl bleibt: „Ich bin sehr verärgert, dass so etwas passieren kann“, sagt Wildner.

Damit ist er nicht alleine. In den Apotheken, so berichtet Paula Nowodworski, Inhaberin der Biber-Apotheke in Mettmann, werden seit dem 5. Juli reihenweise Medikamente zurückgerufen, die den blutdrucksenkenden Wirkstoff Valsartan enthalten. Grund sei eine Verunreinigungen mit dem potenziell krebserregenden Stoff N-Nitrosodimethylamin (NDMA). Und die Patienten geben sich immer noch die Klinke in die Hand - nicht nur in den Apotheken, sondern auch in den Arztpraxen.

„Ärgerlicherweise bekommen wir Ärzte ständig Anrufe und Nachfragen, ob das Blutdruckpräparat, welches übrigens manchmal von zehn verschiedenen Firmen produziert wird, verunreinigt ist“, sagt DRK-Kreisverbandsarzt Dr. Thomas Nasse. Auskünfte zu erteilen, das sei jedoch ganz eindeutig die Aufgabe der Apotheker, sagt Nasse. Und so lautet der Appell des Kreisverbandsarztes an Betroffene und Patienten: „Fragen sie nicht ihren Arzt, sondern den Apotheker”.

Paula Nowodworski gibt Nasse recht. Es sei primär die Aufgabe der Apotheker, die Kunden aufzuklären. Ob der Wirkstoff Valsartan in einem Medikament enthalten sei, stehe auf jeder Packung beziehungsweise sei Bestandteil des Arzneimittelnamens. In den Fällen, in denen Patienten wegen eines Rückrufs auf ein anderes Präparat wechseln müssen, kommt allerdings doch wieder der Arzt zum Einsatz, denn er müsse ein neues Rezept ausstellen. Dazu Prof. Dr. Martin Schulz von der Arzneimittelkommission: „Apotheker dürfen eine angebrochene Packung nicht einfach gegen eine neue austauschen – alle valsartan-haltigen Arzneimittel unterliegen der Rezeptpflicht.“ Doch es gibt noch ein weiteres Problem: Dr. Karl-Jürgen Wunderlich, Sprecher des regionalen Apothekerverbandes und der Kammer aus Hilden, berichtet, dass es zurzeit drei Hersteller gebe, die „saubere“ Medikamente produzieren. Allerdings gebe es immer noch Lieferengpässe.

Und auch Paula Nowodworski bestätigt: Durch die Vielzahl an betroffenen Patienten könne nicht ausgeschlossen werden, dass Ersatzpräparate nicht mehr in ausreichender Menge auf dem Markt verfügbar sind: „In diesem Fall empfiehlt sich die Umstellung auf einen vergleichbaren Wirkstoff, je nach Entscheidung durch den behandelnden Arzt.“

Martin Wildner nimmt bereits ein Ersatz-Präparat, das er gut verträgt. Doch er fordert: „Da muss mehr Kontrolle her. Man muss als Patient auf das Medikament vertrauen können.“ Er hat sich intensiv über den Fall informiert: „Es ist bedenklich, dass Pharma-Unternehmen kostengünstig in anderen Ländern herstellen lassen, wo ein Zugriff schlecht möglich und eine Kontrolle schwierig ist.“

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