Warenhaus-Kette aus Langenfeld Strauss Innovation - 96 Geschäften droht das Aus

Langenfeld · Die Gruppe will über das Schutzschirmverfahren die drohende Insolvenz verhindern. Der Konzern steckt seit Jahren in der Krise. Nun soll ein neues Ladenkonzept das Unternehmen aus den roten Zahlen führen.

Das ist Strauss Innovation
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Als Strauss Innovation gegründet wurde, regierte in Deutschland noch ein Kaiser, in China war der Boxeraufstand niedergeschlagen worden, und die transsibirische Eisenbahn bewältigte zum ersten Mal die Strecke von Moskau nach Wladiwostok. Man schrieb das Jahr 1902, als Heinrich und Maria Strauss begannen, in ihrem Geschäft in der Düsseldorfer Altstadt Kurz- und Wollwaren zu verkaufen, und den Grundstein legten für ein Unternehmen, das heute mit etwa 1400 Mitarbeitern dreistellige Millionenumsätze erzielt und neben Textilien auch Möbel und Nahrungsmittel verkauft.

112 Jahre nach dem Start ist dieses Unternehmen in Lebensgefahr. Die Strauss Innovation GmbH & Co. KG und die Strauss Logistik GmbH & Co. KG. haben am Donnerstag beim Amtsgericht Düsseldorf Antrag auf Eröffnung eines Schutzschirmverfahrens gestellt. So soll die Insolvenz verhindert werden.

Strauss, dessen Firmensitz bereits in den 1990er Jahren von Düsseldorf in die Nachbarstadt Langenfeld verlegt wurde, ist schon seit Jahren in der Krise. Und doch gibt es gestern betretene Gesichter nach einer Betriebsversammlung in der Strauss-Zentrale in Langenfeld. Eine 59-jährige Mitarbeiterin aus der Verwaltung bringt die Stimmung auf den Punkt: "Das haben wir nicht geahnt. Wir stehen alle unter Schock." Zwar habe man gewusst, dass ein Investor gesucht werden solle. Doch wie schlecht es um das Unternehmen tatsächlich stehe, sei niemandem klar gewesen. "Wann wir unser Januargehalt bekommen, wissen wir nicht", sagt eine andere. Es herrscht Existenzangst — wie bei einer Verkäuferin in einer Strauss-Filiale: "In zwei Monaten verliert mein Mann seinen Job. Was soll nur werden?"

Was wird, hängt vom Fortgang des Verfahrens ab. Das Amtsgericht hat das Schutzschirmverfahren angeordnet (das Strauss-Sanierungskonzept gilt als schlüssig und die Firma ist noch nicht zahlungsunfähig), und den Kölner Insolvenzexperten Andreas Ringstmeier als Sachwalter eingesetzt. Der kann nun das Konzept der zuständigen Agentur für Arbeit vorlegen, die dann eine Bürgschaft abgibt. Diese Garantie dient beispielsweise dazu, sich bei einer Bank frisches Geld zu besorgen. Insolvenzausfallgeld zahlt die Arbeitsagentur nur bei der tatsächlichen Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.

Über den Antrag hatte die Geschäftsführung am Donnerstag die Mitarbeiter in Langenfeld und Solingen informiert. Andere waren zuvor bereits von Kunden auf die aktuellen Entwicklungen angesprochen worden, nachdem die ersten Gerüchte aufgetaucht waren. "Wir bedauern das, wir wollten die Mitarbeiter natürlich zuerst selbst informieren", heißt es bei Strauss.

Der Verkauf in den 96 Filialen, darunter 43 in NRW, und dem vor etwa drei Jahren gestarteten Online-Shop geht derweil ganz normal weiter, auch Garantien und Gewährleistungsfristen bleiben für die Kunden bestehen. Langfristig will Strauss mit einem neuem Ladenkonzept wieder schwarze Zahlen schreiben. Dabei sollen die Filialen eine klarere Aufteilung erhalten und moderner gestaltet werden "In Berlin, Leipzig und Bergisch-Gladbach haben wir das neue Konzept bereits erfolgreich umgesetzt", sagt Geschäftsführerin Paula Minowa.

Ob es wie bei der jüngsten Sanierungsrunde vor Jahren zu Ladenschließungen und Personalabbau kommen wird, ist bislang nicht abzusehen. "Wir wollen die Auswirkungen auf die Mitarbeiter so gering wie möglich halten", heißt es. Das Unternehmen hofft weiter darauf, einen neuen Investor zu finden, nachdem dies in den vergangenen Monaten nicht gelungen war. Aktuell gehört Strauss dem US-Investor Sun Capital, der die Gruppe vor rund zwei Jahren vom Finanzinvestor EQT und dem Minderheitsgesellschafter, der Familie Geringhoff, übernommen hatte.

(RP)
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