RP-Serie Ein Selbstversuch im Fitness-Studio (Teil vier) Warum ich im Sommer an Silvester denke

Eigentlich stecke ich ja mitten in einem Ausdauer-Programm. Für die, die nicht von Anfang an dabei sind: Inzwischen habe ich die dritte komplette Woche hinter mir, in der mein kleiner Computer bestimmt, was ich im Training zu tun und (vor allem) zu lassen habe. Unser gemeinsamer Plan ist es, dass ich bis zum Ende dieses Jahres wieder zehn Kilometer vernünftig am Stück laufen kann. Ich war am Anfang nicht wirklich davon überzeugt und habe mich deshalb auch geweigert, das Geld für die Ausrüstung zu investieren. Damit hatte ich die Rechnung aber ohne Kim Steinigans gemacht, meinen Trainer im Sportpark Landwehr/Hilden: Ich probiere es jetzt mit einem Leihgerät. Die vereinbarte Frist von einem Monat läuft am Samstag in einer Woche ab. Dann werden wir gemeinsam Bilanz ziehen und überlegen, wie es weitergeht.

 Ein Team: Sportpark-Trainer Kim Steinigans berät RP-Sportredakteur Michael Deutzmann beim computergesteuerten Ausdauer-Training.

Ein Team: Sportpark-Trainer Kim Steinigans berät RP-Sportredakteur Michael Deutzmann beim computergesteuerten Ausdauer-Training.

Foto: Ralph Matzerath

Mein Mini-Computer zeigt mir immer für die ganze Woche an, was er für sinnvoll hält. Das sind im Moment vier Lauf-Einheiten, die hübsche Bezeichnungen tragen – vom lockeren Joggen (locker ist relativ) bis zum langen Lauf von etwa einer Stunde. Dachte ich. Letztens habe ich mich ausnahmsweise in den Oktober verirrt. Au weia! Kurze Strecken von ungefähr 30 Minuten sind gar nicht mehr da. Dafür erkenne ich lange Läufe von 90 Minuten. Wie das gehen soll, kann ich mir im Moment nicht richtig vorstellen. Falls ich dann tatsächlich noch an Bord bin, müsste ich vorher beim Lauf durch Berghausen und Wolfhagen den einen oder anderen Bekannten bitten, mir vielleicht einen Becher Wasser bereitzustellen. Möglicherweise wäre zusätzlich eine Bank für eine kurze Ruhepause nicht schlecht.

Zurück zur Gegenwart: Neben vier Mal Laufen soll ich weitere vier Mal andere Tätigkeiten zur Verbesserung des körperlichen Wohlbefindens absolvieren. Das ergibt acht Einheiten – also mehr als eine pro Tag. Ich hatte folgende Idee: Das Kraffttraining machst du separat: Zwei Runden „E-Gym“ – ein Kraft-Ausdauer-Zirkel, den ich schon seit ein paar Monaten kenne. An den acht Stationen für Beine, Schultern, Rücken und Bauch kannst du dich vollständig verausgaben. Ganz nebenbei: Zum Aufwärmen dafür nehme ich diesmal das Fahrrad. Zehn Minuten in geboten ruhigem Tempo müssen aber genügen.

An dieser Stelle gebe ich es zu: Ich habe nichts weggelassen, aber ich habe gemogelt. Noch immer darf mir niemand bei den Einheiten Mobilität/dynamisch, Mobilität/statisch oder Core-Training zusehen. Dafür ziehe ich mich in den Keller zurück. Dort baue ich mein Notebook auf, sodass ich das Video ganz genau sehen kann. Eine meiner Lieblings-Übungen: „March and Reach.“ Es ist genau das, wonach es sich anhört. Du machst einen Schritt mit dem rechten Bein und berührst dann den linken ausgestreckten Arm. Und umgekehrt. Für eine Minute lang. Am Ende des gesamten Programms ernte ich sogar ein Lob: „Excellent.“ Ein anderes Mal höre ich: „It feels much better, doesn’t it?“ Darüber muss ich nachdenken. Jemand scheint mich veralbern zu wollen. Mein großer Fehler aber war, dass ich alle Körper-Übungen an einem Tag nachgeholt habe und bei der Mobilität sogar jeweils zwei Runden gedreht habe. Es war keine großartige Idee, weil ich hinterher total erledigt bin. Ab jetzt halte ich mich wieder an die „richtige“ Reihenfolge.

Was das Laufen angeht: Mein kleiner Computer und ich scheinen uns vorsichtig aneinander zu gewöhnen. Noch immer bremst er mich für meinen Geschmack zu oft aus, weil ich zu früh den vorgesehenen Herzfrequenz-Bereich verlasse und aus dem gar nicht so schnellen Laufen allenfalls ein halbwegs zügiges Gehen wird. Kim hat mir jetzt nach einem lockeren Joggen geraten, geduldig zu bleiben: „Die letzte Erholung hast du nicht ganz geschafft, aber sonst war es wieder eine gute Einheit. Bitte nicht den Kilometerschnitt ausrechnen – sonst denkst du, wir kommen nie zum Ziel.“ Ich gebe zu, dass Geduld keine meiner ausgeprägten Stärken ist. Aber mein Coach braucht sich keine Sorgen zu machen: Ich habe ihm versprochen, dass wir das gemeinsam durchziehen. Das ist jetzt wie ein Gesetz. Manches ist sowieso schon selbstverständlicher geworden. Kim ist zufrieden mit mir: „Das hört sich gut an.

Direkt an die einmonatige Testphase schließt sich übrigens mein Sommer-Urlaub an, auf den ich mich wirklich sehr freue. Wie das dann mit dem Laufen aussieht? Vielleicht macht das am Meer noch mehr Spaß. Ansonsten folgt alles sowieso dem ganz großen Plan, am Ende des Jahres wieder zehn Kilometer vernünftig am Stück laufen zu können. Mein Computerfreund hat sich längst festgelegt: Am 31. Dezember, zu Silvester also, bin ich so weit, vermutet er. In sieben Tagen werde ich endgültig entscheiden, ob wir auch den viel größeren Rest des Weges gemeinsam zurücklegen.

(mid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort