Motorsport Jörg Bergmeister: Schnell, erledigt, frustriert

Daytona · Langenfelder Motorsportler war bei den 24 Stunden von Daytona ein Siegkandidat – bis ein Motorschaden den Porsche ausbremste.

Langenfelder Motorsportler war bei den 24 Stunden von Daytona ein Siegkandidat — bis ein Motorschaden den Porsche ausbremste.

Der Traum von Jörg Bergmeister hielt den ganzen Nachmittag und über den Abend. Auch die besonders anstrengende Nachtarbeit war für den Langenfelder kein Problem. Im Gegenteil: Bergmeister steuerte den Porsche 911 RSR im Wechsel mit den Teamkollegen Patrick Long (Kalifornien) und Michael Christensen (Dänemark) beim legendären 24-Stunden-Rennen von Daytona (Florida) praktisch wie auf Schienen durch die Dunkelheit. Dank einer starken Vorstellung hatten die drei Werksfahrer für das Team "Porsche North America" sogar sehr realistische Chancen auf den Sieg in der heftig umkämpften Klasse GTLM — bis um kurz vor sieben Uhr am nächsten Morgen nach 489 Runden über jeweils 5,729 Kilometer nach fast 18 Stunden sämtliche Hoffnungen des Langenfelders auf den Klassensieg platzten.

Bergmeister und Patrick Long konnten draußen auf den Computer-Bildschirmen zusammen mit den Ingenieuren und Mechanikern an den Daten ablesen, dass sich richtiges Unheil anbahnte. Wenig später war es tatsächlich so weit. Teamkollege Michael Christensen, der sich am Steuer mit Bergmeister und Long abwechselte, musste den Dienstwagen abstellen — das Aus nach rund 2800 Kilometern. Die Diagnose: Motorschaden. Bergmeisters Kommentar war zuerst nicht druckreif und wenig später immer noch deutlich: "So ein Mist. Wir hätten wirklich gewinnen können."

Entspannung fand er weder bei den Physiotherapeuten, bei denen er sich kurz nach dem Aus an der Strecke behandeln lassen konnte, noch beim ausgiebigen Duschen. Vor dem Wohnmobil, das Porsche North America den Werksfahrern zum Ausruhen gemietet hatte, kam dann wieder die ganze Enttäuschung durch: "Ich bin so unglaublich müde." Natürlich wusste Bergmeister, dass draußen der zweite vom Werk eingesetzte Porsche mit der Startnummer 911 weiter ein Top-Kandidat für den Triumph war. Und natürlich drückte er den Werksfahrer-Kollegen Richard Lietz (Österreich), Nick Tandy (England) und Patrick Pilet (Frankreich) die Daumen. "Aber ganz klar ist, dass ich lieber selber noch im Rennen wäre", gab der Motorsport-Profi zu. Dass er später in der Porsche-Box an der Strecke zu den ersten Gratulanten des siegreichen Trios gehörte, war für ihn selbstverständlich.

Bergmeister, Long und Christensen verpassten den Triumph, weil ihnen technisches Pech einen Strich durch die Rechnung machte. Daneben gab es als Hindernisse vor allen Dingen drei Strafen für Fehler bei Boxenstopps. Beispiel: Nach Ansicht der Rennkommissare soll ein Mechaniker zu viel am Auto gearbeitet haben (fünf statt der erlaubten vier). Ohne diese Entscheidungen hätte die phasenweise in Führung liegende deutsch-englisch-dänische Kombination noch größere Chancen auf den Platz ganz vorne gehabt. "Wir Fahrer haben uns wirklich nichts vorzuwerfen", fand Bergmeister, "alle haben einen sehr guten Job gemacht. Unser Auto hatte praktisch keine Schramme." Der Haken: Kaufen konnten sich die drei dafür nichts.

Wie es sich anfühlt, von den Fans in Daytona in der "Victory Lane" umjubelt zu werden, weiß der 37-Jährige trotzdem genau. In den Jahren 2002 und 2009 durfte er schließlich "einfache" Siege in der Klasse GT feiern. Aus 2003 stammt ein einmaliges Erlebnis, das so nicht mehr vorkommen wird: Bergmeister lag seinerzeit in einem Porsche 911 GT 3 RS als Gesamtsieger sogar vor den schnelleren Prototypen — was inzwischen ausgeschlossen ist. Der Erfolg stammte aus den Anfangsjahren der Laufbahn als Werksfahrer, in der als weitere Höhepunkte fünf Fahrer-Meisterschaften in der American Le Mans Series zu finden sind. Jörg Bergmeister ist damit der erfolgreichste deutsche Motorsportler in den USA.

Die weitere berufliche Zukunft des Langenfelders, der 2013 für Porsche in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) unterwegs war, liegt derzeit zumindest ein bisschen im Dunkeln. In der Tudor United SportsCar Championship (USCC) wird sie kaum liegen. So war Bergmeister für die langen 24 Stunden von Daytona nur als Unterstützung für Long und Christensen dabei. Auch in das neue LMP-1-Programm, mit dem Porsche vor allem den Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Le Mans anpeilt, passte Bergmeister von vornherein nicht — weil er mit seinen 1,94 Metern einfach zu lang für solche Autos ist.

Nach den mathematischen Gesetzen der Wahrscheinlichkeits-Rechnung bleibt eigentlich bloß ein weiteres Jahr in der WEC. Die Entscheidung wird wohl rechtzeitig vor dem Saisonstart am 20. Mai in Silverstone (England) fallen. "Ich weiß offiziell noch nichts", sagt Bergmeister. Wer so viel Ehrgeiz eingebaut hat, schläft sich aber einfach richtig aus und ist dann bereit für den nächsten Traum.

(RP)
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