Analyse Giants begegnen der Krise mit Geduld

Leverkusen · Die Bayer Giants Leverkusen haben in der 2. Basketball-Bundesliga ProA die Abstiegsränge verlassen. Das ist auch ein Verdienst der Verantwortlichen, die in der Krise die Ruhe behalten haben und beharrlich weiterarbeiteten.

 Drew Brandon (am Ball) ist bei den Giants derzeit der zweiterfolgreichste Punktelieferant.

Drew Brandon (am Ball) ist bei den Giants derzeit der zweiterfolgreichste Punktelieferant.

Foto: uwe miserius

Als Drew Brandon seinem Gegenspieler den Ball aus den Händen spitzelt und frei durch ist in Richtung Korb, fackelt er nicht lange. Brandon springt ab und dunkt den Ball mit einer Hand mit Wucht durch den Ring. Die Zuschauer in der Halle stehen. Die Giants haben sich mit 88:76 gegen die White Wings Hanau durchgesetzt und damit die Abstiegsränge der Zweiten Liga verlassen. "Wir hatten uns vorgenommen, anders aufzutreten, das ist uns gelungen. Die Mannschaft hat super zusammengespielt", sagte Trainer Achim Kuczmann.

Das Bemerkenswerte daran: Einen so couragierten Auftritt wie diesen hatten viele den Giants gar nicht mehr zugetraut. Viermal in Folge waren die Leverkusener zuletzt sieglos geblieben. Viel schlimmer aber als die bloßen Resultate war die Art und Weise der Niederlagen. Auswärts bei den ETB Baskets Essen spielten die Leverkusener phasenweise Standbasketball. Und das Ergebnis der Partie gegen den bis dahin sieglosen Tabellenletzten Rhöndorf (64:91) spricht Bände über die Leistung der Mannschaft in diesem Spiel. "Das waren frustrierende Niederlagen in den vergangenen Wochen", sagte Kuczmann gewohnt sachlich. Die Fans aber wählten drastischere Worte. Von "nicht einmal mehr ProB-tauglich" bis "Arbeitsverweigerung" reichten die Arbeitszeugnisse der Anhänger.

Besonders die Amerikaner standen in der Kritik. Topscorer Timmy Knipp spiele nur an Feiertagen Defense, hieß es. Drew Brandon sei kein echter Aufbauspieler und habe keinen Wurf. Ricky Kreklow liefe phasenweise vogelwild über das Spielfeld. "Wie ein Huhn ohne Kopf", hatte ein Fan auf der Tribüne geschimpft. Wolle man in der Liga noch eine Chance haben, müsse man die Amerikaner tauschen. Die Trainer hielten entgegen aller Widerstände an ihrem Personal fest. "Es hilft uns ja auch nicht weiter, aufzuzählen, was gerade alles gegen uns läuft. Wir können uns nur selbst aus unserer Lage befreien, indem wir weitermachen und Spiele gewinnen", hatte Kuczmann nach der Niederlage in Rhöndorf festgestellt.

Die Trainer suchten die Antwort auf die Misere auf dem Feld. Schon in Rhöndorf hatte Kuczmann reagiert und Götz Twiehoff für Dennis Heinzmann in die Mannschaft gebracht. Topscorer Knipp (12,7 Punkte pro Spiel) musste auf die Bank. Für ihn war der nachverpflichtete Powerforward James Hulbin in die Mannschaft gerückt. Die gleiche Startaufstellung schickte der 61-Jährige auch gegen Hanau ins Rennen. Die Umstellung tat der Mannschaft sichtlich gut; denn es kam Spielfluss auf. Die Bewegung im Spiel kommt vor allem Drew Brandon zugute. Der Aufbauspieler zeigte gegen die Hessen, dass er das Spiel solide führen kann. "Drew war herausragend. Für so eine Leistung braucht er aber seine Mitspieler", sagte Kuczmann. Der Amerikaner traf offensiv viele gute Entscheidungen, ging mit der nötigen Galligkeit zu Werke und kam so auf Topwerte von 24 Punkten, neun Korbvorlagen und acht Rebounds.

Seine Stärken kann der 23-Jährige vor allem im Pick & Roll ausspielen. Kommt sein Gegenspieler nicht richtig über den Block, ist Brandon mit ein, zwei schnellen Dribblings durch in Richtung Korb. Gerade im Zusammenspiel mit dem erfahrenen Center Twiehoff funktionierte das gut. Dennis Heinzmann sorgte von der Bank für Entlastung. Diese Rollenverteilung steht den Giants gut zu Gesicht. Heinzmann, der vor der vergangenen Saison noch in der Landesliga spielte, hat große Schritte nach vorn gemacht, dem 2,16 Meter Mann fehlt aber gerade in der Offensive noch hier und da der Schliff. Von der Bank aus kann er seine Stärken besser einbringen. Gegen Hanau legte Heinzmann zehn Punkte, neun Rebounds und fünf Blicks auf - tolle Werte für den 24-Jährigen.

Die Verantwortlichen der Giants sind der sportlichen Krise mit Geduld und Besonnenheit begegnet, anstatt überhastet Personal zu wechseln. Die Geduld zahlt sich jetzt aus. An den kommenden beiden Spieltagen geht es für die Giants aber zum Tabellenzweiten nach Vechta und anschließend nach Jena zum Ersten. Auch wenn es mit dem nächsten Sieg noch etwas dauern könnte: Bei den Giants sollte auch nun niemand die Geduld verlieren.

(RP)
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