Langenfeld/Monheim Soli-Streit: Es geht um 281 Millionen Euro

Langenfeld/Monheim · Monheim und Langenfeld schauen heute gespannt nach Münster, wo das Verfassungsgericht NRW sein Urteil fällt.

Seit fünf Jahren liegen sich das Land Nordrhein-Westfalen und dutzende, überwiegend steuerstarke Kommunen in den Haaren. Es gab eine Unterschriftenaktion gegen das Gesetz, Bürgermeister, Kämmerer und ein bunter Haufen von Bürgern protestierte vor dem Düsseldorfer Landtag, Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) watschte bei "Günther Jauch" das in ihren Augen unsolidarische Monheim ab. Heute wird dieser Streit möglicherweise zu Ende gehen. Der Landesverfassungsgerichtshof in Münster verkündet ab 10.30 Uhr seine Entscheidung im Verfahren um den "Kommunal-Soli". Äußerlich unspektakulär, geht es um viel Geld - allein für Monheim um 253,7 Millionen Euro und für Langenfeld um 27,5 Millionen Euro.

Mit diesen Summen werden - sollten die 72 klagenden Kommunen in Münster scheitern - Monheim und Langenfeld nach bisherigen Berechnungen bis 2022 zum "Stärkungspakt Stadtfinanzen" beitragen müssen. Seit 2014 werden die steuerstarken Kommunen zur Kasse gebeten, um überschuldeten Städten und Gemeinden - im Ruhrgebiet, aber etwa auch Leverkusen - aus der Patsche zu helfen. Wegen seiner exorbitant gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen muss Monheim landesweit mit Abstand am meisten berappen. Allein in den ersten drei Jahren waren es jeweils zwischen 22,5 und 27,3 Millionen Euro.

"Sollte das Land verlieren, ist die Entscheidung letztinstanzlich. Sollten die Kommunen verlieren, bleibt der Weg nach Karlsruhe offen. Davon würden wir in jedem Fall Gebrauch machen", sagt Monheims Bürgermeister Daniel Zimmermann (Peto). Die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts dürfte selbst dann wahrscheinlich sein, wenn Münster ein "differenziertes" Urteil spricht. Langenfelds Kämmerer Detlev Müller hält dies nicht für ausgeschlossen: "Die bereits gezahlten Beiträge könnte das Gericht akzeptieren, künftigen Zahlungen aber einen Riegel vorschieben."

Insgesamt beläuft sich der Streitwert auf 776 Millionen Euro. Diese Summe - so argumentieren die 72 klagenden Kommunen - würde ihnen unter Verstoß gegen die verfassungsrechtlich gewährleistete kommunale Finanzhoheit entzogen. Das Land schöpfe die Mehreinnahmen von steuerstarken Kommunen unzulässig stark, nämlich weit über den regulären Finanzausgleich hinaus, ab. Die nachteiligen Folgen erläuterte Zimmermann bereits vor drei Jahren in einer Anhörung im Landtag. So werde die Freiheit der Kommunen, die Höhe der Gewerbesteuer selbst zu bestimmen, drastisch beschnitten, was den Wettbewerbsnachteil der NRW-Kommunen gegenüber Gemeinden in anderen Bundesländern weiter verschärfe.

Das Land hält dem seine eigenen Leistungen für die bedürftigen Kommunen entgegen. Bis 2020 stellt es nach eigenen Angaben 3,65 Milliarden Euro zur Verfügung. "Das sind bereits zwei Drittel der Stärkungspakt-Leistungen", erklärte Innenminister Ralf Jäger (SPD) nach der mündlichen Verhandlung in Münster Ende Juli. "Ohne den transparenten und moderaten Beitrag der reicheren Kommunen kann die dringend notwendige Entschuldung der finanzschwachen Kommunen nicht gelingen", sagte der Minister. Nur wenn "alle an einem Strang ziehen", hätten die überschuldeten Städte und Gemeinden die Chance, zu einer "selbstbestimmten Haushaltspolitik zurückzukehren". Der Kommunal-Soli sei ein "zulässiges, folgerichtiges und verfassungsrechtlich unbedenkliches Element des kommunalen Finanzausgleichs", ist Jäger überzeugt.

Während der Bund der Steuerzahler sowie die Industrie- und Handelskammern an der Seite der klagenden Kommunen stehen, hat der Monheimer Landtagsabgeordnete Jens Geyer den Kommunal-Soli wiederholt verteidigt. Der SPD-Politiker weist besonders gern auf die "annähernde Halbierung" der Abgabe gegenüber den ursprünglichen Plänen der Landesregierung hin.

Sollte die Klage scheitern, hält Langenfelds Kämmerer Müller Einschnitte bei den städtischen Ausgaben für wahrscheinlich. Bei einem aus seiner Sicht positiven Urteilsspruch könne die Stadt einen ausgeglichenen Haushalt "aus eigener Kraft" schaffen. Monheims Bürgermeister sieht für diesen Fall die Chance, trotz millionenschwerer Investitionen in Schulen, Wohnungen, Brandschutz und eine Festhalle "endlich" die geplante Rücklage aufzubauen. "Im übrigen wollen wir die Steuerquote für die ortsansässigen Unternehmen unter die international wichtige Marke von 25 Prozent drücken", sagt Zimmermann. Bei einer Niederlage sieht er weiteren Finanzhunger des Landes auf steuerstarke Kommunen zukommen. "Das Land würde sich in seinem unfairen Vorgehen bestätigt fühlen", befürchtet Zimmermann. Der Kommunal-Soli könnte dann über 2022 hinaus "zur Dauereinrichtung" werden.

(gut)
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