Langenfeld/Monheim Sitzordnung: Kritik an Schulministerin

Langenfeld/Monheim · Den Vorstoß von Sylvia Löhrmann zu einer gelegentlichen Abkehr vom koedukativen Unterricht können viele Schulleiter in Langenfeld und Monheim nicht nachvollziehen. Die Vorteile des voneinander Lernens überwögen.

 Mädchen und Jungen lernen in der Sekundarschule in Monheim gemeinsam: Imad, Berin-Su und Lehrerin Petra Pesch (von links).

Mädchen und Jungen lernen in der Sekundarschule in Monheim gemeinsam: Imad, Berin-Su und Lehrerin Petra Pesch (von links).

Foto: RALPH MATZERATH

Schulministerin Sylvia Löhrmann hat sich in einem RP-Interview für eine gelegentliche Trennung von Jungen und Mädchen im Unterricht ausgesprochen. Sie regte dies vor dem Hintergrund der jüngsten Pisa-Studie an, wonach die Jungen in Mathematik im Durchschnitt den Mädchen ein halbes Schuljahr voraus sind.

In Langenfeld oder Monheim zieht jedoch kein Schulleiter den Nutzen des gemeinsamen Lernens in Zweifel. "Schließlich leben beide Geschlechter auch außerhalb der Schule in einer Welt zusammen. Insgesamt schafft es ein besseres Klima", findet Dr. Hagen Bastian, Leiter des Otto-Hahn-Gymnasiums, der selber eine Jungenschule besucht hat. "So etwas ist weltfremd und beeinträchtigt die persönliche Entwicklung." So habe sich auch die zeitweise geschlechterspezifische Trennung des Sportunterrichts in der Mittelstufe nicht bewährt.

Auch an der Kopernikus-Realschule gab es im Sport immer wieder Ansätze zu einer Trennung, letztlich setzte sich aber die Überzeugung durch, dass der wechselseitige Nutzen überwiege. "Beim Raufen und Ringen sieht man sehr gut, dass Mädchen ihren Körper geschickt einsetzen, während die Jungen mehr auf Kraft spielen", berichtet Frank Theis, Leiter der Kopernikus-Realschule. Dennoch hält er eine punktuelle Trennung etwa in den Naturwissenschaften durchaus für sinnvoll. So habe er beobachtet, dass sich die Mädchen in Informatik mehr auf das Programmieren des Roboters nach Anleitung konzentrierten, während sich die Jungen mehr der Konstruktion der Maschine widmeten. "Je nach Fach, ob mehr Strukturiertheit oder Kreativität gefragt ist, können aber Jungen und Mädchen viel voneinander lernen."

An der noch jungen Sekundarschule in Hilden werden die Fächer Technik und Hauswirtschaft grundsätzlich getrennt unterrichtet. "Wenn die Jungen in Technik dabei sind, fühlen sich die Mädchen stark unter Druck gesetzt und geben von vornherein auf", sagt der stellvertretende Schulleiter Christoph Emde.

Der Sitzordnung messen die Lehrer prinzipiell große Bedeutung für den Lernerfolg bei. Deshalb versuche man an der Peter-Ustinov-Gesamtschule die Sitzordnung "sowohl an persönlichen Sympathien als auch der sozialen Verträglichkeit" auszurichten, sagt der stellvertretende Schulleiter Ralf Grießmann.

Er hält aber nichts davon, die Sitzordnung als regulatives Mittel einzusetzen, um Disziplin herzustellen. Deshalb lehnt er es auch ab, Mädchen als Puffer oder "soziales Schmiermittel" zu benutzen, um männliche Ruhestörer zu befrieden. Gerade in den unteren Jahrgängen blieben Jungen und Mädchen gerne unter sich. "Je älter sie werden, desto mehr nimmt diese Organisation ab", sagt Grießmann.

An Schulen, die das Lehrer-Raum-Prinzip pflegen, werden die Lerngruppen ohnehin je nach Fach individuell zusammengestellt. "Wir haben dadurch ohnehin eine viel größere Mischung, die die Kollegen dann noch pädagogisch anreichern", sagt Frank Theis. Die Sitzordnung nur nach pädagogischen Gesichtspunkten auszurichten, hält er für problematisch. "Die Schüler sind ja keine Lernmaschinen, etwas Interaktion muss man wohl auch den kommunikativen Mädchen zugestehen."

Um Disziplin herzustellen, benutzt auch das Lehrerteam der Sekundarschule lieber ein Ampelsystem, bei dem Regelbrüche erst verwarnt und dann mit Sanktionen belegt werden. Dadurch konnte die Zahl der Verstöße von 140 auf 30 im Monat gesenkt werden, berichtet Schulleiterin Petra Pesch.

Zumindest in Langenfeld und Monheim können die Schulleiter auch das laut Studie so eklatant schlechte Abschneiden der Mädchen in Mathe nicht nachvollziehen. Er habe lange die Leistungsabschlüsse der Klasse 10 statistisch ausgewertet, sagt Grießmann. "Solch extreme Unterschiede konnte ich nicht feststellen." Daher habe ihn das Ergebnis der Pisa-Studie sehr überrascht. Er könne nur am Wahlverhalten festgestellen, das Informatik Jungen mit ihrer Experimentierbereitschaft offenbar mehr anspreche.

"Die Mädchen können etwaige Schwächen in Mathematik oft mit ihrem Fleiß wettmachen", meint auch Theis.

(RP)
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