Langenfeld Sie haben in Langenfeld eine Heimat gefunden

Langenfeld · Bis zum 30. Mai sind in der Stadtbücherei Teilnehmer von Integrationskursen zu sehen - in einer Ausstellung.

 In einer Ausstellung in der Stadtbücherei erzählen Octavia Marte (vorne) und andere Teilnehmer von Integrationskursen ihre Geschichte.

In einer Ausstellung in der Stadtbücherei erzählen Octavia Marte (vorne) und andere Teilnehmer von Integrationskursen ihre Geschichte.

Foto: Matzerath

In der Stadtbücherei läuft im Moment eine Ausstellung der "etwas anderen Art", wie Bürgermeister Frank Schneider es beschreibt. Gemeint sind damit die Fotos von Zuwanderern aus allen Winkeln der Welt - inklusive einer kurzen Angabe zu ihrer Heimat, ihrer Motivation und ihrem Gefühl in der Fremde. Entstanden ist die Idee in einem Integrationskursus der VHS. Die Teilnehmer wollten ein gemeinsames Projekt starten. Herausgekommen ist dabei eine Ausstellung, die dem abstrakten Thema Integration ein Gesicht verleiht. "Hier wird das Miteinander lebendig", findet Schneider.

Zu sehen sind insgesamt 17 Porträts von Zuwanderern, die in einem Text ihre Geschichte erzählen. Iraner, Griechen, Spanier und Kongolesen sind ebenso dazwischen, wie Polen, Chilenen oder Dominikaner. In dem Kursus lernen Ausländer nicht nur in 600 Stunden Deutsch, sondern in 60 Einheiten auch Geschichte und Kultur der Bundesrepublik kennen. "Es ist eine ziemlich bunt gemischte Gruppe", meint Irene van Dassen. Sie unterrichtet die Zuwanderer. "Die deutsche Sprache zu beherrschen ist natürlich der Schlüssel für jegliche Integration." Letztere sei keine Einbahnstraße, betont die Sprachlehrerin: "Alle Beteiligten müssen dabei aufeinander zugehen."

Die Ausstellung soll einen Teil dazu beitragen. Die durchaus persönlichen Geschichten erweitern den Blick für die Probleme in dem jeweiligen Heimatland. Abdeslam Afkir El Majrissi, der die Porträtfotos seiner Mitstreiter gemacht hat, hatte kaum eine andere Wahl als auszuwandern. Der gebürtige Marokkaner hat sein ganzes Leben in Spanien verbracht, erzählt er. Als Kind ging der heute 33-Jährige dort zur Schule, absolvierte dann eine Ausbildung zum Elektriker und stand schnell auf eigenen Beinen.

Doch dann kam mit der Weltfinanzkrise 2008 der Bruch in der Biografie. Auch in Spanien platzte die Immobilienblase. Hundertausende verloren ihren Job. Bis heute steckt das südeuropäische Land in einer Rezession. Die Arbeitslosigkeit liegt bei rund 27 Prozent. Statt Familienplanung stand plötzlich Existenzangst im Vordergrund. Der Spanier schlug sich zunächst als freier Fotograf durch. Dann kam der Entschluss, seine Heimat zu verlassen.

"Ich bin nach Deutschland gekommen, weil ich in Spanien keine Zukunftsperspektive hatte", sagt El Majrissi, der seit sechs Monaten in Langefeld lebt und im Moment als Reinigungskraft arbeitet. "Irgendwie muss ich Geld verdienen", sagt er schulterzuckend. Sobald die IHK seine Ausbildung anerkennt, will er aber wieder als Elektriker arbeiten.

Ebenfalls in der Ausstellung abgebildet ist der Chilene Paolo Munoz, der die Idee zu der Ausstellung hatte. Er selbst, sagt der 39-Jährige, sehe sich als "Weltbürger". Das Denken in Nationalgrenzen ist ihm zuwider. "Die Stadt und die Menschen helfen uns sehr, damit wir gut in Deutschland ankommen", betont Munoz. "Mit der Ausstellung wollen wir auch etwas zurückgeben.

Insgesamt sind in diesem Semester 466 Teilnehmer in 29 Kursen an der VHS angemeldet. Sie dauern in etwa ein Jahr und enden mit einer Prüfung auf dem Sprachniveau A2 oder B1. In der Regel haben die Teilnehmer 16 Unterrichtsstunden pro Woche. "Das ist ein straffes Programm", meint van Dassen, "aber inzwischen sprechen alle ganz gut Deutsch."

(arod)
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