Monheim Seligsprechung angestrebt

Düsseldorf · Pfarrer Franz Boehm predigte in St. Gereon gegen das NS-Regime. Die Nationalsozialisten verschleppten ihn ins KZ Dachau, wo er im Februar 1945 starb. Nun sammeln Monheimer Katholiken Unterschriften für seine Seligsprechung.

Der 6. Juni 1944 ist als "D-Day" in die Geschichte eingegangen. An diesem Tag begannen die westlichen Alliierten, unter großen Verlusten in der Normandie zu landen, um gegen Hitler-Deutschland eine zweite Front zu errichten. In Monheim, etwa 650 Kilometer östlich dieser Front, wurde an jenem Dienstag Franz Boehm verhaftet, seit 1938 Gemeindepfarrer an St. Gereon.

Für seinen entschiedenen Widerspruch gegen das Nazi-Regime sollte der Geistliche mit dem Leben bezahlen: Am 13. Februar 1945 — britische und amerikanische Truppen hatten den Rhein fast erreicht — starb Boehm 64-jährig im KZ Dachau. Nun machen sich Monheimer Katholiken für seine Seligsprechung stark.

Zeitzeugen erzählten

Zu seinem Geburtstag, der sich am Sonntag zum 130. Mal jährte, erinnerten die Christen an den Pfarrer und legten eine Unterschriftenliste für das Beatifikationsverfahren aus (siehe Info). Außerdem erzählte ein Zeitzeuge in dem nach Boehm benannten Gemeindehaus an der Sperberstraße von dem gebürtigen Westpreußen, der sechs Jahre in Monheim wirkte.

Professor Karl Bormann ging es vor rund 70 Zuhörern nach eigenen Worten "weniger um den Glaubenszeugen und Märtyrer Franz Boehm als um den Menschen Boehm mit allen Ecken und Kanten".

Bormann war Boehm als Messdiener an St. Gereon begegnet. Der Philosophiehistoriker schilderte den Geistlichen in seinem Vortrag als hilfsbereit, tief gläubig, pflichtbewusst, streng und kompromisslos. Klare Kante zeigte Boehm auch gegenüber den gottlosen Nationalsozialisten und ihrer menschenverachtenden Politik.

Davon ließ er sich auch durch Warnungen nicht abringen, dass mal wieder ein Angehöriger der Gestapo mit dem Notizblock in der Kirche sitze, um seine Predigten zu protokollieren. "Ich will nicht zu den schlafenden Hunden gehören", habe seine dem Propheten Jesaja entliehene Antwort gelautet.

Bormann und andere Zeitzeugen berichteten auch, dass der Pfarrer es in Monheim nicht immer leicht gehabt habe. Anders als sein plötzlich verstorbener jovialer Vorgänger sei der Neue eher spröde und gewöhnungsbedürftig gewesen. Seine Antrittspredigt dauerte fast zwei Stunden, und häufig habe man, so Bormann, "den Eindruck gehabt, der germanische Donnergott sei zurückgekommen und sende Blitz und Donner vom Predigtstuhl".

Auch das Einüben neuer Kirchenlieder nach dem Gottesdienst freute nicht alle, führte aber zu einem deutlich erweiterten Musikfundus. Bekannt ist auch, dass Pfarrer Boehm Messen unerlaubt in polnischer Sprache hielt — die hatte ihm seine Mutter beigebracht.

Als der couragierte Geistliche in der Sakristei von St. Gereon verhaftet wurde, habe kein Monheimer demjenigen, der ihn denunziert hatte, die Scheiben eingeworfen, bedauert Bormann. Anders als in Münster, wo der Bischof von der Kanzel gegen die NS-Diktatur wetterte, sei in Köln auch nichts von der Amtskirche zu hören gewesen.

Zum Abschluss des Boehm-Abends enthüllte Pfarrer Burkhard Hoffmann ein von Anja Quaschinski geschaffenes Glasbild, das ein Foto des widerständigen Pfarrers und seine Handschrift zeigt.

(RP)
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