Monheim/Langenfeld Schüler mahnen bei Wahl: Nachdenken !

Monheim/Langenfeld · Die bildende Künstlerin Iris Hoppe hat für den Wahlsonntag die Aktion "#pssst" entwickelt.

 Vorbild Gänseliesel: Monheimer Schüler haben gestern gegen hasserfüllte Schnellschuss-Kommentare im Internet mobil gemacht - mit an die Lippen gelegtem "Pssst"-Finger und Aufkleber-Sprüchen wie "Verstehe, verachte nicht".

Vorbild Gänseliesel: Monheimer Schüler haben gestern gegen hasserfüllte Schnellschuss-Kommentare im Internet mobil gemacht - mit an die Lippen gelegtem "Pssst"-Finger und Aufkleber-Sprüchen wie "Verstehe, verachte nicht".

Foto: Ralph Matzerath

Sie sitzen schweigend auf den Bänken vor dem Monheimer Rathaus, stehen mit erhobenem Zeigefinger vor den Lippen auf den Verkehrsinseln in der City oder beobachten als stumme Gruppe die Spaziergänger. Alle 25 Darsteller tragen hautfarbene Sweathirts mit dem Aufdruck "#pssst". Die bildende Künstlerin Iris Hoppe (47) aus Leichlingen hat ihre gleichnamige Aktion in Zusammenarbeit mit der Monheimer Kunstschule speziell für den gestrigen Wahlsonntag entwickelt.

Sie lässt sich mit Hilfe der zahlreichen Schülerinnen und einigen Schülern des Otto-Hahn-Gymnasiums und der Gesamtschule sowie wenigen externen Teilnehmern auf ein interessantes Spiel mit dem Monheimer Wahrzeichen - der Gänseliesel - ein. Die Geste der Gänseliesel habe sie inspiriert, sagt Hoppe: "Geschwätz schadet". Gerade in den sozialen Netzwerken meldeten sich Nutzer oft laut, aggressiv und unverhältnismäßig zu Wort. Die Aktion rufe deshalb zum Nachdenken und Innehalten auf.

Während ihre Tochter Smilla (12) alles mit dem Smartphone filmt und auf Instagram postet, fahren Autofahrer langsam an den Schülern vorbei, kurbeln die Scheiben runter und halten ebenfalls den Zeigefinger vor die Lippen. Einige machen Fotos. Viele Passanten schauen zwar interessiert, doch kaum einer spricht die stummen Darsteller an. "Ich traue mich nicht, zu fragen", sagt Jan Krynicki (38). Und Dirk Dietrich (49) gibt zu, er haber keine Vorstellung davon, worauf sich die Aktion beziehe. Petra Buchholtz (73) erkennt, dass nur die Gänseliesel Pate gestanden haben könne. Leo (4) hat sich vier unterschiedliche Aufkleber, die die Schüler mit Schriftzügen wie "Verstehe, verachte nicht" oder "Sei emanzipiert, nicht unfrei" verteilen, auf sein T-Shirt geklebt. Seine große Schwester macht bei Hoppes performativem Manifest, wie die Künstlerin ihre Straßenkunst bezeichnet, mit und eifert ihr mit erhobenem Zeigefinger voller Elan nach. "Eine sehr gute Aktion", lobt Mutter Claudia Schmitzkamps (48). Die beiden Gesamtschülerinnen Sina (16) und Anna (15) sitzen schon einige Zeit mit erhobenem Zeigefinger an der Krischerstraße und erleben, dass die Leute sie "lange angucken". Beide Mädchen finden es wichtig, auch als junger Mensch eine Meinung zu haben und diese zu vertreten. "Ich sehe in vielen Gesichtern Fragezeichen", beschreibt Sina. "Die Leute reden im Vorbeigehen laut über uns, sprechen uns aber nicht an." Künstlerin Iris Hoppe erläutert, dass sich über das gemeinsame Schweigen und den erhobenen Zeigefinger ein "Vakuum" um die Darsteller lege, das sie von den übrigen Spaziergängern trenne. Gegen 16 Uhr macht sich die Gruppe mit Gänsegeschnatter und lauten Pssst-Rufen zum Schelmenturm auf.

Dort wird zum Abschluss der Aktion ein Manifest aus einem Fenster entrollt, das zu verantwortlichem Handeln aufruft. Nicht nur an Wahlsonntagen.

(pc)
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