Monheim Salafisten vorm Rathaus

Monheim · Anhänger der ultrakonservativen Strömung des Islam haben in Monheim Gratis-Exemplare des Koran verteilt. Im Gespräch gaben sie sich freundlich: "Die Aktion ist eine Einladung, um unter die Oberfläche zu schauen".

 Koranverteilung vor einigen Wochen in Dormagen. Jetzt traten die Salafisten auf der gegenüberliegenden Rheinseite in Aktion.

Koranverteilung vor einigen Wochen in Dormagen. Jetzt traten die Salafisten auf der gegenüberliegenden Rheinseite in Aktion.

Foto: Büntig

Mit der Verteilung von Gratis-Koran-Ausgaben machen Salafisten derzeit deutschlandweit auf sich aufmerksam. Die Organisatoren der umstrittenen Initiative mit dem Namen "Lies! — Im Namen deines Herren" haben ein ehrgeiziges Ziel: Sie wollen 25 Millionen Exemplare im deutschsprachigen Raum verbreiten. Am Samstag erreichte die Aktion Monheim. Vor dem Rathaus verteilten Anhänger der ultrakonservativen Strömung innerhalb des Islam den Koran.

"Religion ist vor allem Harmonie"

Mit gezielter Propaganda oder gar Missionierung habe das alles aber nichts zu tun, erklärte Irfan Terzi, einer der Aktivisten, gegenüber der RP. Er distanzierte sich von radikalen Predigern wie dem Konvertiten Pierre Vogel, der als einer der bekanntesten Köpfe der Salafisten gilt. "Zu aggressiv" sei ihm die Herangehensweise des 33-Jährigen Ex-Boxers. "Religion ist aus meiner Sicht vor allem Harmonie", meinte der 39-Jährige Düsseldorfer. "Es gibt keinen Grund, vor dem Islam Angst zu haben. Wir sind hier, damit sich jeder sein eigenes Bild machen kann."

Terzi spricht ruhig, freundlich und argumentiert besonnen. Er wirkt nicht fanatisch, zeigt sich als angenehmer Gesprächspartner. Es gehe bei der Aktion vor allem darum, "im Dialog Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Christentum und Islam zu entdecken", behauptet er. Dass es bei den Salafisten auch Personen gibt, die ihren Glauben aggressiver interpretieren, streitet der gebürtige Türke nicht ab. Für ihn ist das nichts Besonders: "Jede Religion hat radikale Strömungen, das gilt auch für das Christentum."

Die Salafisten gelten indes nicht erst, seit sie gratis Korane verteilen, als Feinde der freiheitlichen Demokratie. Der Verfassungsschutz beobachtet die Aktivitäten der fundamentalistischen Splittergruppe seit einigen Jahren. Darauf angesprochen, reagiert Terzi gelassen: "Wir zwingen niemanden, den Koran mitzunehmen. Die Aktion ist eher eine Einladung, um unter die Oberfläche zu schauen." Die Berichterstattung in den Medien sei "übertrieben".

Die deutschlandweiten Koran-Verteilungen gehen auf die Initiative von Ibrahim Abou-Nagie zurück, der als einer der führenden Vertreter der Salafisten in Deutschland gilt. Der gebürtige Palästinenser lebt in Köln, wo er 2011 von der Staatsanwaltschaft wegen Volksverhetzung und öffentlicher Anstiftung zu Straftaten angeklagt wurde. Doch das Verfahren gegen den so genannten "Hass-Prediger" wurde im März 2012 eingestellt. Sein Netzwerk "Die wahre Religion" steht neben anderen Gruppierungen aus der Szene im Fokus des Verfassungsschutzes. Im Juni wurden durch das Innenministerium Ermittlungen eingeleitet — verbunden mit Razzien. Auch am Stand in Monheim schimmerte bedenkliches Gedankengut durch — etwa als eine junge Frau mit Kopftuch erklärte, dass sie gerne in einem Land leben würde, in dem das islamische Recht der Scharia oberstes Gesetz ist: "Schließlich macht Gott die besten Gesetze und nicht seine Geschöpfe."

Für ihre Koran-Ausgaben fanden die Salafisten vorm Rathaus mehrere dutzend Abnehmer.

(dora)
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