Stadtteil-Porträt (folge 1) Rp Und Stadtwerke Unterwegs In... Richrath: Ortsmitte hat lange Geschichte

Langenfeld · richrath Könnte er sprechen, dann hätte der Kirchturm von St. Martin viel zu erzählen. Der im 12. Jahrhundert aus Bruchsandsteinen und Tuffquadern errichtete Turm ist das älteste erhaltene Bauwerk Langenfelds und der unverrückbare Mittelpunkt des Richrather Ortszentrums. Auf dem Weg zum Bäcker, Metzger oder Edeka-Supermarkt hat ihn an der Kaiserstraße jeder im Blick, beim alljährlichen Weihnachtsmarkt entfaltet das Wahrzeichen seine ganze Strahlkraft. Auch Annelies Rejek (78) genießt den altvertrauten Anblick stets aufs Neue. Die pensionierte Lehrerin und stadtgeschichtliche Forscherin hat früher Generationen von Schülern die Stadtgeschichte durch heimatkundliche Rundgänge näher gebracht und sie zu dem romanischen Turm geführt. Und auch bei ihren historischen Streifzügen für das Stadtmuseum und die Volkshochschule macht sie mit den Teilnehmern dort immer wieder Station. "Hier ist Langenfelds Siedlungsursprung."

 Rund um den aus dem 12. Jahrhundert stammenden Kirchturm von St. Martin gibt es an der Kaiser- und Wolfhagener Straße vielfältige Einkaufsmöglichkeiten. Als Pluspunkt für die örtlichen Läden wertet Optiker Marcus Hebel die Möglichkeit, dass motorisierte Kunden ihr Auto in Richrath gratis parken können.

Rund um den aus dem 12. Jahrhundert stammenden Kirchturm von St. Martin gibt es an der Kaiser- und Wolfhagener Straße vielfältige Einkaufsmöglichkeiten. Als Pluspunkt für die örtlichen Läden wertet Optiker Marcus Hebel die Möglichkeit, dass motorisierte Kunden ihr Auto in Richrath gratis parken können.

Foto: Ralph Matzerath

richrath Könnte er sprechen, dann hätte der Kirchturm von St. Martin viel zu erzählen. Der im 12. Jahrhundert aus Bruchsandsteinen und Tuffquadern errichtete Turm ist das älteste erhaltene Bauwerk Langenfelds und der unverrückbare Mittelpunkt des Richrather Ortszentrums. Auf dem Weg zum Bäcker, Metzger oder Edeka-Supermarkt hat ihn an der Kaiserstraße jeder im Blick, beim alljährlichen Weihnachtsmarkt entfaltet das Wahrzeichen seine ganze Strahlkraft. Auch Annelies Rejek (78) genießt den altvertrauten Anblick stets aufs Neue. Die pensionierte Lehrerin und stadtgeschichtliche Forscherin hat früher Generationen von Schülern die Stadtgeschichte durch heimatkundliche Rundgänge näher gebracht und sie zu dem romanischen Turm geführt. Und auch bei ihren historischen Streifzügen für das Stadtmuseum und die Volkshochschule macht sie mit den Teilnehmern dort immer wieder Station. "Hier ist Langenfelds Siedlungsursprung."

 Die am Rietherbach gelegene Riethrather Mühle (ehemalige Wassermühle; vermutlich um 1780 mit dem Wohnhaus erbaut) ist für Heimatforscherin Annelies Rejek eines der schönsten Gebäude in Langenfeld.

Die am Rietherbach gelegene Riethrather Mühle (ehemalige Wassermühle; vermutlich um 1780 mit dem Wohnhaus erbaut) ist für Heimatforscherin Annelies Rejek eines der schönsten Gebäude in Langenfeld.

Foto: rm-

Richrath ist mit rund 15 400 Einwohnern hinter Immigrath der zweitgrößte Stadtteil von Langenfeld. Dass sogar schon im 8. Jahrhundert Menschen auf heutigem Richrather Boden wohnten, ist erst seit 2004 bekannt. Damals legten Experten des Rheinischen Amts für Bodendenkmalpflege das geradezu sensationelle Ergebnis einer archäologischen Ausgrabung direkt neben dem Turm vor: Spezialisten der Universität Kiel hatten die unterhalb der ältesten Kirchenfundamente entdeckten menschlichen Knochen nach einer Labor-Analyse ins späte 8. Jahrhundert datiert. Darauf mussten Wissenschaftler von der bis dahin gängigen Annahme abrücken, die Region sei rechtsrheinisch erst im 10. Jahrhundert besiedelt worden. Immer wieder wurden die Kirchbauten neben dem romanischen Turm abgerissen und durch neue Bauwerke ersetzt; das heutige Gotteshaus entstand 1967. Nach den archäologischen Ausgrabungen wurde der Fassadenverlauf der Vorgängerbauten im neu verlegten Pflaster farblich markiert.

Die Richrather sind geschichts- und traditionsbewusst, aber sie sind nicht von gestern. Einige Bürger und Geschäftsleute hatten vor dem verkehrsberuhigenden Umbau der Kaiserstraße 2003 das Heft in die Hand genommen, im Rathaus ihr Mitwirken eingefordert, fleißig Ideen zusammengetragen und untereinander ausdiskutiert. Die städtischen Planer gossen das Ganze dann in einen tragfähigen Entwurf, den die Politiker auf den Weg brachten. Statt den vormaligen Bürgersteigen mit Bordstein prägen seit zehn Jahren ebenerdig gepflasterte Verkehrsflächen mit viel Platz für Fußgänger und Radfahrer sowie Aufenthaltsqualität das Erscheinungsbild in Richraths Ortsmitte. Ein besonderer Blickfang ist das vor St. Martin installierte Kunstwerk "Weltenspiegel" von Horst Gläsker.

"Wir sind sehr froh über die damalige Neugestaltung", sagt Marcus Hebel (49). Der Augenoptikermeister hatte seinerzeit mit einem Antrag ans Rathaus erreicht, dass die Richrather ihre Ideen mit einbringen konnten. Nicht nur sein eigener Brillen-Laden trägt dazu bei, dass das Einkaufsangebot rund um den alten Kirchturm sehr vielfältig ist: Es gibt unter anderem zwei Bäckereien, Metzgerei, Supermarkt, Blumengeschäft, Friseursalon, Computerladen, Fahrradhändler, Reisebüro, Zeitschriften- und Bürobedarfsladen mit Post-Service, Sparkassenfiliale, ferner Restaurants, Imbissläden und Cafés. Von zentraler Bedeutung für ganz Langenfeld und auch darüber hinaus ist das im vergangenen Jahr erweiterte St.-Martinus-Krankenhaus an der Klosterstraße. Wer in Langenfeld zur Welt kommt, ist streng genommen ein Richrather.

Einige Ladeninhaber haben sich in der Gemeinschaft Richrather Geschäftsleute (GRG) zusammengeschlossen, um sich regelmäßig auszutauschen. Mit dem gemeinsam initiierten Herbstmarkt - natürlich am Turm von St. Martin - präsentieren sich die Händler den Kunden; dieses Jahr am 12. Oktober. Aber die Geschäftsleute zeigen durchaus auch mal die Zähne: So gingen sie auf die Barrikaden, als sie für die Bauzeit einer großen Unterführung anstelle des durch Schranken geregelten Bahnübergangs Kaiserstraße Existenz bedrohende Einbußen befürchteten. Nach diesem Protest beschlossen die Ratspolitiker, dass die Unterführung zwei Nummern kleiner und an anderer Stelle gebaut werden soll. So bleibt die Richrather Ortsmitte auch während des noch nicht terminierten Baus dieser Röhre für die über die Hildener Straße und den Schranken-Übergang kommenden Autos erreichbar.

Hebel ist nicht nur Geschäftsmann, sondern auch Ur-Richrather. In seinem Stadtteil schätzt er nach eigenen Worten das harmonische Zusammenleben. "Im Richrather Zentrum kennt jeder jeden. Dazu tragen entscheidend sowohl die katholische als auch die evangelische Kirchengemeinde bei, die beide sehr aktiv sind und immer wieder aufeinander zugehen." In diesem funktionierenden Gemeindeleben sieht Familienvater Hebel die Grundlage für das gesellschaftliche Engagement weiterer Gruppen wie etwa der Schützen mit ihrem Seniorentreff oder etwa auch der Sportvereine. Auch der Richrather Karnevals-Verein (RKV) Schwarz-Weiß ist im Ortsteil tief verwurzelt.

Richrath ist groß. Abseits der alten Ortsmitte entstanden in den vergangenen Jahrzehnten Wohngebiete, in denen viele Zugezogene ein neues Zuhause fanden: zwischen Hildener Straße, Winkelsweg und Rietherbach; in Langfort; oder beiderseits der nördlichen Richrather Straße. Ebenso gehören die Bettine-von-Arnim-Gesamtschule, die nördlich des Winkelswegs gelegenen Gewerbegebiete, die Kleinkunstbühne Schaustall oder auch etliche Wald- und Ackerflächen zu Richrath.

Und immer wieder lohnt es sich, an historischen Bauwerken zu verweilen. "Richrath ist ein Meilenstein der Langenfelder Stadtgeschichte", sagt Annelies Rejek. Besonders gerne führte und führt sie Gruppen zum alten jüdischen Friedhof an der Klosterstraße, zum früheren Pfarrhaus am Zehntenweg oder zur ehemaligen Wassermühle ("Riethrather Mühle") am Rietherbach. "Das Gelände hat eine lange Geschichte, wurde schon 1302 erstmals erwähnt."

(RP)
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