Stadtteil-Porträt (1) Rp Und Stadtwerke Unterwegs In ..... Richrath: Alter Kirchturm ragt heraus

Langenfeld · In dem Ortsteil mit attraktiver Mitte bringt die seit zwei Jahren bestehende Zwar-Gruppe Menschen mit gleichen Interessen zusammen.

 Vor 14 Jahren war die Kaiserstraße in der Richrather Ortsmitte in eine Tempo-20-Zone ohne Bürgersteige umgebaut worden. Rund um den Kirchturm von St. Martin gibt es viele inhabergeführte Geschäfte.

Vor 14 Jahren war die Kaiserstraße in der Richrather Ortsmitte in eine Tempo-20-Zone ohne Bürgersteige umgebaut worden. Rund um den Kirchturm von St. Martin gibt es viele inhabergeführte Geschäfte.

Foto: Ralph Matzerath

richrath Von wegen Rententeil im Schaukelstuhl. Die älteren Richrather scheinen die aktivsten Jungsenioren in ganz Langenfeld zu sein. So zumindest sehen es Hillu Hermanns und Dorit Lindner von der Zwar-Gruppe (zwischen Arbeit und Ruhestand). Die Richrather Ortsgruppe besteht seit zwei Jahren. Eine bunte Truppe von Männern und Frauen über 50, von denen mindestens 60 aktiv am gemeinschaftlichen Leben in ihrem Ortsteil arbeiten - das eben nicht in Lethargie und Einsamkeit enden soll.

 Mike Küppers (l.) und Uwe Pfeifer haben Spaß in der seit zwei Jahren bestehenden Richrather Zwar-Gruppe.

Mike Küppers (l.) und Uwe Pfeifer haben Spaß in der seit zwei Jahren bestehenden Richrather Zwar-Gruppe.

Foto: RALPH MATZERATH,

So gleichen denn die gut besuchten regelmäßigen Treffen in der Schützenhalle eher einer Studenten- als einer Rentnerversammlung. Es wird moderiert, diskutiert, die Ideen für gemeinschaftliches Tun sprudeln. Wanderungen im Bergischen, Ausflüge ins Freiluftmuseum und nach Bonn, Radtouren, Grünkohlessen und Grillfeten. Beitragsüberschüsse aus Events sollen Richrather Vereinen zufließen. Wer in diese Zwar-Gruppe geht, ist nicht allein. Auch Mike Küppers und Uwe Pfeifer engagieren sich dort.

Es sind wohl weniger die Alt-Eingesessenen, die sich hier zusammenfinden, sondern eher Neubürger, sagt Hermanns. "Männer, die immer nur ihre Arbeit kannten und sich nun fragen, was sie in der Rente machen sollen, Zugezogene, die nie Zeit hatten, sich um Bekanntschaften um die Ecke und Freunde zu kümmern, Frauen, die mal ins Theater wollen und beim Ehemann da auf wenig Resonanz stoßen..."

Ob Neubürger oder Alteingessener: Die Richrather wohnen in einem geschichtsträchtigen Ort. Der im 12. Jahrhundert aus Bruchsandsteinen und Tuffquadern errichtete Kirchturm ist das älteste erhaltene Bauwerk Langenfelds. Sogar im 8. Jahrhundert hatten Menschen schon in dieser rechtsrheinischen Region gewohnt - auf heutigem Richrather Boden. Dieses für Siedlungsforscher geradezu sensationelle Ergebnis einer archäologischen Ausgrabung direkt neben dem Turm legten Experten des Rheinischen Amts für Bodendenkmalpflege 2004 vor.

Wer sich ein Bild vom Ortskern um die Kirche St. Martin in alten Zeiten machen möchte, der begebe sich ins Stadtmuseum. Dort zeigt eine drei Minuten lange Überblend-Animation mit historischen Aufnahmen verschiedener Epochen, wie sich die Mitte des mit rund 15.240 Einwohnern zweitgrößten Langenfelder Ortsteils seit 1880 verändert hat. Die Bilder wecken Erinnerungen an den ein oder anderen kleinen Laden, den es nicht mehr gibt. Oder an den Abriss des alten Kirchenschiffs von St. Martin 1967.

Auf eine kleinere Veränderung müssen sich Richrather und Richrathbesucher am Jahresende einstellen: Dann setzen sich Manfred und Karin Jung als Betreiber der Bäckerei mit Café in der Ortsteilmitte zur Ruhe. "Es wird aber einen nahtlosen Übergang geben", kündigt Karin Jung an. Die Düsseldorfer Bäckerei Pass werde den alteingesessenen Betrieb weiterführen, den die Jungs vor 20 Jahren von Freya Lippe übernommen hatten. Eine weitere Bäckerei, Metzgerei, Supermarkt, Optiker, zwei Blumenläden, Friseur, Fahrradhändler, Reisebüro, Zeitschriften- und Bürobedarfsladen mit Post-Service, Sparkasse, Restaurants und Cafés tragen zu einer gesunden Mischung und Sortimentsvielfalt in der 2003 verkehrsberuhigend umgebauten Richrather Ortsmitte bei. Von zentraler Bedeutung für ganz Langenfeld ist das St.-Martinus-Krankenhaus, das sich zurzeit baulich erweitert.

Zurück zur Zwar-Gruppe: Dorit Lindner verwaltet die Kasse und hat Gemeinschaftsabende moderiert. "Das macht Spaß. Hier sind viele nette Leute, die Arbeit lohnt sich", sagt sie. "Hier lerne ich nicht nur neue Menschen mit neuen Ideen kennen, wir helfen uns auch in der Gemeinschaft. Fahren uns gegenseitig zum Arzt, holen Nachbarn ohne Auto zum Treffen ab, fahren uns zum Flughafen und mehr. Wir stehen für einander ein", sagt sie. Dass das so klappt in ihrem Ortsteil, hätten weder Hermanns noch Lindner gedacht. "Wir waren anfangs eher skeptisch", sagen die beiden Frauen. "Aber es funktioniert ohne Hierarchie unter Gleichgesinnten."

Petra Edelmann macht die Website für den Ortsverband, Gisela und Editha planen mit Leidenschaft die Wandertouren. Eine Foto-Gruppe will sich auf den Weg machen und die Schokoladenseiten ihres Ortsteils als Foto festhalten. Eine Ausstellung soll folgen. Ohne Zweifel: Die Zwar-Gruppe bringt Leben in den Ortsteil.

(RP)
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