Nostalgie-Stücke Rheinbahn-Schilder schnell vergriffen

Langenfeld · Es war ein bisschen wie Sommerschlussverkauf: Der Verkauf der 174 ausgemusterten Langenfelder Rheinbahn-Schilder lockte am Samstag rund 100 Interessierte zum Freiherr-vom-Stein-Haus.

 Meins! Timo Aust sichert sich sein Erinnerungsstück an die tägliche Fahrt zur Schule.

Meins! Timo Aust sichert sich sein Erinnerungsstück an die tägliche Fahrt zur Schule.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Freudige Anspannung unter den Wartenden. Alle sind sie gekommen, vom heimatverbundenen Jugendlichen hin zur Familie mit Kleinkind und zum rüstigen Senior. Viele von ihnen stehen bereits seit einer Stunde vor Verkaufsbeginn vor der kleinen Absperrung am Parkplatz Freiherr-vom-Stein-Straße, die sie von den weiß-grün-gelben – inzwischen historischen – Schildern trennt. Einige versuchen, „ihre“ Rheinbahn-Haltestelle ausfindig zu machen. Die Strategie ist klar: Das begehrte Stück ins Visier nehmen, bei Öffnung der Sperre hinlaufen und vor allen anderen abstauben!

Entsprechend hektisch wird es, als die Wartenden um 10.55 Uhr Zugang zum Parkplatz erhalten: Die Schlange setzt sich in Bewegung. Und dann ist plötzlich nur noch ein lautes Klappern zu hören, ausgelöst durch das Aufrichten der jeweils gut 20 Kilogramm schweren Schilder mit dem Stahlrahmen. Die meisten der insgesamt 174 Exemplare sind bereits nach wenigen Minuten vergriffen.

Während andere noch suchen, hält Timo Aust sein Schild bereits glücklich fest: Die Haltestelle Rathaus soll es sein. „Eigentlich wollte ich die andere Richtung, aus Langenfeld raus, aber das Schild hat sich schon jemand anderes geschnappt.“ Warum ausgerechnet dieses Schild? „Ich habe über viele Jahre jeden Tag an dieser Haltestelle gestanden.“ Der Langenfelder geht nämlich in Hilden zur Schule und fährt täglich vom Rathaus aus ab. Seit acht Jahren schon. Wenn es für ihn nach dem Abitur mit dem Beruf weitergeht, wird ihn das Schild – das er in den Garten stellen will – an diese Zeit erinnern.

Ein Stück Familiengeschichte nimmt sich auch Alice Bresenski mit nach Hause. Als Nachzüglerin kurz vor zwölf Uhr hat sie das Glück, das von ihr gewünschte Schild „Winkelsweg“ noch zu finden. „In dieser Straße hat unsere Geschichte vor 22 Jahren begonnen“, erzählt Bresenski stolz. Dort stand die erste gemeinsame Wohnung, im Winkelsweg wurde auch Tochter Saskia (heute 16) geboren. „Drei Wochen nach ihrer Geburt sind wir dann umgezogen.“ Doch die Verbindung zu diesem Ort bleibe.

Eine ungeahnte Verbindung offenbart sich an diesem Vormittag zwischen Anika Lüke (23) und Heike Schubert (50). Die beiden Frauen kennen sich nicht, doch jede von ihnen steht mit einem der beiden Schilder „Annastraße“ auf dem Platz. Für die eine bedeutet dieses Schild Erinnerungen an die Kindheit, für die andere ein Andenken ans Jetzt.

„Ich bin in Richrath aufgewachsen. Annastraße war die Haltestelle, die ich mir als Kind merken musste, wenn ich von der Stadt zurück nach Hause wollte“, erzählt Schubert. „In der Annastraße steht meine erste eigene Wohnung“, sagt Lüke. Auch ihr früherer Schulweg führte sie täglich an diese Haltestelle. „Normalerweise nahm ich den Bus am Götscher Weg, häufig aber auch von der Annastraße. Ich habe dann zwar keinen Sitzplatz mehr bekommen, aber konnte dafür sieben Minuten länger schlafen.“

Kerstin Klimach, die sich den „Locher Weg“ sichert, kauft sich mit dem Schild ein Stück Nostalgie. Eigentlich war sie als Kind nahezu täglich von der Haltestelle „Am Hagelkreuz“ abgefahren. Doch dieses Schild ist schon vergriffen – und Locher Weg ist gleich um die Ecke. „Für mich weckt das Schild Erinnerungen an meinen alten Wohnort, meine Heimat und Kindheit.“ Welchen Platz es erhalten wird, weiß sie noch nicht. Aber Hauptsache, es ist jetzt erst mal ihres.

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