Monheim Rheinalarm: Schleichendes Gift

Düsseldorf · Die HPN-Welle aus dem Leck von BASF in Ludwigshafen erreicht heute Monheim. Akut geht von der Chemikalie wohl keine Gefahr aus, doch der heimische Gewässerschutzwart Hantschke warnt davor, derlei Unfälle zu verharmlosen.

"Verdünnt" — auf dieses Wort reagiert Gerd Hantschke, Gewässerschutzwart aus Monheim, inzwischen allergisch. So auch jetzt, nachdem Rheinalarm ausgelöst wurde, weil am Montag aus einem BASF-Werk in Ludwigshafen mehr als sieben Tonnen der als "leicht wassergefährdend" eingestuften Chemikalie HPN in den Fluss gelangten. Heute dürfte die HPN-Welle die Gänseliesel-Stadt erreichen, naturgemäß "stark verdünnt", weshalb laut BASF nichts zu befürchten sei. "Akut und unmittelbar für den Menschen mag dies stimmen, aber tatsächlich trägt auch dieser Unfall zur schleichenden Vergiftung des Öko-Systems Rhein bei", kritisiert Hantschke.

Katastrophe vor 40 Jahren

"Stark verdünnt" waren auch die Insektizide, die fast auf den Tag genau vor 40 Jahren die schlimmste Chemie-Katastrophe im Rhein verursachten, an die sich der 69-Jährige erinnern kann: "Um den 20./21. Juni 1969 traten diese Giftstoffe aus zwei durchgerosteten Metallbehältern aus, ebenfalls im ,pfälzischen' Rhein — anschließend waren allein in unserem Raum vor Zons 1000 Zentner Fisch zu beerdigen". Ein Unglück, nur zu vergleichen mit "Sandoz", der Chiffre für November 1986, als nach einem Großbrand in dem Chemiewerk bei Basel auf einer Länge von 400 Rheinkilometern die gesamte Aalpopulation ausstarb.

Spätestens seit Sandoz haben Anrainerstaaten und -gemeinden zusammen mit der Industrie viel unternommen, um den Rhein zu retten — das erkennt auch Hantschke an. "Während die Kloake noch in den 70er Jahren bei Westwind bis nach Richrath stank, haben wir heute neben wohlgenährten Aalen Rotaugen und Brassen, Barsche und Zander, Gründlinge und Barben an der Angel", berichtet der Lehrgangsleiter und Organisator vieler Jugendangeltage.

Doch dürfe man sich angesichts dieser "willkommenen Fischmahlzeiten" nicht blenden lassen von "Der-Rhein-ist-wieder-sauber"-Meldungen aus Behörden und Industrie, mahnt Hantschke: "Die angeblich harmlosen ,Zwischenfälle' wirken wie wöchentliche oder monatliche Giftspritzen ins Muskelfleisch vieler Rhein-Lebewesen — nicht umsonst wird vor dem Verzehr von fettreichen Fischen aus Krefelder und Duisburger Hafenbecken gewarnt." Die heimischen Angler wiederum müssten sich heute mit kleineren Fangmengen begnügen als noch vor 15 Jahren.

Deshalb wird der Monheimer nicht müde, weitere Verbesserungen beim Rheinschutz zu fordern. So habe er nach dem Tiefstpegel im Rekordsommer 2003 bei einem Symposium angeregt, die Einleitung der geklärten Industrie-Abwässer nach dem — Stichwort "Verdünnung" — Wasserstand des Rheins zu regulieren. "Die Vertreter der Bezirksregierung zeigten sich ganz angetan von dem Vorschlag — geschehen ist aber nichts."

(RP)
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