Langenfeld Retter klagen über zunehmende Gewalt

Langenfeld/Monheim · Jüngster Fall: In Monheim greifen Sanitäter zu Pfefferspray, um sich eines Libanesen-Clans zu erwehren.

 Aggressives Verhalten gegenüber Rettungskräften stand auch im Fokus einer Tagung, die die Komba-Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst gestern in Langenfeld abhielt.

Aggressives Verhalten gegenüber Rettungskräften stand auch im Fokus einer Tagung, die die Komba-Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst gestern in Langenfeld abhielt.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

 „Aggressives verbales Verhalten“ und die Drohung, die Einsatzkräfte mit einem Baustellenschild zu schlagen verzeichnet der Einsatzbericht der Kreispolizei Mettmann zu einem Unfall, der sich am Samstagnachmittag auf der Lichtenberger Straße in Monheim ereignete. Der Vater und andere Familienangehörige verlangten „die sofortige Herausgabe“ einer 19-jährigen Autofahrerin, die mit Verdacht auf Gehirnerschütterung in ein Krankenhaus eingeliefert werden sollte. Erst die Androhung und dann der Einsatz von Pfefferspray hätten die Situation deeskaliert, berichtet Daniel Uebber, Sprecher der Kreispolizei. Die junge Frau gehörte einer libanesischen Großfamilie an.

Um just dieses Thema, die Gewalt gegenüber Einsatzkräften in  Feuerwehr und Rettungsdienst, ging es gestern auch bei der jährlichen Tagung der Komba Gewerkschaft, die erstmals in Langenfeld stattfand. Bisher habe es allerdings am nötigen Zahlenmaterial gefehlt, um zu belegen, dass das Problem tatsächlich signifikant zugenommen hat, erklärte Referent Peter Beckmann  vom Innenministerium. Mittels einer Studie der Kriminologen der Ruhruniversität Bochum wurde 2017 ermittelt, dass vor allem die Mitarbeiter des Rettungswesens von Gewalt betroffen seien. 92 Prozent der Befragten waren beschimpft, beleidigt oder mit Worten bedroht worden. 77 Prozent gaben an, dass man ihnen mit Gesten (Stinkefinger) Gewalt angedroht hatte,  26 Prozent hatten tatsächlich körperliche Gewalt erfahren, sie waren geschlagen, getreten oder weggeschubst worden.  Die Täter seien meist männlich, in 42 Prozent der Fälle bei körperlicher Gewalt hatte der Täter einen Migrationshintergrund.

Was die Verfügbarkeit valider Daten erschwert: 80 Prozent der Opfer verbaler und nonverbaler Gewalt meldeten den Vorfall nicht. Die Begründung: Da das Strafverfolgungsverfahren meist mit einer Einstellung ende, hätten viele resigniert oder betrachteten die Übergriffe als Teil ihres Berufsrisikos. „Bei uns hat keiner die Zeit, seitenweise komplizierte Formulare auszufüllen“, berichtet ein Angehöriger der Kölner Berufsfeuerwehr. Beckmann rät, den Dienstherrn die Anzeige stellen zu lassen.  Es wird auch daran gearbeitet, eine Melde-App einzurichten, die es den Einsatzkräften ermöglicht, über ihr Handy zeitnah zum Einsatz eine kurze Meldung zu machen. „Wenn das Einsatzprotokoll geschrieben wird, kann ein entsprechendes Modul angeflanscht werden“, so Beckmann.

Auch die Standards in den Leitstellen sollen dahingehend überarbeitet werden, dass die Disponenten sensibler auf prekäre Einsatzorte reagieren und vorsorglich die Polizei hinzu rufen. Und da sich bestimmte Situationen und Täter nicht ändern ließen, sollten die Einsatzkräfte bei der Ausbildung mehr in Deeskalation geschult werden.

Der von Beckmann vorgestellte Maßnahmenkatalog gegen Übergriffe befindet sich noch im Abstimmungsprozess.  Insgesamt sind daran neben den NRW-Ministerien für Inneres und für Arbeit auch der Landesfeuerwehrverband, die Unfallkasse und die Arbeitgeberverbände beteiligt.

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