Hans Peter Meuser Patienten nutzen ihre Chipkarten aus

Langenfeld/Hilden · Die Langenfelder Notfallpraxis wird von der Kassenärztlichen Vereinigung weitergeführt. Oft würden die Einrichtungen auch missbraucht.

 Hans Peter Meuser kritisiert auch das Verhalten einiger Patienten.

Hans Peter Meuser kritisiert auch das Verhalten einiger Patienten.

Foto: Ralph Matzerath

Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) will die Notfallpraxis (NFP) Langenfeld übernehmen, so dass diese auch über den 31. Januar hinaus in Betrieb bleibt. Der Vorsitzende des Ärztevereins hingegen tritt für die Variante "KV übernimmt Hilden und Langenfeld und betreibt Langenfeld als Zweigstelle mit etwas reduzierten Öffnungszeiten" ein.

Herr Meuser, warum ist das Ihrer Ansicht nach die bessere Alternative?

Meuser In der NFP Hilden werden derzeit 153 Ärzte aus Haan, Hilden und Hochdahl zum Dienst eingeteilt, in der NFP Langenfeld sind es 119 Ärzte aus Langenfeld, Monheim und Hitdorf. Die NFP Hilden ist für etwa 128.000 Einwohner da, die NFP Langenfeld nur für etwa 105.000. Das spiegelt sich auch in der höheren Inanspruchnahme der Hildener NFP wider, die zehn bis 15 Prozent mehr Patienten versorgt als die Langenfelder. Außerdem liegt Hilden für den Südkreis zentraler.

Wie werden sich die Patienten in Hilden und Haan mutmaßlich verhalten, nachdem ihre Notfallpraxis ab 1. Februar geschlossen ist?

Meuser Viele Einwohner von Hilden und insbesondere Erkrath und Haan würden wohl den Weg nach Langenfeld nicht auf sich nehmen wollen, sondern die Ambulanzen der Krankenhäuser Hilden und Haan bevölkern. Die Vertreterversammlung der KV hat Zweigstellen vorgesehen, gerade um dem verstärkten Aufsuchen der Ambulanzen entgegenzuwirken. Der KV-Vorsitzende Dr. Potthoff will das ignorieren. Die NFP Hilden zu schließen widerspräche auch dem Willen der Bundesregierung, die mit der neu eingeführten gesetzlichen Pflicht der KV zur Gründung von "Portalpraxen an Krankenhäusern" gerade die Entlastung der Krankenhaus-Ambulanzen bezweckt.

Warum hat der Ärzteverein die Mietverträge für seine Räume in den beiden Krankenhäusern noch nicht gekündigt, obwohl er den Betrieb der NFP zum 31. Januar aufgeben will?

meuser Der Ärzteverein hat die Mietverträge mit den Krankenhäusern Langenfeld und Hilden noch nicht gekündigt, eben damit die KV die Möglichkeit hat, in beide Mietverträge einzutreten, um beide NFP weiterzuführen. In Verhandlungen zwischen Ärzteverein und der KV-Tochter GMG ist bereits alles besprochen, damit die Übernahme der NFP Langenfeld durch die GMG nahtlos erfolgen kann. Der Ärzteverein hat ja vor 17 Jahren aus gutem Grund beide NFP gegründet und bis jetzt selbst betrieben. Das System hat sich bestens bewährt und sollte mit beiden NFP fortbestehen, nur unter einem neuen Betreiber GMG. Während die Kreisstellen von KV und Ärztekammer sowie der Vorstand der Kammer die bestens funktionierende ortsnahe Versorgung erhalten wollen, will der KV-Vorstand Dr. Potthoff sie zerschlagen. Die Ärzte vor Ort und der Ärzteverein hoffen, dass er sich damit gegenüber der Kammer nicht durchsetzen kann.

Was sagen Sie zur Darstellung des KV-Sprechers, dass es keine rechtlichen Gründe gibt, die gegen einen Weiterbetrieb der NFP Hilden durch den Ärzteverein sprechen?

Meuser Die rechtlichen Gründe, die den Verein bewogen haben, sich aus dem Betrieb der NFP zurückzuziehen, liegen auf der Hand: Der Verein hat keine Entscheidungsmacht darüber, ob eine NFP im Orgaplan vorgesehen ist oder nicht. Würde der KV-Vorsitzende Dr. Potthoff Erfolg damit haben, die NFP Hilden im Orgaplan zu streichen, stünde der Verein vor dem Problem, am 1. Februar eine NFP zu haben, in der kein Arzt mehr arbeiten dürfte. Der Verein müsste die Arzthelferinnen aber noch sechs Monate weiterbeschäftigen, ohne Refinanzierung seiner Ausgaben. Deshalb war die rechtzeitige Kündigung für den Verein zwingend.

Welche Ärzte werden nach dem 31. Januar in der Langenfelder Praxis Dienst tun?

Meuser Das ist im Organisationsplan geregelt, den die Kreisstellen von Kammer und KV zu beachten haben. Dieser sieht den Versand der Dienstpläne im Dezember und die Einteilung der Ärzte in den beiden genannten NFP vor. Die Kreisstellen mussten daher entsprechend tätig werden. Wer vorschreibt, dass der Dienst in den beiden NFP geleistet werden muss, der ist auch dafür verantwortlich, dass die Räume zur Verfügung stehen. Bisher hat die KV die Ärzte verpflichtet, in vom Verein gemieteten Räumen Dienst zu tun. Künftig muss sie dafür sorgen, dass der Dienst in von der GMG gemieteten Räumen stattfindet.

Bekanntermaßen suchen viele Patienten die Notfallpraxen auf, weil sie unter der Woche "keine Zeit" für Arztbesuche haben, folglich handelt es sich meist um aufschiebbare Behandlungen. Welche gesundheitspolitischen Schritte müssten Ihrer Ansicht nach ergriffen werden, um den Missbrauch der Notdienste - und auch der Krankenhausambulanzen - zu unterbinden?

Meuser Kern des Problems ist, dass die Menschen mit ihrer Chipkarte jederzeit alle Strukturen des Gesundheitswesens fast nach Belieben in Anspruch nehmen können und das auch tun. Es kostet sie ja nichts. Die Einrichtungen der Notfallversorgung werden so zweckentfremdet. Die Krankenkassen kostet diese Fehlinanspruchnahme auch nichts, denn die Vergütung dafür stammt aus dem Honorartopf der niedergelassenen Ärzte. Und die Politik schaut nur auf ihre Wiederwahl und vermeidet notwendige Steuerungsmaßnahmen.

DIE FRAGEN STELLTE DOROTHEE SCHMIDT-ELMENDORFF

(RP)
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