Langenfeld Nur mit sauberen Händen ans Krankenbett
Langenfeld · In einer Bochumer Klinik ist Händeschütteln verboten. Martinus-Chefarzt Tönissen hält davon nichts.
Im Kampf gegen Hygienemängel geht das Personal der Augusta-Klinik in Bochum einen ungewöhnlichen Weg: Ab sofort ist das Händeschütteln verboten. Einer Stellungnahme des dortigen Geschäftsführers Ulrich Froese zufolge werden 80 Prozent aller Infektionen über die Hand übertragen. "Wir hoffen, diesen Anteil über unsere Maßnahme auf fünf Prozent herunterdrücken zu können", sagte er jetzt. Das Bochumer Beispiel könnte Schule machen, doch noch ist es nicht so weit, stellte die RP fest.
"Von solch einem Verbot dieser freundlichen Geste eines Händedrucks halte ich nichts", sagt Dr. Reinhard Tönissen. Der Chefarzt des Langenfelder St.-Martinus-Krankenhauses hält es nach eigenen Worten indes für unabdingbar, dass in der Klinik die Hygiene als Vorbeugung gegen Krankheitserreger den größtmöglichen Stellenwert haben müsse. "Egal zu welcher Berufsgruppe im Krankenhaus jemand gehört: Vor und nach jedem Patientenkontakt müssen die Hände gründlich gereinigt und desinfiziert werden."
Das Händeschütteln sollte sich nach Tönissens Worten im Krankenhaus zwar auf ein Mindestmaß beschränken. "Aber es gehört nun mal zu den Freundschafts- und Friedenszeichen der Menschheit, sich die Hand zu geben. Und gerade Patienten, denen es nicht so gut geht, vermitteln wir durch solch einen Händedruck auch ein Stück Zuversicht."
Allerdings sind laut Tönissen über die aus Hygienegründen ohnehin angezeigten Selbstverständlichkeiten - wie Händewaschen nach dem Gang zur Toilette und vor dem Essen - hinaus in einem Krankenhaus weitere Anforderungen peinlich genau zu erfüllen. "Dort gibt es ein ganz anderes Keimspektrum als draußen. An Türklinken auf den Stationen können antibiotikaresistente Keime ebenso haften wie an Kugelschreibern. Das A und O vor dem Kontakt mit Patienten ist daher die sorgfältige Handreinigung."
Darauf macht das St.-Martinus-Krankenhaus regelmäßig mit einem "Tag der Hände" die Belegschaft aufmerksam. Außerdem überprüft Stefan Mann vom klinikeigenen Hygienemanagement regelmäßig den Verbrauch von Desinfektionsmitteln auf den einzelnen Stationen. Grundsätzlich ist nach Tönissens Worten wegen der Gefahr multiresistenter Erreger vor dem Einsatz von Antibiotika deren Notwendigkeit stets kritisch zu hinterfragen.
Der Kplus-Verband, der die Krankenhäuser in Hilden und Haan betreibt, betrachtet den Vorstoß der Bochumer Klinik zwar mit Interesse, sieht aber keine Veranlassung, ihm zu folgen. Sprecher Niclas Kurzrock bezeichnet das Händeschütteln als "ein Zeichen von Empathie und Respekt". Zudem bestehe die Gefahr, dass sich Menschen bei einem Verbot in einer trügerischen Sicherheit wiegen und so aufs Desinfizieren verzichten.