Langenfeld Motivation statt Bestnote
Langenfeld · Bestimmte Branchen suchen bereits händeringend nach Auszubildenden. Eine gute Nachricht besonders für die Hauptschüler. Ihre Chancen auf einen Lehrvertrag steigen. Um so wichtiger ist eine gute Berufsvorbereitung.
Die Chancen für Schüler ohne Top-Noten, einen Ausbildungsplatz zu finden, stehen besser denn je. Wirtschaftsboom und schrumpfende Jahrgänge haben Folgen. War früher "Rosinen picken" angesagt, suchen heute bestimmte Branchen händerringend nach geeignetem ausbildungswilligen Nachwuchs.
"Das Denken der Unternehmer wandelt sich rapide. Noten rücken in den Hintergrund. Stimmen die sozialen Kompetenzen, haben auch viele meiner Schüler eine Chance auf einen Lehrvertrag", sagt Rolf Schlierkamp, Leiter der Felix-Metzmacher-Hauptschule. Entsprechend gelöst ist die Stimmung beim Berufsorientierungscamp in den Räumen der Gesellschaft für gemeinnützige Arbeit (GGA) am Winkelsweg. 13 Metzmacher-Schüler lernen hier drei Tage lang, wie man richtig spachtelt, eine Blechschere korrekt benutzt, den Umgang mit der Kelle verbessert. Und wie man sich im Team konstruktiv einbringt.
Firmen bieten Nachhilfe an
Einer von ihnen ist Kevin. Der 15-Jährige aus der neunten Klasse steht neben einer Holzsäule und greift zum Pinsel. "Macht Spaß", sagt der Metzmacher-Schüler, der sich vorstellen kann, "einmal Schreiner zu werden". Ob genau dieser Berufswunsch in Erfüllung geht, kann ihm Lehrerin Marita Furthmann-Baur zwar nicht versprechen. Dass Kevin und seine Mitstreiter etwas finden, hält sie aber für wahrscheinlich.
"Branchen wie die Gastronomie, die Hotellerie, der Lebensmittel-Handel aber auch die Metallindustrie wollen gerne mehr ausbilden, finden aber nicht genügend Bewerber", fasst sie das Ergebnis einer Konferenz zusammen, an der neben den Berufsvorbereitern aus den Schulen auch Vertreter der Industrie- und Handelskammer sowie der Handwerkskammer teilnahmen.
Die Botschaft der Ausbilder: Mängeln, beispielsweise in Mathe und Deutsch, kann der Ausbilder mit Nachhilfe-Angeboten beikommen. Entscheidender seien Schlüsselqualifikationen und Sekundärtugenden. Ganz oben auf der Liste: Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Motivation, Höflichkeit und Teamfähigkeit. "Genau das wollen wir den Schülern mit auf den Weg geben", sagt Frank Schwalm, Vize-Leiter der GGA. Gemeinsam mit der Metzmacher-Schule hat er ein zusätzliches Berufsorientierungsprogramm entwickelt, dass im kommenden Jahr erstmals angeboten wird. Es heißt "Startklar" und richtet sich an alle Schüler der achten Klassen. "Je früher sich Jungen und Mädchen der eigenen Stärken, Neigungen und Abneigungen bewusst werden desto besser", sagt Schwalm.
Ähnlich sieht das Gerhard Witte, Vorsitzender des Langenfelder Industrievereins: "Wichtiger als das Zeugnis sind für mich und viele meiner Unternehmer-Kollegen, wie der Bewerber auftritt, wie er sich gibt und ob er eine individuelle, auf die Firma bezogene Bewerbung schreibt." Um nicht besetzte Ausbildungsplätze zu vermeiden, sollten freilich Doppel- und Dreifach-Zusagen mit anschließendem kurzfristigen Wieder-Abspringen vermieden werden. "Hier wünsche ich mir offene und rechtzeitige Kommunikation", lautet Wittes Appell an künftige Bewerber um einen Ausbildungsplatz.