Monheim „Alte Raffinerie birgt große Chancen“

Monheim · Michael Michalke wird Intendant der Monheim Trienale und freut sich auf die Arbeit in der neuen Kulturraffinerie.

 Reiner Michalke soll Intendant der Monheim Trienale werden.

Reiner Michalke soll Intendant der Monheim Trienale werden.

Foto: Michalke/Privat

Monheim ist eine Kleinstadt, die enorm viel Dynamik entwickelt hat. Was hat Sie bewogen, für diese Stadt ein Musikfestival der besonderen Art zu konzipieren?

Michalke Nun, es war Daniel Zimmermann, der mit dieser Idee auf mich zu kam. Zugegebenermaßen war ich anfangs etwas skeptisch. Aber je mehr ich mich mit Monheim beschäftigt habe, je mehr wurde mir klar, dass das gut zu mir passen könnte. Und das hier etwas Besonderes entstehen kann.

Können Sie Ihr Konzept kurz skizzieren?

Michalke Wir waren uns schnell einig, dass es nicht darum gehen kann, ein weiteres Jazzfestival zu starten. Damit ist NRW schon sehr gut ausgestattet. Es war von Anfang der Gedanke da, etwas zu schaffen, das es in dieser Form noch nicht gibt. Auch im internationalen Kontext gesehen. Das betrifft in erster Linie das inhaltliche Spektrum des Festivals. Hier werden wir nicht nur das große Feld des Jazz und der Improvisierten Musik nach Neuigkeiten durchsuchen, sondern auch die konzertante Pop-Musik und die komponierte Neue Musik ins Blickfeld nehmen. Ein solches Festivalkonzept gibt es bisher so gut wie nicht. Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist der dreijährige Turnus, also der einer Triennale.

Sie haben sich mit dem Moerser Jazzfestival einen Namen gemacht. Wie ist es Ihnen dort gelungen, skeptische Geister, die keine Beziehung zu Jazz und neuen Musikformen haben, einzubeziehen?

Michalke Offen gesagt, ist mir das nicht so gelungen, wie ich es mir gewünscht hätte. Das Moers Festival hat seit seiner Gründung 1972 die Stadtgesellschaft polarisiert. Ich hatte gehofft, den konservativen Teil der Stadt davon zu überzeugen, dass ein internationales Festival der Stadt viele Vorteile bringt und die dort präsentierte Musik viel Spaß macht, wenn man sich darauf einlässt. Aber es gibt in Moers neben einer hoch entwickelten Willkommenskultur, weiterhin eine tief sitzende Skepsis gegenüber dem Neuen, dem Unbekannten. Letzteres hat sich dort leider bei der vergangenen Bürgermeisterwahl durchgesetzt. Daraus habe ich die Konsequenz gezogen und um vorzeitige Auflösung meines bis 2020 laufenden Vertrages gebeten.

Der Bassist Achim Tang soll dabei helfen, Monheimer mit besonderer Musik vertraut zu machen. Wie ist er in Ihr Konzept eingebettet?

Michalke Mit Achim Tag habe ich bereits in Moers zusammengearbeitet. Dort hatte ich das Modell des „Improviser in Residence“ eingeführt. Ein Musiker lebt ein Jahr lang in der Stadt und hat die Aufgabe, die musikalischen Inhalte des Festivals ganzjährig in die Stadt zu tragen. Vom Kindergarten bis ins Altenheim, von den Schulen bis hin die kulturellen Institution und von der Straße bis hin in die Amtsstuben. Achim wird im Berliner Viertel wohnen und sich da, wo es möglich und sinnvoll ist, musikalisch einbringen.

Wenn alles wie geplant läuft, werden Sie im nächsten Monat schon als Intendant des Musikfestivals bei den Kulturwerken anfangen. Bleibt es dabei? Und wenn ja, wie haben Sie sichergestellt, dass Sie Ihre Entscheidungen frei treffen können?

Michalke Noch ist der Vertrag nicht unterschrieben. Wir haben uns darauf verständigt, das Ergebnis der politischen Debatte und die Abstimmung im Rat am 10. Oktober abzuwarten. Geplant ist, dass ich als geschäftsführender Intendant die inhaltlichen und organisatorischen Geschicke des Festivals leiten und verantworten werde. So wird auch mein Vertrag lauten. Selbstverständlich in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat der Kulturwerke, der die politische Verantwortung trägt.

Gibt es schon konkrete Pläne für das Vorprojekt in zwei Jahren ?

Michalke Ja! Selbstverständlich habe ich schon eine lange Liste mit Projekten, die ich mir für Monheim wünsche. Entweder, weil ich sie für Moers nicht mehr realisieren konnte oder weil sie sich im Laufe der letzten Monate ergeben haben. Verbindlich auf Künstlerinnen und Künstler zugehen werde ich aber erst, wenn ich das Mandat dazu habe. Und ja, bei einigen bin ich für 2020 schon spät dran.

Wie wichtig ist die ab 2023 zur Verfügung stehende Kulturraffinerie für den Erfolg des Festivals?

Michalke Es ist ein großes Privileg und eine großartige Chance,  bei der Entwicklung dieses alten Industriedenkmals zu einer modernen Spielstätte mitwirken zu können. Ich habe die Architekten-Entwürfe noch nicht gesehen, erwarte  aber von diesem neuen Ort eine große Anziehungskraft. Dabei hoffe ich, dass es gelingt, die unmittelbare Nähe zum Rhein auch innerhalb des Gebäudes erlebbar zu machen.

Was ist, wenn der Spagat zwischen Reichweite, also kommerziellem Erfolg, und Bodenhaftung nicht funktioniert?

Michalke Hier muss ich etwas zurechtrücken. Mit Reichweite meine ich nicht den kommerziellen Erfolg, denn dafür müsste man ja ein in erster Linie populäres Programm machen, sondern die Wahrnehmung des Festivals im internationalen Maßstab. Und in der Tat sind es zwei verschiedene Zielsetzungen, einen internationalen Leuchtturm zu schaffen und gleichzeitig den Anschluss an die örtliche Stadtgesellschaft herzustellen. Ich bin davon überzeugt, dass das funktionieren wird. Vielleicht in Monheim sogar besser als in Köln oder Düsseldorf. Es waren immer eher die kleineren Ort, in denen große Musikfestivals entstanden sind.

Wie viel Zeit muss man geben, damit sich ein solches Festival etabliert und, wie sie selbst gesagt haben, Wurzeln schlägt?

Michalke Das wird ein paar Jahre und Festivals brauchen. Aber spätestens nach dem zweiten regulären Festival in 2026 wissen wir, wohin die Reise geht.

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