Coronavirus Mehr als 300 Arzneimittel werden knapp

Monheim/Hilden · Falschmeldungen zu Ibuprofen haben für den Ausverkauf von Paracetamol gesorgt. Desinfektionsmittel gibt es ebenfalls nur rationiert.

 Unsicherheit und eine bereits zurückgezogene Warnung der WHO vor Ibuprofen haben den Absatz von Paracetamol angefeuert.

Unsicherheit und eine bereits zurückgezogene Warnung der WHO vor Ibuprofen haben den Absatz von Paracetamol angefeuert.

Foto: dpa/Lino Mirgeler

Nicht nur Schmerz- und Desinfektionsmittel werden knapp. „Bei uns fehlen etwa 300 Medikamente“, sagt der Monheimer Apotheker Johannes Butz. Dazu gehören Antibiotika, Diabetesmittel und Hormone. Auch Schilddrüsenpräparate sind schwer erhältlich. Für den Apotheker, der das Sandbergviertel versorgt, ist das mit vielen Fragen und hohem Aufwand verbunden. „Der Erklärungsbedarf der Kunden ist hoch“, sagt er. Und häufig stehe er auch vor der Entscheidung, „wem gebe ich jetzt wie viele von den noch vorhandenen Medikamenten“. Und: „Kann ich eine 100-er Packung auch aus fünfmal 20 Tabletten zusammenstellen. Wer zahlt das? Wie wird das abgerechnet?“

Glücklicherweise gebe es seitens der Apothekerkammer einen Kompromiss, dass bedingt auch Medikamente ausgehändigt werden dürfen, die nicht an die Vertragsvereinbarungen mit den jeweiligen Krankenkassen gebunden sind.

 Jürgen Wunderlich ist Sprecher der Apotheker.

Jürgen Wunderlich ist Sprecher der Apotheker.

Foto: Jürgen Wunderlich/Wunderlich/Privat

Auch Jürgen Wunderlich, Sprecher der Apotheken in Hilden, Langenfeld und Monheim, kennt die Probleme. Desinfektionsmittel sei in der Coronakrise extrem rar. „Wir dürfen es selbst herstellen und können Ethanol dafür jetzt auch unversteuert beziehen“, erklärt Wunderlich. Seine Apotheken verkaufen zwar noch Desinfektionsmittel, aber nur rationiert. „Pro Kunde 50 Milliliter“, erklärt der promovierte Pharmazeut. „Die Preise für die Rohstoffe gehen zurzeit durch die Decke. Im Vergleich zu normalen Zeiten sind die Einkaufspreise für Rohstoffe mittlerweile um 100 Prozent und mehr gestiegen.“ Statt in die Kundenberatung investieren er und seine Mitarbeiter „sehr viel Zeit damit zu recherchieren, was derzeit noch an Desinfektionsmitteln, Rohstoffen und nicht lieferbaren Medikamenten noch irgendwie zu bekommen ist“, so Wunderlich.

Die Apotheken stellen momentan erst einmal die Versorgung von Arztpraxen, Pflegediensten, Wohnheimen und Menschen mit einem angegriffenen Immunsystem sicher. Danach gibt es die rationierten Mengen auch für andere Kunden – etwa Paracetamol. „Wir haben in den vergangenen Wochen das Doppelte von dem verkauft, was wir sonst verkaufen“, berichtet Wunderlich. Doch nun hat Indien einen Ausfuhrstopp verhängt. „Von dort stammt ein Großteil der Produktion“, erklärt Wunderlich. Indien braucht die Medikamente für die eigene Bevölkerung.

Johannes Butz, Apotheker seit 1976, sieht in der Auslagerung der Produktion das Problem. „Das spart. Würden dieselben Medikamente in Europa produziert, würden sie um ein etliches mehr kosten.“

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