Frühkindliche Bildung in Monheim Kinder haben kein Gefühl für Zahlen
Monheim · Im Rahmen der Entwicklungsplanung der „Hauptstadt für Kinder“ hat das Jugendamt die Zusammenarbeit mit dem Kreisgesundheitsamt ausgebaut. Jetzt werden die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchung systematisch ausgewertet.
Noch vor 20 Jahren traf eine Mutter in der Pekip-Gruppe finster-verächtliche Blicke, wenn sie erklärte, nach einem Jahr Babypause wieder arbeiten zu wollen. Und das Bemühen um eine zuverlässige Kinderbetreuung ähnelte einer Suche nach dem heiligen Gral. Seit dem Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Kinder ab dem ersten Lebensjahr (2013) habe sich das Selbstverständnis in den Familien verändert, sagt Gerlinde Knisel-Scheuring, Leiterin der Abteilung frühkindliche Bildung im Jugendamt. „Die Kinder haben damit einen Anspruch auf außerfamiliäre Bildungsangebote und auf Kontakt zu anderen Kindern.“
Da viele Familien für ihre Kleinstkinder eine familiäre Betreuungsatmosphäre bevorzugen, wird auch die Tagespflege in Monheim zunehmend professionalisiert. „Im Rahmen der Qualifizierungskurse vermitteln wir den Tagesmüttern und -vätern Spiel- und Bildungsimpulse und wie sie die Kinder gut in Interaktion miteinander bringen.“ Ohne diese Kurse erhalten die Tagespflegepersonen gar keine Pflegeerlaubnis. „Wir legen Wert darauf, die Tagespfleegekräfte selber auszubilden, weil wir sie so kennenlernen und einen fachlichen Blick auf ihre Eignung haben“, sagt die Fachfrau.
Ein bis zweimal im Jahr statte das Jugendamt einen Hausbesuch ab und kontrolliere, ob die Räume weiterhin kindgerecht, licht und genügend groß sind. Und schon bevor dies im Kinderbildungsgesetz (Kibiz) gesetzlich verankert war, wurden in Monheim auch die Tagespflegekräfte angehalten, die kindliche Sprachentwicklung zu beobachten und zu dokumentieren. „Bei einer zweitägigen Schulung wird das BaSiK-Modell vermittelt, dazu gehört aber auch, den Dialog mit dem Kind anzuregen und selber dem sprachlichen Vermögen des Kindes angemessen zu sprechen“, sagt Knisel-Scheuring. So müsse eine Tagespflegeperson, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, mindestens das Sprachlevel B 2 beherrschen. „Unsere zweisprachigen Tagesmütter sprechen richtig gut Deutsch.“
Um einen bruchlosen Übergang in die Kita zu gewährleisten, passen die Tagesmütter ihre Bildungsdokumentation der dort üblichen an. Bei der Eingewöhnung sowohl in die Tagespflege als auch in die Kita wird nach dem Berliner Eingewöhnungsmodell verfahren, das einen sanften, nach den kindlichen Bedürfnissen orientierten Übergang ermöglichen soll. Mit dem Konzept „Gut ankommen in der Kita“ haben alle Beteiligten ein Modul für den leichten Übergang an der Hand. „Auch wenn das Kind nun in ein größeres Gefüge mit mehreren Bezugspersonen statt einer kommt, fällt den Kinder mit Tagespflegeerfahrung der Übergang meinst leichter.“ Anders als in anderen Städten hat sich in Monheim wohl kein Schwarzmarkt für Kinderbetreuung etabliert. „Die Eltern wären auch dumm, bei uns ist die Betreuung ja gebührenfrei für sie“, sagt Knisel-Scheuring.
Auch die an den Kitas etablierten Angebote der kulturellen Bildung wie die „Buchsteine“ oder „Bildersprache“ sollen künftig mit der Tagespflege verknüpft werden, entweder über Hausbesuche oder Besuche in den Bildungseinrichtungen. „Corona hat verhindert, dass wir da weiterkommen“, sagt Knisel-Scheuring.
Unterbrochen wurde dadurch auch die noch junge Zusammenarbeit der frühkindlichen Förderung mit dem Kreisgesundheitsamt. „Wir werten seit 2019 die Ergebnisse der Schuleingangsuntersuchung aus und versuchen, stadtteilbezogen daraus Auffälligkeiten zu extrahieren.“ Zu den untersuchten Kriterien gehören grob- und visuo-( Hand-Auge-Koordination)motorische Fähigkeiten, Sprachkompetenzen, Konzentrationsvermögen, Körpergewicht und visuelle Wahrnehmung. „Wir haben festgestellt, dass es vielen Kinder beim Mengen- und Zahlenverständnis mangelt“, sagt Knisel-Scheuring. Das könnte man mit den klassischen Brett- und Würfelspielen und Treppenstufenzählen anregen.
In den Kitas und auf der Leitungsebene werde jetzt überlegt, welche (Bewegungs)Spiele man in den Kita-Alltag integrieren könne, um das Zahlenverständnis zu fördern. Gerlinde Knisel-Scheuring fürchtet auch, dass die ab Herbst laufende Schuleingangsuntersuchung – 2020 fiel diese aus – größere, während der Corona-Isolation erworbene motorische Defizite zutage fördern könnte.
Noch für Diskussionsbedarf wird wohl auch die Mittagsverpflegung bei den Treffen mit den Kita-Trägern sorgen, denn diese beklagen, dass die von der Stadt bereitgestellten Mittel – die Eltern zahlen nur 30 Euro monatlich – nicht auskömmlich sei – für die gewünschte hohe Qualität.