Monheim Wagenbau Himmlische Hippen und Schrumpfpilze

Monheim · Ein Besuch bei den Wagenbauern der Monheimer Karnevalsvereine lässt über so viel Fingerfertigkeit der Laien staunen. Ein Lehrgang beim Meister Jaques Tilly hat sich positiv auf die Modellierkunst ausgewirkt, statt aus Holz sind die Plastiken jetzt aus flexiblem Kaninchendraht geformt.

Leonie Dopatka kocht Papier mit Kleber für die Figuren-Modellage. Die Hippegarde schwebt heuer auf Wolken durch den Zoch.

Leonie Dopatka kocht Papier mit Kleber für die Figuren-Modellage. Die Hippegarde schwebt heuer auf Wolken durch den Zoch.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

„Es wird himmlisch“ – verspricht Wolfgang Dopatka an diesem geschäftigen Samstagmorgen in der Wagenhalle der Bahnen der Stadt Monheim. Besonders für den Karnevalsverein Hippegarde, der an einem Wolken-Konstrukt mit Mond und Sternen für den Karnevalszug bastelt. Ganz in Weiß und Gold sei das rollende Kunstwerk geplant, sagt der Wagenbaumeister. Und als Gallionsfigur wird ihn eine geflügelte Hippe (für Nicht-Rheinländer: Ziege) überragen. „25 Jahre wird unser Verein alt“, erklärt Kai Krehl, 1. Vorsitzender des Vereins, den künstlerischen Aufwand.

Zuerst war übrigens der super geschmackvolle Jubiläumsorden mit Hippe da. Dazu passend wird jetzt der Wagen gestaltet – ein wahres Kunstwerk, berichtet Dopatka. Seit der letzten Dezemberwoche bringen sich die Monheimer Karnevalisten bereits auf Betriebstemperatur für den Zoch. Sie zeichnen, schneiden, hämmern, sägen, kleben und biegen, was das Zeug hält.

 „Schlicht und edel“ soll der von Dopatka entworfene Jubiläumswagen werden. Der Mann, der Jahrzehnte für den Maschinenbau gezeichnet hat, bewährt sich offensichtlich auch in der aktuellen Funktion. 250 Meter Kaninchendraht hat die Hippegarde bisher verbraucht, ein bisschen Pappe und Holz wurden verbaut und jede Menge Knochenleim verarbeitet.

„Das alles haben wir beim Wagenbaumeister Jaques Tilly gelernt“, erzählt Dopatka, „bei einem Lehrgang, den uns die Stadt finanziert hat“, fügt er mit einem Seitenblick auf den Nachbarwagen an, an den gerade Bürgermeister Daniel Zimmermann Hand anlegt. „Früher haben wir Pappe und Holz verbaut. Die Ergebnisse waren schwerer und weniger haltbar“, sagt Dopatka. „Heute wird gedrahtet.“ Material im Wert von rund 1200 Eurosteckt im himmlischen Hippe-Wagen. „Zum Glück haben wir genug Spenden bekommen“, ergänzt Krehl.

Der Wagen der Peto gibt auf den ersten Blick Rätsel auf: Nanu? Ein paar Champignons lassen sich an der Wagenseite erkennen. Dazu eine Riesenteekanne, die gerade vom gut gelaunten Bürgermeister zu flotter Musik bearbeitet wird. Gerne lüftet er das Geheimnis: Ganz unpolitisch wird auch der Peto-Wagen wieder daher kommen. Stattdessen erscheint er märchenhaft. „Alice im Wunderland“ ist das Vorbild für den Entwurf von Daniel Zimmermann. „Unser Wagen soll Familien mit kleinen Kindern ansprechen“, sagt er. Und schließlich sei das skurrile Märchen mit dem gewieften kleinen Mädchen, das sich in einer völlig absurden Welt durchschlagen muss, auch für Erwachsene interessant, erklärt er. Das überdimensionale Teeservice steht übrigens für die „Nichtgeburtstage“, die in Alices Welt gefeiert werden. Und die Pilze spielen eine wichtige Rolle beim Schrumpfen und Wachsen der Hauptperson.

Die Pläne für den nächsten Wagen hat Zimmermann heute schon im Kopf. Die Frage, wie der viel beschäftigte Bürgermeister das zeitlich alles so hinkriegt, lächelt er in gewohnter Weise weg. Wann immer es passt, steht er seinen sieben Peto-Leuten beim Wagenbau zur Seite. Ein Ausgleich zum stressigen Arbeitsalltag sei das fröhliche Werken in der Halle an der Daimlerstraße kaum. „So philosophisch sehe ich das nicht. Es macht einfach Spaß“, sagt er und wendet sich wieder der riesigen Teekanne zu. Nicht ohne sich an alte Zeiten zu erinnern: „Da sind wir noch mit einem größeren Bollerwagen beim Zug mitgegangen“, sagt er.

Die Peto bleibt sich treu und baut einen Kindermärchenwagen: Laura Töpfer, Barbara Mienkotta und Stephanie Einhäuser (v. li.) reisen mit ihrem Wagen ins „Wunderland“. 	 Foto: RALPH MATZERATH

Die Peto bleibt sich treu und baut einen Kindermärchenwagen: Laura Töpfer, Barbara Mienkotta und Stephanie Einhäuser (v. li.) reisen mit ihrem Wagen ins „Wunderland“. Foto: RALPH MATZERATH

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Aus sieben Entwürfen suchte die Katholische Jugend Monheim denjenigen aus, an dem derzeit bis zu 20 Leute arbeiten: ein Monopoly-Spiel mit den Wahrzeichen der Heimatstadt und natürlich den beiden katholischen Kirchen in Monheim und Baumberg. Nach Typischem muss man in der Rheingemeinde nicht lange suchen: Der Strom, Rheinschiffe, Gänseliesel. „Zwei Jahre haben wir an dem Entwurf gearbeitet. Und jetzt geben wir unser Bestes hier“, sagen die Organisatoren Julia Hannen und Florian Stahlschmidt stolz. Genauso wie die 109er und der Baumberger Bürgerverein, die an den beiden übrigen Kunstwerken Hand anlegen: einem knallroten Feuerwehrwagen und einer pastelligen Candy-Box. Grob überschlagen sind an diesem Samstag vier Generation für den Monheimer Karnevalszug im Einsatz. Die Allerkleinsten üben noch mit Pinsel und Kleber.

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