Monheim Interview „Dünchheim stand Peto näher als uns Alten“

Monheim · 36 Jahre gehörte er dem Monheimer Stadtrat an. Jetzt ist Günter Bosbach (CDU) Polit-Rentner. Er spricht über seine Zeit als Ratsherr und als Polizist in Monheim.

 Günter Bosbach beendet seine Tätigkeit im Stadtrat: Jetzt hat er mehr Zeit für die Gartenarbeit.

Günter Bosbach beendet seine Tätigkeit im Stadtrat: Jetzt hat er mehr Zeit für die Gartenarbeit.

Foto: Matzerath, Ralph (rm)/Matzerath, Ralph (rm-)

Sie haben eine französische Mutter: Wie hat Sie das geprägt? Sprechen Sie Französisch?

Bosbach Sie war Elsässerin, das war problematisch. Meine Mutter ist 1917 als Deutsche geboren, kam als Französin in die Schule. Ich habe die Sprache nicht gelernt, mein Vater wollte das nicht. Er war Jahrgang 1905, kaiserlich geprägt und Frankreich war eben der Erbfeind. Meine Mutter sprach Deutsch mit elsässischem Dialekt, sie hatte es in Monheim ab 1946 nicht einfach, wo alle Platt sprachen.

Sie haben ihre Ausbildung als Polizist aufgenommen, als ihr Vater 1966 in Ruhestand trat, war der ein Vorbild?

Bosbach Ich habe acht Jahre die Volksschule besucht und habe dann mit 14 eine Schlosserlehre am Bahnausbesserungswerk Opladen gemacht. Ich habe dann die mittlere Reife nachgeholt und bin 1966 zur Polizei. Das war schon als Kind mein Berufsziel. Ich war von dem Bild meines Vaters verwöhnt, der neben dem Bürgermeister und dem Pfarrer intensiv am gesellschaftlichen Leben teilnahm.

Sie waren von 1970 bis 2004 in Monheim tätig: Waren das wildere Zeiten als heute?

Bosbach Ich bin ja 1970 gegen meinen erklärten Willen dahin gekommen.

Warum wollten Sie in Monheim nicht Polizist sein?

Bosbach Ich war nie ein Kind von Traurigkeit gewesen, habe als Jugendlicher jeden Unsinn mitgemacht, war nicht der brave Schutzmann-Sohn. Ich fürchtete, daran könnten sich die Älteren und Kumpels erinnern. Insgesamt ging es in Monheim in den Anfangsjahren noch sehr dörflich zu: Früher trank man zusammen sein Bier. Kam es zum Streit, prügelte man sich, danach hat man sich aber wieder vertragen. Heute hat das andere Qualitäten. Mit der massiven Bautätigkeit der „Neuen Heimat“ zogen viele Düsseldorfer Bürger nach Monheim, weil die Stadt Düsseldorf ein Belegungsrecht hatte. Dies veränderte die Gesamtstruktur der Bürgerschaft. Für die Neubürger war Monheim nicht Heimat, sondern nur Schlafstadt. Die Zahl der Straftaten stieg. Vorher hatten überall die Türen offen gestanden, das wurde dann anders.

Warum haben Sie sich 1984 in den Rat wählen lassen?

Bosbach Monheim wurde ja viele Jahre von der SPD mit absoluter Herrschaft regiert. Das hat mich mobilisiert, die Verhältnisse zu ändern. Ich wollte nicht mehr nur im Freundeskreis meckern, sondern mich selber einbringen.

Wie haben Sie sich denn dann mit dem ersten CDU-Bürgermeister Herrn Dünchheim vertragen?

Bosbach Als er 1999 gewählt wurde, herrschte eine große Aufbruchstimmung. Anfangs haben wir uns sehr gut verstanden, er hatte ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein und er war bürgernäher als sein Vorgänger. Er brachte neuen Schwung in die Stadt, entwickelte viele Ideen, wie die Gründung der Sparkassenstiftung, um unseren Kulturbetrieb zu finanzieren. Aber nach seiner Wiederwahl hatten wir keine Mehrheit mehr.

Sie haben dann als Fraktionsvorsitzender ab 2007 Koalitionen mit Peto gesucht...

Bosbach Ich hatte guten Kontakt zu Lisa Riedel (heute Pientak) und habe versucht, Gemeinsamkeiten auszuloten. Der Knackpunkt zwischen mir und Dünchheim war: Ich hatte den Eindruck, dass er seine Ideen mit Peto besprach und erst dann mit uns. Er hat allerdings auch interfraktionelle Gespräche geführt, wo er seine Ideen vortrug, das gibt es heute nicht mehr.

Wann kam es zum Bruch mit Dünchheim? Durch den Kampf um eine zweizügige Konfessionsschule in Baumberg?

Bosbach Es gab mehrere Punkte, wo man das Gefühl hatte, er marschiert nicht auf CDU-Linie. Er hatte eigene Vorstellungen. Wahrscheinlich standen ihm die jungen Peto-Leute näher als wir alten Säcke bei der CDU.

Lasten Sie Dünchheim die Verluste bei der 2009er Wahl an, weil er sich so spät zu seiner Kandidatur erklärt hat?

Bosbach Er hat die Fraktion lange Zeit im Unklaren gelassen. Aber er hat gesagt, ich helfe bei der Kandidatensuche. Er kam alle vier Wochen mit einem anderen Kandidaten. Im Wahlkampf hat er sich dann kaum an den CDU-Ständen sehen lassen. Er hielt Zimmermann für den einzigen geeigneten Nachfolger. Aber Brühland fehlten dann am Ende aber nur 800 Stimmen.

Was hatten Sie gegen die Kandidatur von Frau Prondzinsky?

Bosbach Ich hatte den Eindruck, dass sie nicht das Durchsetzungsvermögen hat, um die verkrusteten Strukturen in der Verwaltung aufzubrechen. Viele Amtsleiter waren ja SPD-Mitglieder, wer von 1979 bis 99‘ was werden wollte, musste ein Parteibuch haben.

Die CDU sagt heute oft, dass Zimmermann in seiner ersten Amtszeit die Früchte einfahren konnte, die Dünchheim gesät hatte.

Bosbach Ja, durch den Grundstückstausch mit Langenfeld hat die Stadt das Gewerbegebiet erworben, wo sich dann Ecolab ansiedeln konnte. Das Unternehmen hatte schon Jahre vorher nach einem Grundstück gefragt. Es war klar, wenn die kommen, würde man über genügend Gewerbesteuereinnahmen verfügen, um den Hebesteuersatz frei zu verfügen. Dann kam der Glücksfall einer großen Gewerbesteuernachzahlung von mehr als 40 Mio Euro. Als dann das Geld floss, war Zimmermann an der Regierung.

Wie war es, gemeinsam mit dem Teenie Lucas Risse Vize-Bürgermeister zu sein?

Bosbach Och, wir haben uns das gut aufgeteilt: Als Pensionär war ich tagsüber verfügbar, der Lucas konnte als Auszubildender erst am frühen Abend. Mir haben vor allem die Gespräche mit den älteren Bürgern gefallen, denn wir haben ja vor allem den Altersjubilaren gratuliert. Ich konnte mit denen auf Augenhöhe über das alte Monheim sprechen, man hatte sich ja fast noch in der Schule getroffen. Als 2014 Peto die absolute Mehrheit gewann, musste ich das Amt leider abgeben. Ich hätte gerne weitergemacht. Meine Frau war darüber nicht so traurig, ich war nämlich sehr viel weg.

Sie gehörten auch dem 1. Integrationsausschuss an: Wie lief das?

Bosbach Das war alles sehr zäh. Da treffen unterschiedliche Nationalitäten mit unterschiedlichen Interessen aufeinander, wobei aber die Türken in der Mehrzahl sind und die Themen vorgeben. Man muss aber auch versuchen, seine Interessen in den Gesamtkonsens einzubinden. Man kann nicht sagen: Wir gehen vor.

Sie haben sich im Rat immer für mehr öffentliche Sicherheit eingesetzt, das wurde aber von der Stadtspitze anders gesehen?


Bosbach
Herr Zimmermann sieht kein Sicherheitsproblem. Er bestreitet einfach, dass manche ältere Leute sich unwohl fühlen, etwa wenn sie den Busbahnhof passieren. Ich wurde da auch noch nicht angemacht, aber sehr wohl schwache ältere Leute mit Rollator. Das bestätigen auch die dortigen Ladeninhaber. Eine absolute Frechheit war ja auch die Kritik an dem KOD-Einsatz: Zimmermann wollte es sich kurz vor der Wahl offenbar nicht mit den 16-jährigen Erstwählern vermiesen.

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