nachhaltiges, biobasiertes Wirtschaften Ausstellungsschiff MS Wissenschaft legt an

Monheim · Waschmittel aus Pilzen, Möbel aus Popcorn, Plastik aus Pflanzen – wie nachwachsende Rohstoffe fossile Ressourcen ersetzen können. Wissenschaftler stellen ihre Projekte vor.

 Dämmstoffplatten aus Popcorngranulat sind naturnah hergestellt. Sie sind leicht und ersetzen umweltschädliches Styropor.

Dämmstoffplatten aus Popcorngranulat sind naturnah hergestellt. Sie sind leicht und ersetzen umweltschädliches Styropor.

Foto: Heiner Witte

Knapper werdende Ressourcen und Flächen bei gleichzeitig wachsender Weltbevölkerung sind ebenso große und globale Herausforderungen wie der Klimawandel und der Rückgang der Artenvielfalt. Die Frage ist: Wie können wir nachhaltiger leben, Ressourcen schonen und gleichzeitig unseren Lebensstandard sichern? Eine mögliche Antwort: Wir wenden uns ab von einer Wirtschaftsweise, die auf fossilen Ressourcen basiert hin zu einem nachhaltigen, biobasierten Wirtschaften: der Bioökonomie.

Im „Wissenschaftsjahr 2020|21 – Bioökonomie“ können Bürgerinnen und Bürger auf vielfältige Weise Einblicke in die neuesten Forschungserkenntnisse gewinnen: So macht von Dienstag, 24., bis Freitag, 27. August, das Ausstellungsschiff MS Wissenschaft auf seiner Tour durch Deutschland und Österreich auch am Schiffsanleger in Monheim Station. „Wir legen auch gerne in kleineren Städten an, wo meist auch das Angebot eines größeren naturwissenschaftlichen Museums fehlt“, sagt Projektleiterin Maren Grüber. An Bord des umgebauten Binnenfrachtschiffs ist eine Mitmach-Ausstellung zum Thema Bioökonomie zu sehen. Mit dem Exponat des IBG-2 Pflanzenwissenschaften am Forschungszentrum Jülich ist auch ein regionaler Aussteller an Bord vertreten. Es befasst sich mit der Frage, wie mithilfe von Algen Abwässer umweltschonend gereinigt und gleichzeitig wertvolle Biomasse erzeugt werden kann. Phosphat, das aus Reinigungsmitteln oder Dünger in der Kläranlage aus Gründen des Gewässerschutzes aus dem Abwasser entfernt werden muss, bleibt nämlich im Klärschlamm nur noch in Formen erhalten, die für Pflanzen nicht nutzbar sind. Die Lösung: Algen. Sie nehmen Nährstoffe wie Phosphat aus dem Abwasser auf. Am Ende der natürlichen Reinigung entsteht Biomasse, die als Dünger oder in Biogasanlagen genutzt werden kann.

Auf dem Ausstellungsschiff MS Wissenschaft können die Besucher und Besucherinnen anhand vielfältiger Beispiele nachvollziehen, dass eine nachhaltige Wirtschaft auf Grundlage nachwachsender Rohstoffe möglich ist. Das Fraunhofer-Institut für Bioverfahrenstechnik untersucht etwa, wie aus bestimmten Brandpilzen Biotenside für den Einsatz als Waschmittel hergestellt werden können. Diese Tenside sind besser abbaubar als die synthetischen. Die TU München forscht, wie herkömmtliches, aus Erdöl hergestelltes Plastik durch Kunststoff aus Pflanzenstärke (Polymilchsäure) ersetzt werden kann.

Hochaktuell in Zeiten der Borkenkäferplage ist die Frage, wie die Lockstoffe von Insekten genutzt werden können, um Felder und Wälder umweltfreundlich vor Schädlingen zu schützen. Der Sonderforschungsbereich ChemBioSys der Deutschen Forschungsgemeinschaft baut chemische Lockstoffe nach, um die Käfer damit gezielt in Fallen zu locken. So kann der Einsatz von Pestiziden deutlich verringert werden. Chemiker der Uni Göttigen wiederum haben festgestellt, dass sich aus Popkorngranulat (und Bindemitteln) stabile und dennoch leichte Platten für die Möbelproduktion fertigen lassen.

Auf dem Ausstellungsschiff können die Besucher viele Facetten der Bioökonomie an rund 30 interaktiven Exponaten entdecken. Auch ethische und politische Aspekte werden beleuchtet: Wie nachhaltig sind Biokraftstoffe? Welche Chancen und Risiken gehen mit neuen Methoden der Pflanzenzüchtung einher? Und wie könnte sich die Weltbevölkerung in Zukunft ernähren?

Eine Lösung für eine fleischarmere Ernährung könnten beispielsweise Insekten oder Fleisch aus Zellkulturen sein. Hier müssten allerdings auch psychologische Barrieren bei den Konsumenten überwunden werden. Auch am momentan noch sehr energieintensiven „Indoor farming“, dem Abbau von Pflanzen in geschlossenen Räumen, wird geforscht – weil es klimaunabhängig überall auf der Welt funktionieren würde.

Das Ausstellungsschiff MS Wissenschaft tourt im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung durch Deutschland und Österreich. Wissenschaft im Dialog (WiD) realisiert die Ausstellung, die Exponate direkt aus der Forschung werden zur Verfügung gestellt von Instituten der Fraunhofer-Gesellschaft, Helmholtz-Gemeinschaft, Leibniz-Gemeinschaft und DFG-geförderten Projekten, Hochschulen sowie weiteren Partnern.

Die Ausstellung wird für Besucherinnen und Besucher ab zwölf Jahren empfohlen. Der Eintritt ist zwar frei, aber eine Anmeldung ist erforderlich.

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