Monheim Diskussion Das zweite Glas Wein einfach mal ablehnen

Monheim · Wer öfter mal „Nein, danke!“ sagt, hilft der Umwelt und sorgt für mehr eigene Zufriedenheit. Die Monheimer Gespräche befassten sich mit dem Thema Konsum und Verzicht. Jeder einzelne könne mit seinem eigenen Verhalten zum Systemwandel beitragen, war man sich einig.

 Bei den Monheimer Gesprächen diskutierten Fachleute unter dem Motto „Danke-Sagen ist gut – Nein-Danke ist besser“ über Konsum und Verzicht.

Bei den Monheimer Gesprächen diskutierten Fachleute unter dem Motto „Danke-Sagen ist gut – Nein-Danke ist besser“ über Konsum und Verzicht.

Foto: Matzerath, Ralph (rm)/Matzerath, Ralph (rm-)

In einer Gesellschaft voller Überfluss und Übersättigung, wo alles immer noch besser geht, „Nein, danke!“ zu sagen, fällt schwer. Das stellte nicht nur der Umweltpsychologe Prof. Dr. Gerhard Reese am Sonntagnachmittag in der Mack-Pyramide beim ersten Monheimer Gespräch der Saison 21/22 fest. In illustrer Runde diskutierten Prof. Dr. Christian Berg (Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft Club of Rome), Rebecca Freitag (Aktivistin, ehemalige UN-Jugenddelegierte für nachhaltige Entwicklung), Annika Patz (Leitung der Abteilung Interkulturalität der Stadt Monheim), und Reese mit Moderatorin Julia Bauer. Sie alle warben dafür, dass es unter Umständen besser für Umwelt und Nachhaltigkeit sowie für die eigene Psyche ist, wenn man sich öfter mal dem Konsum verweigert. „Ich bin dagegen, dass die Geschäfte auch sonntags geöffnet sind“, so Berg, „man kann sonntags auch mal andere Dinge tun als einzukaufen.“

Die Veranstaltung war von vielen aufmerksamen Zuhörer besucht, die wahrscheinlich schon lange mit dem eigenen Konsumverhalten hadern. Ob Fleischverbrauch oder günstige Textilien – „das Gefühl, hier stimmt was nicht, hat mittlerweile doch fast schon jeder von uns“, sagte Rebecca Freitag. Nur danach zu handeln, fällt den meisten offenbar schwer. Unter anderem vielleicht, weil man die Folgen seines nachhaltigen Tuns nicht direkt positiv spürt. „Ich bin seit 20 Jahren Vegetarier, aber ein Feedback habe ich bis heute nicht bekommen“, fasste es Reese in Worte.

„Man sieht wirklich nicht sofort die Wirkung“, pflichtete Berg bei. Dennoch dürfe man nicht ,nach mir die Sintflut‘ denken. Konsumenten, Politiker und Unternehmen sowie jeder einzelne müssten zusammenarbeiten, um einen gemeinsamen Erfolg zu erzielen, waren sich die Fachleute einig. Nur wenn viele Leute an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge anpacken, könne der Systemwandel, der die Welt mit ihren 7,5 Milliarden Einwohnern retten soll, gelingen, zitierte Berg frei ein Kinderlied. Er führte drastisch vor Augen, wie uns die Werbung manipuliert. Zum Beispiel Steve Jobs und sein Leitspruch: „Die Leute wissen nicht, was sie wollen, bis man es ihnen zeigt!“ Das sei die Logik des Marktes, der wir uns widersetzen müssten, stellten die Fachleute klar. Sich mit Herkunft und Produktionsverhältnissen der Ware auseinander zu setzen, müsse oberste Priorität haben.

Annika Patz von der Stadt Monheim machte auf die Fair-Trade-Auszeichnung der Stadt Monheim aufmerksam. Gastro und Einzelhandel würden vor Ort darauf hingewiesen, wo sie nachhaltig einkaufen könnten. Ein ganz kleines Beispiel im so wichtigen Karneval in der rheinischen Stadt seien die fairen Kamellen, die dort geworfen würden. „Die Süßigkeiten stammen aus fairen Handel. Wir schauen beispielsweise darauf, wo und wie der Zucker angebaut wird.“

Warum der Mensch, dem es hier ohnehin schon sehr gut geht, nie genug bekommen kann, war eineinhalb Stunden lang eine bohrende Frage. „Warum kann ich nicht nach dem ersten Glas Wein aufhören? Leckerer wird es nach dem zweiten auch nicht!“, so Freitags durchaus richtige Feststellung. Zufriedenheit ist offenbar etwas, was sich durch Dankbarkeit für das, was man hat, trainieren lässt. „Es gibt so viel, für das wir dankbar sein können. Für Gesundheit, Wohlstand, für die Natur“, so Berg. Braucht man da immer mehr? Und ist dieser Zustand erreicht, wie kann ich den mitteilen?, lautete eine Frage.

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