Monheim Deusser Deusser – Maler und Menschenfreund

Monheim · Der Maler und Kunstpolitiker August Deusser war als Mit-Begründer des Sonderbundes ein Wegbereiter der aufkeimenden Moderne im Rheinland.

Das Bild „Getreidefelder“ entstand in den Jahren 1906/7, als Deusser mit seiner Familie in Monheim lebte.

Das Bild „Getreidefelder“ entstand in den Jahren 1906/7, als Deusser mit seiner Familie in Monheim lebte.

Foto: Antonie-Deusser-Stiftung

Was würde August Deusser wohl empfinden, wenn er heute an der Straße An d‘r Kapell seinem roten Automobil entsteigen würde, der Adresse des inzwischen nach ihm benannten „Hauses am Strom“? Sicherlich würde ihn freuen, dass das 1906 von ihm erworbene Herrenhaus „in nahezu ursprünglich erhaltener Architektur“ vom Heimatbund genutzt und als Ausstellungsstätte für die heimatgeschichtliche Sammlung weiterhin eine Funktion hat. Dort wird auch sein Erbe bewahrt. Genugtuung würde ihm wahrscheinlich auch die Tatsache bereiten, dass die Industrie, die ihn 1912 aus dem ländlichen Idyll vertrieb, inzwischen der Vergangenheit angehört. Selbst sein Lieblingsmotiv, das Pferd, würde er nach wie vor in den Rheinauen antreffen. Nur der große Garten, der ihm die Motive für seine impressionistischen Blumenbilder lieferte, ist inzwischen weitgehend unter Beton und Asphalt verschwunden.

Seine Zeit in Monheim hat Deusser selbst immer „als die glücklichste Zeit seines Lebens“ bezeichnet, erinnern sich die Kinder Ernst und Antonie. „Die ländliche Stille, die Schönheit der Landschaft am Rhein und die unmittelbare Nähe der Städte Köln und Düsseldorf erwiesen sich als eine ideale Umgebung für den Künstler. Dies war die fruchtbarste Zeit seines Schaffens“, heißt es darin. Hier entstanden die meisten seiner Manöverbilder. Als einer der ersten Automobilbesitzer in Monheim besuchte er fast täglich die Manövergebiete der Deutzer Kürassiere auf der Deutzer Heide. Ein weiteres beliebtes Motiv waren die pflügenden Bauern auf dem Feld. Ein Artikel in den Düsseldorfer Nachrichten aus dem Jahre 1969 anlässlich einer Ausstellung der Galerie Paffrath zum 25. Todestag ist mit „Der Künstler und Menschenfreund“ überschrieben. Er habe sich „eng der hiesigen Landschaft verbunden gefühlt, Altertümliches geliebt und still dort geholfen, wo Not eingekehrt war“, heißt es darin.

Blick in einen Raum, der mit Möbeln aus dem Nachlass ausgestattet ist. Die Porträts zeigen Deusser und seine Frau Elisabeth.

Blick in einen Raum, der mit Möbeln aus dem Nachlass ausgestattet ist. Die Porträts zeigen Deusser und seine Frau Elisabeth.

Foto: Schlossgärten Arcen/PETRA LENSSEN

Der gebürtige Kölner hat von 1890 bis 1897 an der Kunstschule Düsseldorf studiert, sich als Meisterschüler von Peter Janssen, dem damaligen Direktor, auf Historienmalerei spezialisiert und anschließend ein Meisteratelier in der Akademie bezogen. Zunächst malt er in der Tradition des Akademiestils militärische Reiterbilder oder Pferde vor dem Flug in dunklen Rottönen, heißt es in einem Aufsatz von Klaus Peters anlässlich einer Deusser-Ausstellung des Heimatbundes 2000. Schon wenige Jahre später vollzieht er in seiner Landschaftsmalerei die Wendung von der naturalistischen Detailbeflissenheit und einer eher dunklen Farbpalette zu der mehr dem Eindruck verhafteten impressionistischen Malerei, die sich auch in kleineren lebhaften Pinselstrichen und leuchtenden Farben ausdrückt.

Gerade in der Vielseitigkeit der von ihm erprobten Stile habe er sich von seinen Düsseldorfer Weggefährten unterschieden, schreibt Peters. Auf der Suche nach neuen Wegen in der Malerei hatte er die Impressionisten entdeckt, denen er auch in Deutschland Geltung verschaffen wollte. Zu den Ausstellungen des von ihm mitgegründeten „Sonderbundes“ (1908) bezog er stets die französische Avantgarde mit ein. Er habe auch in seinen eigenen Werken zwischen Deutschland und Frankreich, dem Impressionismus und Expressionismus vermittelt, schreibt der Feuilletonist Erwin Krupp am 21. August 1972 in der Rheinischen Post. Mit seinen besten Werken sei er „in der Technik und der Kraft seiner künstlerischen Konzepte den Zeitgenossen meilenweit voraus“ gewesen. Bereits in seiner Monheimer Zeit habe er „entschieden persönlicher, zupackender und emotionaler als andere“ gemalt – und an Lebendigkeit gar einen Max Liebermann übertroffen. „Eines seiner bleibenden Verdienste besteht darin, dass er nach der erstarrten Akademiemalerei wieder die Dimension der Bewegung entdeckte“, urteilt Krupp. Auch seine Zeitgenossen haben in der Darstellung der Bewegung seine Fähigkeit gesehen, wie in einer Monatsschrift von 1908 heißt – deshalb waren die edlen Pferde sein begehrtes Studienobjekt.

 Das Bild „Nach dem Sprung“ von 1908 zeigt Deussers Lieblingsmotiv: das Pferd in der Bewegung.

Das Bild „Nach dem Sprung“ von 1908 zeigt Deussers Lieblingsmotiv: das Pferd in der Bewegung.

Foto: Antonie-Deusser-Stiftung

1912 dann „ergriff die Industrie von dem Ort Besitz“, die Rhenania-Werke werden in unmittelbarer Nähe gebaut und Deusser kann „die Zerstörung seines ländliches Idylls nicht ertragen“, erinnern sich die Kinder. Auch weil deren Schulbesuch ansteht, zieht er mit der Familie nach Wiesbaden in das Haus eines verstorbenen Schwagers. In den Landschaftsbildern, die am Mittelrhein und im Rheingau entstehen, ist der Einfluss Paul Cezannes unübersehbar, in den Städtebildern entwickelt er seinen kubistischen, geometrischen Stil fort, setzt die Stadtarchitektur aus roten und blauen Kuben, Würfeln und Dreiecken zusammen, schreibt Peters.

1917 wird Deusser zum Lehrer an die Königliche Kunstakademie Düsseldorf berufen. Im selben Jahr erwirbt er das Schloss Arcen nördlich von Venlo an der Maas, seine Ehefrau Elisabeth ist sehr vermögend. Er restauriert das heruntergekommene Gebäude und verwandelt die ehemalige Brauerei in sein Atelier, lässt den angrenzenden Wald aufforsten, schreibt die Kunsthistorikerin Kerstin Bitar in ihrem Aufsatz „Eine ungewöhnliche Summe vermögender Eigenschaften“. Mit Hilfe eines Passierscheins konnte er jederzeit die holländische Grenze passieren. Wegen gesundheitlicher Probleme – er hat ein Gallenleiden – lehnt er die ihm angetragene Position des Akademie-Direktors ab. Von einer Gallenoperation im Jahre 1921 behält er eine Thrombose zurück, unter der er fortan leidet und die auch am 28. Oktober 1942 seinen Tod in Konstanz herbeiführt. Sein künstlerischer Nachlass wird 1952 nach Zürich gebracht, seit 1972 werden seine Gemälde von der Antonie-Deusser Stiftung auf Schloss Zurzach verwaltet.

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