Langenfeld Mit dem Kanalmeister in die Unterwelt
Langenfeld · Ingo Reiners und sein Kollege Sven Bobe gewährten der RP einen Einblick in das Langenfelder Kanalsystem.
Es fängt langsam an zu regnen, als sich Kanalmeister Ingo Reiners und sein Team an der Rheindorfer Straße für die Begehung fertig machen. Trotz der Nässe herrscht eine heitere Atmosphäre. Der Kanalmeister pfeift seine Männer zur Ordnung. Der Abstieg in den Stammraumkanal ist zwar Routine, aber nicht ungefährlich. Denn hier kommt das ganze Regenwasser aus der Umgebung zusammen. "Was oben als leichter Regen eingeschätzt wird, kann unten schnell zu einer gefährlichen ,Flut' werden", erklärt Reiners.
Die Vorbereitungen beginnen. Ingo Reiners und Sven Bobe steigen in einen weißen Plastikanzug und ziehen den Reißverschluss hoch. Dann geht es rein in die Gummistiefel. Die Schnallen der Sicherheitsgurte klicken ineinander. Die Männer streifen sich die abrutschsicheren Handschuhe über. Dann wird die "Keksdose", eine metallische Box, angebracht. In ihr befindet sich eine Maske, über die man im Notfall bis zu 15 Minuten mit Sauerstoff versorgt wird. Sven Bobe trägt ein Gasmessgerät um den Hals. Es warnt mit einem Dauertonsignal vor etwaigen gefährlichen Gasen. Nun fehlen nur noch die gelben Helme, dann kann es losgehen.
In Langenfeld fließen Schmutz- und Regenwasser durch getrennte Kanäle. Ingo Reiners und seine Leute sind auch für die Reinigung des Reusrather Stammraumkanals zuständig. Hier sammelt sich das Regenwasser aus der Umgebung, das von den Straßen durch Abflussrohre in den Kanal fließt. Regenwasser und Dreck füllen dann ein Sammelbecken. Während der Schlamm sich auf dem Boden absetzt, fließt das Wasser in ein Klärbecken, wo es gereinigt wird. Das saubere Wasser versickert dann über ein großes begrüntes Erdbecken ins Grundwasser.
Der Regen nimmt etwas zu, Reiners und Bobe müssen sich beeilen, denn der Wasserpegel im Kanal ist deutlich angestiegen. Sie positionieren einen Dreifuß über dem Schachteinstieg, befestigen daran ein Rettungsseil und steigen dann über eine Treppe mehrere Meter in dem Schacht hinab. "An einer Begehung sind immer drei Personen beteiligt", erklärt Bobe. "Zwei gehen in den Kanal, und einer bleibt oben". Im Falle eines Unfalls könne so eine Kettenreaktion ausgelöst werden. "Nehmen wir an, mir würde etwas passieren", sagt Ingo Reiners. "Dann würde Sven zum Kanalausgang laufen und draußen Bescheid sagen, dass die Feuerwehr oder ein Krankenwagen benötigt wird". Unten beginnt die eigentliche Arbeit. Es ist dunkel und kalt in dem bis zu zwei Meter breiten Kanal. Auf dem Boden fließt das schmutzige Regenwasser in Richtung Sammelbecken, während sich an den Seiten der Schlamm sammelt. Von der Decke hängen Spinnweben. Ein kreisförmiges Gerüst mit Wasserdrüsen gleitet den Kanal entlang und säubert die Wände. Reiners und Bobe überprüfen sie nach Rissen. "Hier ist schon der Stahlrost zu sehen", sagt Bobe und zeigt auf eine Öffnung in der Wand. "Das muss später gesäubert, mit Rostschutz gesichert und betoniert werden". Die Säuberung des Stammraumkanals findet grundsätzlich einmal im Jahr statt, nach Bedarf auch häufiger.
Mittlerweile steht ihnen das Wasser schon bis unter die Knie. Die beiden müssen jetzt schnell raus. Beim nächsten Ausgang klettert Reiners die Treppe wieder hinauf. Danach folgt Bobe. Der junge Kanalbetriebsarbeiter setzt sich mit einem Seufzer auf den Schachtrand und zieht seinen rechten Gummistiefel aus. Jede Menge Wasser fließt heraus. Bobe grinst. Nasse Socken gehören zu seinem Job dazu.