Monheim Mit 320 PS sanft in die Kurve lenken

Monheim · Wenn Sportwagenfahrer das wüssten: 320 PS Leistung gibt es bereits für 2,40 Euro. Soviel kostet ein einfaches Ticket der Bahnen der Stadt Monheim (BSM). Sanft brabbelt der Reihen-Sechs-Zylinder im knapp 18 Meter entfernten Heck.

 Hat es sich bequem gemacht auf dem Fahrersitz des neuen Busses: RP-Mitarbeiter Dirk Neubauer durfte den Zündschlüssel einmal drehen.

Hat es sich bequem gemacht auf dem Fahrersitz des neuen Busses: RP-Mitarbeiter Dirk Neubauer durfte den Zündschlüssel einmal drehen.

Foto: Ralph Matzerath

"Das ist vom Geräusch her schon ein deutlicher Unterschied zu den Vorgänger-Fahrzeugen", meint Disponent Anefir Degtani. Irgendjemand hat dem Marketing des Herstellers MAN dennoch eingeflüstert, dass ein starker Name für das Gefährt gefunden werden muss. Deshalb heißt es "Lion's City G". Gleich zwei der ultraneuen Gelenkbusse kurven, schadstoffarm nach Euronorm 6, seit einigen Tagen durch die Stadt. Neben der Leistung ist auch ihr Preis sportwagenverdächtig: Rund 278 000 Euro kostet jedes Fahrzeug. Dafür wird es aber auch lange halten. "17, 18 Jahre sollen die beiden Busse bei uns fahren. Dabei werden zwischen 700 000 und 800 000 Kilometer zurücklegen", schätzt Betriebsleiter Michael Hamann.

Platznehmen auf dem wichtigsten Stuhl im ganzen Bus: dem Fahrersitz. Dessen Luftfeder schwingt sanft nach. Das Sitzgefühl ist deutlich komfortabler als im Auto; schließlich handelt es sich hierbei um einen Arbeitsplatz. Um dem unteren Rücken Halt zu geben, lässt sich eine Lordosenstütze punktgenau einstellen. Auf den wichtigsten Knopf unter all den Einstellmöglichkeiten an der rechten unten Sitzkante deutet Disponent Degtani zum Schluss: "Hier können Sie eine Sitzheizung einstellen." Jetzt im Winter, wenn alle paar Minuten die Vordertür aufschwingt, ein gern genommenes Extra. Mit jedem Schwall Kaltluft gibt es für den Fahrer ein neues Wechselbad.

Beim vorsichtigen Dreh am Zündschlüssel flammen neben dem großen Tacho Kontrolllichter auf. Einige, kaum hörbare Klickgeräusche zeigen an, dass hinter dem Armaturenbrett die Elektronik hochfährt. "Diesen Bus können sie morgens nicht einfach so starten wie einen Pkw", erläutert Michael Hamann. Die Bremsen etwa funktionieren - wie bei Lastwagen - per Luftdruck. Den muss eine Pumpe im Bus erst einmal aufbauen, was einige Minuten dauert. Ohnehin sind die Fahrer angehalten, ihren Bus vor Dienstbeginn zu checken: Funktionieren alle Lichter? Liegt eine frische Tachoscheibe im Fahrtenschreiber? Anefir Degtani hat sich angewöhnt, kurz nach dem Rausfahren aus der Halle eine kurze Bremsprobe zu machen. "Dann ist man auf der sicheren Seite."

Die beiden neuen Busse fuhren bisher morgens und Nachmittag im Monheimer Schülerverkehr. Vor allem die Jungs hatten sofort raus, dass es sich um ein völlig neues Fahrzeug handelte: "Boah, das riecht ja total neu." Auf manchen Strecken wurde sofort der Kumpel an der nächsten Haltestelle via Handy informiert: "Ey, ich sitze im vorderen Bus. Der ist komplett neu. Steig auch da ein!" Dass die nächste halbe Stunde etwas, nun ja, lebhafter wird, irritiert Anefir Degtani nicht. Mit ruhigen Bewegungen lenkt er den Bus zur Schulhaltestelle. Auch die 320 PS kommen wohldosiert zum Einsatz: "Mit einem Bus muss sanft in die Kurve lenken."

Sobald die Videoanlagen im Fahrgastraum eingebaut sind, gehen die neuen Gelenkbusse auf große Fahrt. Sie werden auf den Linien 791, 790, 777, 789 und 793 eingesetzt werden. Während sie unterwegs sind, hält ein GPS-Chip ständig die Verbindung zum BSM-Leitstand. Dort weiß die Besatzung immer auf den Meter genau, wo sich der Bus befindet. Und die BSM-Fahrgäste sehen an der Haltstelle, in wie vielen Minuten der nächste Bus kommt. Vielleicht ist es ja einer beiden neuen Löwen.

(dne)
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