Langenfeld Minister lobt "Lokomotive" Langenfeld

Langenfeld · Michael Groschek, Ressortchef Stadtentwicklung, informierte sich gestern über Quartiersarbeit in der alternden Stadt.

Langenfeld: Minister lobt "Lokomotive" Langenfeld
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Eine Stadt ist anders als ein Mensch. Langenfeld zum Beispiel schrumpft nicht, es altert nur. Aber für Marion Prell ist dies schon Herausforderung genug. Seit sie vor zwölf Jahren die Leitung des Sozialdezernats übernahm, wird die erste Frau im Rathaus nicht müde, Langenfeld fit zu machen für eine ergrauende Bürgerschaft. Prell stieß Netzwerke an (Senioren, Demenz etc.), holte die jüngere und mittlere Generation mit ins Boot (Familienmesse, Freiwilligenagentur etc.) und widmet sich seit zwei Jahren besonders der "Quartiersarbeit". Straßenzüge und ganze Stadtteile sollen so zu modernen Dorfgemeinschaften werden, wo Hochbetagten die Endstation "Altersheim" nach Möglichkeit erspart bleibt. Erst regional, später bundesweit und sogar im Ausland hat Langenfeld für diese Pioniertaten Beachtung gefunden. Jetzt zollte auch das Land NRW der Vorreiterkommune Respekt: Bei einem Besuch im Rathaus lobte Stadtentwicklungsminister Michael Groschek (SPD) Langenfeld gestern als "Lokomotive" in Sachen Demografiemanagement.

Der "Quartiersentwicklungsminister", wie Groschek von Kreisdirektor Martin Richter genannt wurde, informierte sich aus erster Hand über das hiesige Netzwerkspinnen: Neben Prell und Richter berichteten ihm gut zwei dutzend Langenfelder aus den beiden "Pilotquartieren" Mitte und Immigrath von ihren Projekten. So schwärmte Klaus Kaselofsky (Arbeiterwohlfahrt) von engeren nachbarschaftlichen Banden aufgrund einer neuen öffentlichen Boulebahn am Awo-Haus Solinger Straße ("Ich fühle mich an meine Kindheit und Jugend in Reusrath erinnert, wo der evangelische Pastor den Laden zusammenhielt"). Und Marita Furthmann-Baur skizzierte die Zusammenarbeit zwischen Felix-Metzmacher-Hauptschule und CBT-Altersheim: Beim Handy- und beim Internet-Führerschein profitierten die Älteren nicht nur vom Wissen der Jüngeren, "beides dient auch dem Abbau von Vorurteilen zwischen den Generationen".

Doch es war nicht alles eitel Sonnenschein im Bürgersaal, auch Probleme wurden angesprochen. Allen voran die Wohnfrage: Wie schaffen wir Wohnraum, der für Ältere geeignet und erschwinglich ist? "In Langenfeld bekommt man kaum noch eine Wohnung unter 650 bis 700 Euro kalt", bemängelte Manfred Peters vom Quartier Immigrath den Anstieg der Mieten, der Rentner härter trifft als andere. Pfarrer Andreas Pasquay von der Evangelischen Kirche forderte, eine schuldenfreie Stadt wie Langenfeld sollte bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen.

Groschek verwies auf die jüngst beschlossene "Mietpreisbremse" und auf 800 Millionen Euro Landeszuschüsse ("Das verschenken wir an Investoren"), Prell auf die von der Stadt in Auftrag gegebene Wohnungsmarkt-Untersuchung. Zudem mahnte sie eine Wiedereinführung der Fehlbelegungsabgabe durch das Land an, um sozial geförderten Wohnraum nicht an die falsche Zielgruppe zu verschwenden.

Wie auch immer: Bezahlbare, barrierearme Immobilien sind in aller Interesse, wie Kreisdirektor Richter darlegte: 75 Prozent der Altersheimbewohner wären nach einer Studie in den eigenen vier Wänden geblieben. Eine Alternative, die auch für die öffentliche Hand deutlich billiger wäre. "Wenn wir nichts tun, dann explodieren im Kreishaushalt die Pflegekosten bis 2020 binnen eines Jahrzehnts von 20 auf 40 Millionen Euro." Norbert Müller, Geschäftsleiter der beiden CBT-Häuser in Langenfeld und Baumberg, denkt bei "ambulant vor stationär" auch an das Potenzial derjenigen, die ein Altersheim auch wieder verlassen können: "Drei sind voriges Jahr bei uns ausgezogen, aber es war wahnsinnig schwer, betreuten Wohnraum für sie zu finden."

Minister Groschek stellte eine Reform der Landesbauordnung in Richtung "barrierefrei" in Aussicht, sagte aber auch: "Eine soziale Stadt kann man nicht bauen, eine soziale Stadt muss gelebt werden." Zum Beispiel durch Zurückholung des Dorfes in die Stadt, wie Langenfeld es versucht.

(RP)
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