Zugabe Unser Senf Zum Wochenende Michaela Noll, sagen Sie es ungeschminkt

Langenfeld · Beim CDU-Parteitag in Langenfeld hat die Berliner Abgeordnete verbale Prügel einstecken müssen. Hoffentlich gibt sie ohne Beschönigung weiter, was in der Provinz los ist.

Erinnern Sie sich an die Szene in der "Feuerzangenbowle", diesem wunderbaren Rühmann-Film von 1944, als "Marion", die Vermählte von Dr. Johannes Pfeiffer, auf der Suche nach ihrem berühmten Dichter-Gatten, in das Provinzgymnasium hereingerauscht kommt? "Ich komme aus Berlin", säuselt die mondäne Hauptstadt-Dame meiner Erinnerung nach auf dem Flur zu Professor Bömmel. Der kontert, wie es sich für einen schlagfertigen Rheinländer (Darsteller Paul Henckels stammte aus Hürth) gehört, ungefähr so: "Dat sieht man, dass Sie aus Berlin sind."

Ich selbst habe am Mittwochabend in der Langenfelder Stadthalle an diese Szene gedacht. Auch da kam eine Dame aus Berlin hereingeschritten. Ein wenig verspätet, weshalb sich alle Blicke auf sie richteten. CDU-Stadtparteitag, die 71 anwesenden Mitglieder begrüßten ihre Bundestagsabgeordnete Michaela Noll mit Beifall. "Fünfundfünfzig, alle Achtung", sagte ein CDU-Mann zu seinem Sitznachbarn, voller Anerkennung für die schöne Frau in dem figurbetonten leuchtendroten Kleid. Michaela Noll - keine Frage - ist - Stil! - einer Hauptstadt würdig.

Die Frage ist nur: Braucht die Provinz Hauptstadt? Oder wäre in der aktuellen Lage nicht mehr Provinz für die Hauptstadt angebracht? Jetzt, da Berlin so tut, als sei der Anspruch eines Staates, seine eigenen Grenzen zu kontrollieren, reine Theorie, und die Kommunen diese einwanderungspolitische Praxis auszubaden haben? Für den Provinz-Bürgermeister Frank Schneider (und vermutlich die Mehrheit des deutschen Volkes) ist diese Haltung ein Offenbarungseid. Bei seiner Brandrede am Mittwoch stand dem CDU-Mann die Sorge darüber ins Gesicht geschrieben.

Michaela Noll war diese Sorge nach meinem persönlichen Eindruck weder anzusehen noch - schlimmer - anzumerken. Die von Schneider bezogenen "Prügel" waren leicht genannt. Auch, dass Kommunalverbände und -vertreter sie und andere Parlamentarier bei einem Treffen in Berlin "zusammengefaltet" hätten, kam in einer routinierten Tonlage rüber. Zerknirscht sein sieht anders aus.

Ich hoffe, ich irre mich. Man kann schließlich auch den attraktivsten Menschen nicht in den Kopf schauen. Zumal denjenigen nicht, die darauf konditioniert sind, eingeschlagene Marschrichtungen als nicht völlig verkehrt ausschauen zu lassen. Michaela Noll hat in dieser Woche viel gesehen und gehört im Kreis Mettmann, in- und außerhalb der Flüchtlingsunterkünfte. Sie sollte es ungeschminkt in die Hauptstadt weiterleiten. Besser spät als nie.

(RP)
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