Monheim Menschliches Versagen gilt als wahrscheinlich

Monheim · Als Reaktion auf den Zugunfall in Gladbeck wird der Aufsichtsrat der BSM in seiner ersten Sitzung im neuen Jahr entscheiden, bis zu welcher Risikoklasse die Stadttochter künftig Aufträge im Güterverkehr annehmen darf.

Knapp sechs Wochen nach dem Unfall in Gladbeck, bei dem ein von einem Lokführer der Bahnen der Stadt Monheim (BSM) gesteuerter (leerer) Gefahrgutzug mit einem Kohlezug kollidierte und entgleiste, ist die Unfallursache noch immer nicht eindeutig geklärt. "Das Eisenbahnbundesamt ermittelt noch", sagt Eisenbahnbetriebsleiter Stefan Kunig. Rein eisenbahnrechtlich bewertet, müsse man aber wohl von menschlichem Versagen ausgehen. Denn nach den Richtlinien muss derjenige, der einen fremden Zug nach dem Zusammenstellen übernimmt, eine Bremsprobe machen. Sie gilt als elementar für die Zugvorbereitung. Möglicherweise hat dies der 53-jährige BSM-Mitarbeiter versäumt.

"Fakt ist, dass der Lufthahn zwischen dem ersten und zweiten Wagen nicht geöffnet war", so Kunig. Daher war die Druckluftverbindung zwischen dem ersten und den restlichen sieben Wagen unterbrochen. Die Unfalluntersuchungskommission müsse nun klären, ob sich der Hebel eventuell beim Umstürzen der Wagen selbstständig umgelegt hat. Was die Ursachenforschung in dem Trümmerfeld zusätzlich erschwert: Der Zettel, auf dem der Sicherheitscheck dokumentiert worden war, war abgerissen. "Man muss nun aus Fragmenten die Wahrheit lesen", erklärt Kunig. Der Mitarbeiter selber sei noch immer nicht ansprechbar, er befinde sich zwar nicht mehr im künstlichen Koma, werde aber weiterhin ruhiggestellt.

Auch wegen des noch ausstehenden Abschlussberichts wurde bei der Sondersitzung des Aufsichtsrates noch nicht über eine mögliche Weichenstellung in der künftigen Geschäftspolitik der BSM diskutiert. Schon rein aus formalen Gründen –wegen der kurzen Einladefrist – hätte man keinen Beschluss fassen können, sagt Aufsichtsratsvorsitzender Daniel Zimmermann. Der Geschäftsführer und der Eisenbahnbetriebsleiter der BSM sollen jetzt erst einmal alle Aufträge im Güterverkehr unter die Lupe nehmen und sie in Risikoklassen einordnen. Der Aufsichtsrat müsse dann entscheiden, bis zu welcher Risikoklasse sich dieses Geschäftsfeld künftig erstrecken soll.

Eines der vier Standbeine im Eisenbahnverkehr droht der BSM allerdings von anderer Seite weggeschlagen zu werden. Denn die Deutsche Bahn erwägt, aus dem Geschäft mit Autoreisezügen auszusteigen. Seit 2005 koppeln die BSM im Düsseldorfer Hauptbahnhof im Auftrag der Bahn bei abfahrenden Zügen die Autotransportwagen an die Reisezüge an und fahren sie bei ankommenden Zügen nach dem Abhängen zur Entladung an die Rampe.

"Wir haben einen laufenden Vertrag mit der Bahn", erklärt Kunig und versichert, dass von den Streichungen zunächst nur Berlin betroffen sei, nicht aber Düsseldorf. "Hier ist die Nachfrage sehr groß, auch von Holländern und Belgiern wird das Angebot gerne genutzt – aber irgendwann wird hierzu eine Entscheidung gefällt."

(RP)
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