Langenfeld Marode Klinikkirche vor der Schließung

Langenfeld · Tellergroß bröckelt Putz. Weil für die Gesundheit der Besucher nicht mehr garantiert werden kann, sieht sich die LVR-Klinik gezwungen, nach 114 Jahren eine Schließung ihrer Kirche ins Auge zu fassen.

 Der Chor ist noch schön, doch an den Seitenwänden bröckelt großflächig der Putz, wie Pfarrerin Birgitt Horstmann-Knigge und Rolf Gassen zeigen.

Der Chor ist noch schön, doch an den Seitenwänden bröckelt großflächig der Putz, wie Pfarrerin Birgitt Horstmann-Knigge und Rolf Gassen zeigen.

Foto: ola

Selbst von seiner Schwiegermutter hat sich Holger Höhmann dafür schon einen Rüffel eingefangen. "Warum lässt du deine Kirche so verkommen", habe sie ihn gefragt, erzählt der Kaufmännische Direktor der LVR-Klinik in Reusrath. Ihre Zustandsbeschreibung trifft's: Wer den Blick vom farbenprächtigen Chorfenster im Nazarener-Stil schweifen lässt hin zu Seitenwänden und Gewölbe, sieht großflächig den Putz bröckeln. Allein: "Der Klinik fehlt das Geld für die Sanierung", seufzt Höhmann — und zeigt sich ratlos, wer sonst für die auf 350 000 Euro veranschlagten Reparaturkosten aufkommen soll. Geschieht nicht noch ein Wunder, wird die Klinik nach Worten ihres Chefs binnen der nächsten zwei Monate über eine Schließung des Baudenkmals befinden müssen: "Wir dürfen nicht riskieren, dass jemandem der Putz auf den Kopf fällt."

Leicht wird sich die Klinikleitung die Entscheidung nicht machen. Das Gotteshaus im vorwiegend neugotischen Stil, im Gründungsjahr der Klinik (1900) errichtet, ist denkmalgeschützt und als Simultankirche eine Rarität: Beide Konfessionen nutzen den Backsteinbau. Rechts vom Altar haben die Katholiken ihre Sakristei, links die Protestanten. Pfarrerin Birgitt Horstmann-Knigge hält jeden Mittwoch entweder einen Gottesdienst ab oder ein offenes Singen. Sonn- und feiertags zelebriert ihr katholischer Kollege Winfried Schwarzer die Messe — für die Patienten der Psychiatrie, aber auch für Besucher von außerhalb. "Diese Seelsorge ist kein Luxus. Unsere Patienten sind darauf angewiesen", sagt Höhmann.

Warum steckt die Klinik dann kein Geld in ihre Kirche? "Weil dies unser Budget nicht zulässt. Wir schreiben eine schwarze Null. 350 000 Euro extra würden uns in die Verschuldung stürzen", wehrt der Verwaltungschef ab. Kein Spielraum bei 60 Millionen Euro Bilanzsumme? "Man darf nicht vergessen, dass 80 Prozent Personalkosten sind." Auch was andere öffentlich-rechtliche Kassen angeht, gibt sich Höhmann keiner Illusion hin: "Die Stadt wird sich — verständlich — für ein LVR-Gebäude nicht zuständig fühlen, die Kämmerin des Landschaftsverbands hat schon abgewunken, und die Kirchengemeinden stehen selbst unter Spardruck." Bleibt der Förderverein der Klinik. Dessen Vize-Chef Rolf Gassen ist ein Klinkenputzer vor dem Herrn, aber die 350 Mille dürften selbst für ihn eine Nummer zu groß sein. "Wir haben zuletzt erst 35 000 Euro für die Sanierung der Fallrohre und die Abdichtung der Decke aufgebracht", berichtet der Alt-Vizebürgermeister. "Das Problem: Die Hauptbeträge für solche Reparaturen kommen immer von denselben Spendern", sagt Gassen und nennt Stadtwerke und Sparkasse. "Deren Möglichkeiten sind irgendwann ausgereizt."

Gleichwohl: Ganz aufgegeben hat Gassen die Hoffnung auf Rettung noch nicht: "Vielleicht fassen sich jetzt viele ein Herz und spenden für die Kirche." Für manche Patienten, besonders aus der Forensik, sei sie der "einzige Ort, an dem diese Menschen Abschied nehmen können von verstorbenen Angehörigen". Auch Pfarrerin Horstmann-Knigge wünscht sich einen Erhalt des sakralen Raums, für Gottesdienste, aber auch fürs Singen: "Denn Singen ist heilsam."

(RP)
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