Langenfeld Langenfelder Ex-Rechtsanwalt verurteilt

Langenfeld · Als Rechtsanwalt hatte ein 55-Jähriger bis 2009 eine Kanzlei in Langenfeld geführt. Weil er in dieser Zeit mehrfach Geldbeträge bis zu 35 000 Euro unterschlug, die er und seine Kollegen für Mandanten bei Versicherungen erstritten hatten, musste er sich am Donnerstag vor dem Langenfelder Amtsgericht verantworten.

"Es tut mir alles sehr leid", sagte der geständige Angeklagte, bevor ihn der Richter zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilte. Damit ist indes nur ein kleiner Teil der Vorwürfe strafrechtlich entschieden. In einem umfangreichen Ermittlungsverfahren der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft, bei dem es um Anlagebetrug geht, gilt der 55-Jährige als mutmaßlicher Drahtzieher.

Seit drei Jahren laufen die Ermittlungen. Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Ralf Möllmann gibt es 39 Beschuldigte. Der Prozesstermin vor dem Landgericht sei noch nicht abzusehen. "Selbst für unsere Schwerpunktabteilung Wirtschaft ist das ein ungewöhnlich aufwändiges Verfahren." Die Summe, um die Immobilien-Anleger mit falschen Renditeversprechen gebracht worden sein sollen, liege bei 15 Millionen Euro. Bei einer Durchsuchung von Kanzleien, Wohnungen und Call Centern waren 2009 laut Staatsanwaltschaft rund 1500 Aktenordner ("davon mehrere hundert bei dem Langenfelder Rechtsanwalt") sowie Unmengen von Computerdateien beschlagnahmt worden. Möllmann: "Es sind neun Terabyte auszuwerten, allein rund 100 000 E-Mails. Es ergeben sich daraus immer weitere Nachforschungen."

Der 55-Jährige, der Ende 2009 seine Zulassung bei der Rechtsanwaltskammer zurückgab, soll mit einem weiteren in der Region ansässigen Rechtsanwalt mehrere Beteiligungsgesellschaften gegründet haben, darunter die ISS (Immobilien Schutz und Service) AG. Die Betrugsmasche funktionierte laut Staatsanwaltschaft so: Über so genannte Inhaberschuldverschreibungen versprachen Telefonverkäufer Anlegern Renditen um die sieben Prozent, die mit Immobiliengeschäften vor allem nach Zwangsversteigerungen erwirtschaftet werden sollten. Tatsächlich seien Gelder aber anderweitig verwendet worden, die gegründeten Firmen seien allesamt pleite. Möllmann: "Wo die Millionenbeträge gelandet sind, versuchen wir derzeit sehr arbeitsintensiv anhand der Buchungen zu ermitteln."

"Ich dachte seit 2000, dass ich in der Lage sei, mich im Immobiliengeschäft unternehmerisch zu betätigen", sagte der 55-Jährige in der gestrigen Verhandlung vor dem Langenfelder Amtsgericht. "Doch Anfang 2008 begannen diese Firmen auseinander zu brechen." Weil er Mitarbeitergehälter und Miete der Kanzlei nicht bezahlen konnte, habe er die aus Unfallschadensregulierungen oder sonstigen Versicherungszahlungen auf dem Konto eingegangenen Gelder nicht an die Mandanten ausgezahlt. 2009 versicherte er eidesstattlich, dass er kein Vermögen mehr besitzt.

Das tat mittlerweile auch ein 48-Jähriger, der in der Kanzlei zunächst angestellt, dann Partner war, die Kanzlei nach dem Rückzug des 55-Jährigen weiterführte und gestern ebenfalls angeklagt war. Doch der Richter sprach den 48-Jährigen vom Vorwurf der Veruntreuung frei, weil er keinen Zugang zum Kanzleikonto hatte und die krummen Geschäfte nicht mitbekommen habe. "Und weil er selber Opfer ist." Der Jurist gab seine Zulassung als Rechtsanwalt zurück, trägt nur noch mit Minijobs zum Lebensunterhalt seiner dreiköpfigen Familie bei.

(RP/ac)
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