Langenfeld Jugendliche Straftäter und Opfer im Blick

Langenfeld   · Oberstaatsanwalt Uwe Kessel hat jetzt eine Dependance im Langenfelder Amtsgericht.

 Staatsanwalt Uwe Kessel will sich im Südkreis vor allem um die Themen Opferschutz und Video-Überwachung kümmern. An Bahnhöfen und neuralgischen Punkten sollen mehr Kameras installiert werden. Auch Schulhöfe ließen sich so besser vor Vandalismus schützen, ist Kessel überzeugt. 

Staatsanwalt Uwe Kessel will sich im Südkreis vor allem um die Themen Opferschutz und Video-Überwachung kümmern. An Bahnhöfen und neuralgischen Punkten sollen mehr Kameras installiert werden. Auch Schulhöfe ließen sich so besser vor Vandalismus schützen, ist Kessel überzeugt. 

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Seit sechs Wochen hat Uwe Kessel von der Staatsanwaltschaft Düsseldorf im Langenfelder Amtsgericht eine Dependance. Das helle Büro mit Schreibtisch und Besprechungstisch im Parterre gefällt ihm gut. Für seine Arbeit vor Ort hat er viele Ideen.

Herr Kessel, brennt es in Langenfeld so sehr, dass es eines eigenen Staatsanwaltes bedarf?

Kessel Langenfeld bietet sich thematisch und logistisch für ein solches Projekt an, einen Kriminalitätsschwerpunkt haben wir im Vergleich zum Landesdurchschnitt aber nicht.

Warum also sitzen Sie hier?

Kessel Wir wollen „in der Fläche“ Präsenz zeigen und ein Signal für eine nachhaltige Strafverfolgung setzen. Dafür bin ich an ein bis zwei Tagen in der Woche hier. Außer für Langenfeld bin ich auch noch für Monheim und Hilden zuständig. Zum einen nehme ich hier regelmäßig an Sitzungen teil und verschaffe mir einen Überblick über aktuelle Verfahren. Und dann geht es auch um kurze Wege.

Die sehen wie aus?

Kessel Ein Beispiel: Die Polizei hat einen Tatverdächtigen, der sich bisher dem Gericht entzogen hat, endlich festgenommen, um ihn in Langenfeld dem Richter vorzuführen. Um ihn verurteilen zu können, benötigen wir eine aktuelle Auskunft aus dem Bundeszentralregister über die Vorstrafen des Mannes. Wenn ich vor Ort bin, kann ich das sofort per Internet erledigen. Auch Akten kann ich kurzfristig für Gerichtstermine beschaffen. So konnten wir in diesem Fall den Täter noch am gleichen Tag verurteilen. Sonst hätten wir einen neuen Termin ansetzen müssen. Meine Anwesenheit am Amtsgericht spart Zeit und Geld.

Wie steht es generell um die Kriminalität bei uns auf dem Land? In Langenfeld beispielsweise halten sich über Jahre hinweg hartnäckig Gerüchte über Schutzgelderpressungen durch einen libanesischen Clan. Ist da was dran?

Kessel Genaues kann und möchte ich dazu derzeit nicht sagen. Es gibt hier aber Clan-Strukturen, die wir verstärkt im Blick haben.

Und drüber hinaus?

Kessel Daneben bin ich spezialisiert auf Umweltkriminalität, ärztliche Behandlungsfehler und Luftverkehrssachen sowie Brandstiftung. Ich habe zum Beispiel beim Düsseldorfer Flughafenbrand ermittelt.

Brandstiftung ist besonders in Monheim ein Thema . . .

Kessel Auch in Langenfeld. In Monheim haben die Brandstiftungen nachgelassen. Wir haben jetzt erst jemanden geschnappt, der in Langenfeld zehn Wohnmobile angesteckt hat. Er muss für achteinhalb Jahre in Haft.

Sie treten aber auch in die Fußstapfen ihres Vorgängers und arbeiten in der Kriminalitäts-Prävention?

Kessel Ich bin unter anderem als Präventionskoordinator hier. Es gibt das Projekt Gelbe Karte. Durch das soll die Anklage eines Jugendlichen mit geringeren Straftaten – wie Ladendiebstahl oder leichte Körperverletzung – verhindert werden. Polizei, Jugendgerichtshilfe und Staatsanwaltschaft setzen sich zum Gespräch mit dem Jugendlichen zusammen und erarbeiten Vorschläge. Diese persönliche Ansprache macht mehr Eindruck als ein Brief an den jungen Täter. Neu ist ein anderes Konzept für unter 14-Jährige, die noch nicht strafmündig sind. Es heißt „Kurve kriegen“. Jugendamt und Polizei suchen die Kandidaten aus, die man vielleicht noch vor Schlimmerem bewahren kann. Wenn sie einsichtig sind, bekommen sie eine Chance.

Jugend ist auf jeden Fall Ihr Thema?

Kessel Ja. Ich habe selbst zwei Söhne, die heute 21 und 24 Jahre alt sind. Der Ältere hat nach einer Projektwoche in der Schule gegen Drogen und Alkohol nie eine Zigarette angefasst. Das hat mir imponiert. Das möchte ich auch in hiesigen Schulen anregen.

Fahren Sie eigentlich selbst raus zum Ermitteln, wie viele Fernseh-Staatsanwälte?

Kessel Ich ermittle selbst nicht vor Ort, sitze aber hier nicht nur am Schreibtisch, sondern fahre auch raus und suche den Kontakt mit Polizei, Städten, Jugendamt und anderen Organisationen, z.B. dem Weißen Ring. Zwei Dinge liegen mir noch am Herzen, die ich verstärken möchte: den Opferschutz. Da möchten wir vor Ort mehr machen. Und dann die Video-Überwachung.

Wie könnte das aussehen?

Kessel Ich möchte an Bahnhöfen und neuralgischen Plätzen Video-Kameras einsetzen lassen. Besonders auch dort, wo viele Fahrräder gestohlen werden, wie an der S-Bahn Langenfeld. In Hilden gibt es z.B. überhaupt keine Video-Überwachung am S-Bahnhof.

Datenschützer sehen das aber nicht so gerne?

Kessel Ich weiß, deren Interessen kann man aber mit einer schnellen Löschung der Daten Rechnung tragen, wenn man weiß, dass nichts passiert ist. Oft kann man aber nur durch Videoaufnahmen den Täter dingfest machen. Nur so kann man schnell und sicher den Täter ermitteln. Wir hatten in Düsseldorf eine tödliche Messerstecherei vor einer Disco. Da hat jeder Zeuge den Täter anders beschrieben. Ohne die Kameraaufzeichnung hätten wir den Tatnachweis nie führen können. Auch Treffpunkte für Vandalismus würde ich gerne so überwachen oder sichern lassen. Beispielsweise Schulhöfe.

Das ist eine Menge, was Sie da anpacken wollen...

Kessel Zuletzt möchte ich Schulungen für die Polizei vor Ort anbieten, etwa zu den Gebieten: Was frage ich bei Vernehmungen ab? Wie verhalte ich mich als Zeuge vor Gericht? In wichtigen Verfahren übernimmt die Polizei eine Gefährder-Ansprache. Da muss man wissen, wie die aussieht, um effektiv zu sein. Schließlich soll sie den Täter von weiteren Straftaten abhalten.

Ob wir alles so schaffen, weiß ich nicht. Wir bleiben aber dran.

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