Langenfeld Notfallseelsorger hören zu und trösten

Langenfeld · Die ökumenische Notfallseelsorge im Kreis wird von Pfarrer Jürgen Draht und Guido Boes koordiniert.

 Jürgen Draht und Tanja Bobe sind als Notfallseelsorger in Langenfeld unterwegs.

Jürgen Draht und Tanja Bobe sind als Notfallseelsorger in Langenfeld unterwegs.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Tanja Bobe (43) hatte frei und wollte gerade zum Einkaufen gehen, als ihr Handy klingelte: Es war ein Anruf der ökumenischen Notfallseelsorge. Die ehrenamtliche Mitarbeiterin wurde dringend als Beistand für eine Angehörige gebraucht. Deren Mann war seit längerem schwer krank. Doch sein Tod während der Nacht kam unerwartet. Die Frau fand ihn morgens leblos im Bett. Und jetzt war sie verzweifelt, brauchte jemanden, mit dem sie reden konnte. Das tat Tanja Bobe. Sie beschreibt sich selber als „zupackend“ und „taff“. Sie „wolle Dinge gerne selber lösen“, sagt die alleinerziehende Mutter eines neunjährigen Sohnes und einer  14-jährigen Tochter.

Doch manchmal stimme es sie traurig mitzuerleben, wie alleine die Menschen doch sind, wenn ein Angehöriger stirbt.

Tödliche Unfälle auf der Autobahn, Suizid, ein Gewaltdelikt oder plötzlicher Kindstod – Notfallseelsorger unterstützen Hinterbliebene bei vielen Schicksalsschlägen. Vor rund einem Jahr hat sich die ökumenische Notfallseelsorge im Kreis Mettmann gegründet. 2018 haben sich die evangelischen Kirchenkreise Düsseldorf-Mettmann, Niederberg, Leverkusen und das katholische Kreisdekanat Mettmann zusammengetan und mit dem Kreis Mettmann eine Vereinbarung geschlossen, die die Arbeit der Notfallseelsorger regelt. Pfarrer Jürgen Draht (Kirchenkreis Düsseldorf-Mettmann) und der Langenfelder Guido Boes (Erzbistum Köln) koordinieren die Aufgaben.

Tanja Bobe arbeitet als Büroangestellte im Baugewerbe und will ehrenamtlich helfen, weil „so viel auf hohem Niveau gejammert wird“. Sie ist seit zwei Jahren dabei und sagt, auch nach dieser recht langen Zeit, einer intensiven Schulung und monatlich stattfindenden Gesprächsrunden mit den anderen Ehrenamtlichen, „kann man sich auf die Einsätze kaum vorbereiten“. Jeder sei anders. Jeder Mensch reagiere auf seine ganz individuelle Weise. Trauer könne still sein, mit vielen Worten oder auch mit Wut ausgedrückt werden. Feindseligkeiten habe sie aber während der Einsätze glücklicherweise noch nie erlebt.

Mehr als 60 hauptamtliche und rund 40 ehrenamtliche Notfallseelsorger zwischen 30 und 70 Jahren leisteten die Einsätze. Fünf der Ehrenamtlichen kommen aus Langenfeld. Einer aus Monheim. 189 mal wurden die Helfer im vergangenen Jahr gerufen. „Das war ein absoluter Höhepunkt“, berichtet Jürgen Draht. Im Mittelwert werden die ehrenamtlichen Notfallseelsorger in 120 bis 150 Fällen pro Jahr angefragt.

Doch nicht jeder, der mitarbeiten möchte, wird auch eingesetzt. „Wir gucken uns die Bewerber genau an“, sagt der Pfarrer. „Sie müssen eine stabile Persönlichkeit haben und empathisch sein.“ 120 Stunden sind für die Schulung angesetzt, die abends und an den Wochenenden stattfindet.

„Wir vermitteln, wie sich Menschen unter psychischen Belastungen verhalten können, üben zu kommunizieren und sprechen über Trauer und Schuld. Kulturelle Unterschiede im Verhalten würden ebenfalls angesprochen. Dass die Notfallseelsorge einen christlichen Hintergrund habe, störe Menschen anderer Glaubensrichtungen nicht. „Die Menschen sind einfach froh, dass jemand zuhört“. Die Helfer würden entweder von den Einsatzkräften gerufen oder kämen auf Wunsch der Angehörigen, sagt Draht. „Und wir überbringen in Begleitung der Polizei Todesnachrichten“ – beispielsweise bei Unfällen oder Gewaltverbrechen.

Familien werden immer kleiner, der Bekanntenkreis schrumpft mit zunehmendem Alter – da sei  es hilfreich, wenn jemand kommt, der Freunde oder Angehörige entlaste, erlebt der Pfarrer. Die seien oft dankbar, weil sie selber nicht wüssten, wie sie trösten können. Doch nicht alle wollten reden. Manchmal müsse man den Tod auch einfach gemeinsam in Ruhe und ohne Worte aushalten.

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