Stadtmuseum Wenig Menschen – alte Bilder mit Gegenwartsbezug

Langenfeld · Seit Dienstag ist sie nun also endlich zu besichtigen – die Ausstellung „Mit kühlem Blick“. Nach der corona-bedingten Zwangspause ist das Stadtmuseum wieder geöffnet. Und die vor zwei Monaten aufgehängten 48 Bilder aus den 1920er-Jahren haben mit der Pandemie einen ungeahnten Gegenwartsbezug bekommen.

 „Neue Sachlichkeit“: Museumschefin Dr. Hella-Sabrina Lange betrachtet Werke von Otto Möller ( „Bahnhofsplatz in Steglitz“; 1926; l.) und Ernst Fritsch („Avenue in Paris“; 1929).

„Neue Sachlichkeit“: Museumschefin Dr. Hella-Sabrina Lange betrachtet Werke von Otto Möller ( „Bahnhofsplatz in Steglitz“; 1926; l.) und Ernst Fritsch („Avenue in Paris“; 1929).

Foto: Rheinische Post/Stephan Meisel (mei)

„Es ist schon ein merkwürdiges Gefühl“, sagt Museumschefin Dr. Hella-Sabrina Lange, als sie mit uns am Nachmittag vor den Bilderwänden steht. Denn viele der dort vereinten Werke von Künstlern der Stilrichtung „Neue Sachlichkeit“ zeigen menschenleere, allenfalls von wenigen Randfiguren belebte Städte oder Landschaften.  So wie es hundert Jahre später ungeahnte Wirklichkeit wurde.

Am ersten Tag der Wiedereröffnung nutzten bis zum Nachmittag nur etwa ein Dutzend Besucher die Gelegenheit, sich mit Mund-Nase-Maske die Bilder von Otto Möller, Alexander Kanoldt, Gerta Overbeck und anderen Künstlern der Neuen Sachlichkeit anzuschauen. Geprägt hatte diesen Begriff eine gleichnamige Ausstellung 1925 in der Mannheimer Kunsthalle. Dort waren auch Werke der meisten Maler zu sehen, deren Werke der Sammler Frank Brabant dem Stadtmuseum als Leihgabe bis zum 11. Oktober überlassen hat.

In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen haben die Künstler der Neuen Sachlichkeit sehr nüchtern wirkende Bilder gemalt. „Das Desaster des Ersten Weltkriegs hatte die Aufbruchsstimmung des beginnenden 20. Jahrhunderts und die Ideen eines künstlerischen Neuanfangs vernichtet“, beschreibt Lange die Gefühlslage. „In der damaligen Unsicherheit vor der Zukunft  entstanden Bilder von Kühle und Distanz.“

Das gilt nicht nur für den von Alexander Kanoldt 1919 gemalten „Kreuzgang“ oder die auf dem Foto abgebildeten Straßenszenen von Otto Möller ( „Bahnhofsplatz in Steglitz“; 1926) und Ernst Fritsch („Avenue in Paris“; 1929). Auch das für den Ausstellungskatalog als Titelbild ausgewählte Menschenporträt drückt Distanz aus. Ulrich Neujahrs Porträt (Tatjana Magid-Riester; 1928) zeigt eine junge Frau mit kühlem Blick – eben dem Ausstellungstitel.

Es handelt sich um den ersten Teil einer vom Land bezuschussten Doppelschau zur Kunst der Neuen Sachlichkeit. Ab Anfang 2021 folgen schwerpunktmäßig dem Verismus zugeordnete Werke und Künstler. Nach den aktuellen Corona-Vorschriften dürfen zeitgleich jeweils sechs Personen mit Maske die Kunstausstellung im Erdgeschoss und die stadtgeschichtliche Dauerschau im ersten Stock des Freiherr-vom-Stein-Hauses, Hauptstraße 83, besichtigen; bis zum 11. Oktober. Öffnungszeiten: di, mi, do 11-16 Uhr, sa, so und Christi Himmelfahrt 11-17 Uhr.  Eintritt ist frei.

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