Fastenmonat Muslime feiern Ramadan im kleinen Kreis

Langenfeld · Familientreffen und gemeinsame Abendessen in großer Runde, wie sonst beim Fastenbrechen im Ramadan bei den Muslimen üblich, sind derzeit nicht möglich. Sie helfen sich mit Gebeten, einer großen Portion Optimismus und ganz viel Videotelefonie.

Marwa Nasra bereitet das Essen für die Familie nach Einbruch der Dunkelheit vor.

Marwa Nasra bereitet das Essen für die Familie nach Einbruch der Dunkelheit vor.

Foto: Matzerath, Ralph (rm)/Matzerath, Ralph (rm-)

Gute drei Wochen haben Marwa Nasra (34) und ihre Familie schon hinter sich gebracht. Bis kommenden Donnerstag müssen sie noch aushalten. Dann steht das Hochfest der Muslime, das so genannte Zuckerfest an. Im Fastenmonat Ramadan, für Muslime die wichtigste Zeit des Jahres, essen und trinken sie tagsüber nichts. Abends kommen sie für ein großes Festmahl zusammen. So ist es seit Jahrhunderten bei ihnen Brauch, um Körper und Geist zu reinigen und im Gebet Gott näher zu kommen. Ein schöner Monat, wie Marwa Nasra, eine libanesische Mutter von vier Kindern,  betont.

Denn normalerweise ist diese Zeit ähnlich wie Weihnachten für Christen mit Familienbesuchen verbunden.  Doch dieses Jahr muss sie aufgrund der Pandemie darauf verzichten. „Das ist schade“, sagt die 34-Jährige. „Und es ist auch viel langweiliger als die anderen Jahre“, gibt sie zu. „Aber wir müssen uns gegenseitig schützen und auf unsere älteren Menschen achten.“ Ganz auf den Kontakt verzichten kann sie allerdings nicht, verrät sie. Normalerweise würde ein Schwall Frauen sich am frühen Abend in ihrer Küche treffen, um gemeinsam für die Familie das Abendessen vorzubereiten. Dieser Tage ist Nasra allerdings alleine. In die Küche nimmt sie statt ihrer Schwestern und Cousinen ihr Handy mit und holt sich alle über Videotelefonie digital in die heimische Küche. Am Bildschirm kochen die weiblichen Familienmitglieder zusammen und tauschen sich über Rezepte aus. Eine Alternative, mit der sich der sonst so gesellige Fastenmonat gut aushalten lässt, bestätigt Nasra. Rund vier Stunden verbringt sie im Schnitt täglich in der Küche, um die zahlreichen Leckereien zu kochen und zu backen. Eine aufwendige Arbeit, die der Hausfrau allerdings große Freude bereitet, wie sie erzählt. Süßspeisen wie Baklava und Kunafa seien ganz besondere Speisen, die eigentlich nur im  Ramadan gegessen werden, erklärt Nasra. Darauf freut sich ihre Familie am Abend dann besonders. 

Nach dem Abendessen wird gemeinsam gebetet und zwischendurch Kaffee getrunken. Um den Tag ohne Zufuhr von Nahrung und Flüssigkeit einigermaßen zu überstehen, stellen sie sich morgens um vier, manchmal sogar schon um drei Uhr den Wecker, um gemeinsam zu frühstücken, ehe die Sonne aufgeht. „Ein paar Datteln und Bananen machen für den ganzen Tag satt“, erklärt Nasra ihre Strategie. Dazu ein großer Schluck eines libanesischen Saftes aus Trauben, Datteln und Zucker und schon ist der Hunger für den Tag gebannt.

Obwohl Kinder in der Regel vom Fasten ausgeschlossen sind, können Jugendliche unter vereinfachten Bedingungen mitmachen. So wie Tochter Line. Die 14-Jährige fastet bereits seit ihrem zehnten Lebensjahr und empfindet Freude dabei. „Die ersten vier bis fünf Tage sind schon anstrengend, aber danach ist es ganz leicht und man fühlt sich richtig gut und viel gesünder.“ Außerdem, urteilt sie, sei es eine schöne Tradition und auch eine gute Möglichkeit, sich in die Situation ärmerer Menschen zu versetzen, die wenig bis nichts zu essen haben. „Man weiß das Essen dann auch besser zu schätzen und alles schmeckt viel besser.“

Dennoch freut sich Line auf das anstehende Zuckerfest, obwohl es pandemiebedingt wesentlich kleiner ausfallen wird als üblich. Doch mehr als auf ein großes Festmahl freut sich die 14-Jährige altersgerecht auf etwas anderes: „Beim Zuckerfest kriegen wir Kinder Geschenke von den Erwachsenen“, berichtet sie freudig. „Das ist also ähnlich wie Weihnachten bei den Christen.“ Nur dass es sich, wie auch schon Heiligabend,  auf ein Fest in der Kernfamilie beschränkt.

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