Langenfeld/Monheim Wenn die Seele in ein dunkles Loch fällt

Kreis Mettmann · Der Anteil an Menschen, die an Depressionen erkrankt sind, ist im Kreis Mettmann von 2008 bis 2018 um 73 Prozent gestiegen. Aber Therapieplätze sind rar, die Wartezeiten sind lang.

 Nach ersten Ergebnissen eines internationalen Forschungsprojektes der Privaten Hochschule Göttingen (PFH) sind weit mehr Menschen mit schweren depressiven Symptomen belastet als vor der Pandemie.

Nach ersten Ergebnissen eines internationalen Forschungsprojektes der Privaten Hochschule Göttingen (PFH) sind weit mehr Menschen mit schweren depressiven Symptomen belastet als vor der Pandemie.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Noch immer müssen sich Menschen, die unter Depressionen leiden, Sprüche wie „stell dich nicht so an“ oder „das kann doch nicht so schlimm sein“ anhören. Noch immer werden Depressionen in unserer Gesellschaft nicht als Krankheit anerkannt, und das, obwohl die Zahl der an Depressionen erkrankten Menschen beständig steigt.

„Eine Depression ist eine schwere Krankheit, die im schlimmsten Fall tödlich enden kann. Deshalb muss sie so früh wie möglich behandelt werden“, betont Hans-Jürgen Daas vom Serviceteam der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH) in Köln. Laut Daten der KKH leiden in Nordrhein-Westfalen immer mehr Menschen an Depressionen: 2018 haben Ärzte bei rund 40.600 KKH-Versicherten zwischen Eifel und Weserbergland eine depressive Episode diagnostiziert. Gegenüber 2008 bedeutet das ein Plus von knapp 41 Prozent. Das bedeutet: Jeder Neunte in NRW ist an Depressionen erkrankt.

Auch der Kreis Mettmann macht da keine Ausnahme, wie eine Sprecherin der AOK Rheinland/Hamburg erklärt: „Im Jahr 2008 waren im Kreis Mettmann rund sechs Prozent unserer Versicherten an einer Depression erkrankt. Im Jahr 2018 waren es rund 10,4 Prozent – dies ergibt einen prozentualen Anstieg um 72,9 Prozent.“ Das liegt sogar noch über dem Durchschnitt. „Bei den Versicherten der AOK Rheinland/Hamburg betrug der prozentualen Anstieg 60,5 Prozent.“

Zwar sollte diese Krankheit schnellstmöglich behandelt werden, doch meist gibt es lange Wartezeiten auf einen Therapieplatz. „Wartezeiten entstehen immer dann, wenn die Nachfrage das Angebot übersteigt, was bei Therapien seit Jahren zunehmend der Fall ist“, erklärt Dr. Heiko Schmitz, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (kvno). „Die neue, auf Bundesebene entwickelte und von uns auszuführende Bedarfsplanung, hat zumindest viele neue Sitze für Psychotherapeuten geschaffen. Inwiefern sich das positiv auswirkt, muss man abwarten.“

Laut Statistik der kvno kommt im Kreis Mettmann ein Psychotherapeut auf 5.429 Einwohner. Im Vergleich (Aachen 3.010 Einwohner pro Therapeut) kann man hier nicht von einer optimalen Versorgung sprechen. Nun kommt erschwerend die Pandemie hinzu, die mit unterschiedlichen Ängsten und Isolation einhergeht, was Depressionen auslösen kann. Auch die Therapeuten standen vor einem Problem. In welcher Form waren Therapien noch möglich. „Es sind viele neue Wege geebnet worden, zum Beispiel für Videosprechstunden/Telemedizin und Therapie am Telefon“, sagt  Schmitz. Doch jeder einzelne könne auch selbst etwas gegen Corona-Depressionen tun.

Hier rät KKH Psychologie-Experte Michael Falkenstein: „Entscheidend ist es, die Ängste so gut es geht unter Kontrolle zu halten. Sonst können sie irrationale Formen bis hin zu Panik annehmen und zu irrationalem Verhalten führen.“ Auch im Familienleben könne man Ängste vermeiden. „Es ist wichtig, sich zu informieren, aber über seriöse Medien und zeitlich begrenzt“, meint Falkenstein. „Nutzen Sie Fernseher oder Laptop vielmehr, um sich etwas Lustiges oder Spannendes anzusehen. Ablenkung ist der wesentliche Schlüssel, um durch diese extreme Zeit zu kommen.“

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