Langenfeld Langenfeld lacht über klugen Kühlschrank

Langenfeld · Selbstironie, Konsumkritik und neidvolle Blicke nach Monheim - das neue Stück der "Studiobühne" widmet sich ebenso unterhaltsam wie geschickt dem Lokalgeschehen.

 So ein Smartfridge weiß, welche Einkäufe der Cholesterinspiegel gerade noch verträgt: Szene aus der neuen Inszenierung der Studiobühne Langenfeld.

So ein Smartfridge weiß, welche Einkäufe der Cholesterinspiegel gerade noch verträgt: Szene aus der neuen Inszenierung der Studiobühne Langenfeld.

Foto: MATZERATH

Es sind keine leichten Zeiten für Langenfeld. Traurig, öde, abgewrackt wirkt die Stadt, so jedenfalls auf der Flügelsaal-Bühne. Vorbei die Überschüsse im städtischen Haushalt. Sogar die Schuldenfreiheit, die doch zu Langenfeld gehört wie der Dom zu Köln, ist in Gefahr. "Hochmut kommt vor dem Fall", meint dazu Frau Langenfeld. Sie ist die personifizierte Stadt - inklusive Postkutschen-Hut und Büßergewand. "Das ist wohl die Strafe dafür, dass ich mich immer über Monheim lustig gemacht habe."

Gespielt wird Frau Langenfeld von Regina Schneider. Der dramaturgische Kniff, die Stadt als Person auf die Bühne zu holen, ist nur eine von vielen guten Ideen, die das neue Stück der "Studiobühne" tragen. "Langenfeld geht shoppen" ist der Titel der knapp zweistündigen Inszenierung. Darin greift die Laientheatertruppe mit Musik, Humor und Improvisation komplexe Themen auf. Es geht um Konsumkritik, Lokalpolitik, Globalisierung und den tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel durch das Internet.

Die Geschichte ist schnell erzählt: Langenfeld hat den Blues - und zwar richtig. Die Nachbarstadt wirkt derzeit jung, dynamisch und sexy. In Langenfeld ist von Aufbruch hingegen nicht viel zu spüren. "Wer hipp ist, geht nach Monheim, uns bleiben nur die Alten im Wohnheim", reimt die frustrierte Stadt in einem der vielen Lieder, deren musikalische Untermalung live von einer Band auf der Bühne gespielt wird. Die fetten Jahre - vorbei: "Langenfeld hat abgewirtschaftet."

Bleibt immerhin noch der Status als attraktive Einkaufsstadt - und der wird dafür umso mehr betont. Verschiedene Konsumtypen stellen sich nach und nach dem Publikum vor. Da ist etwa ein greiser Richrather (Gottfried Buff), der partout nur in seinem Viertel einkaufen will, weil das bereits fünf Generationen vor ihm so gehandhabt haben. "Was soll ich denn in der Innenstadt? Da kann ich ja gleich nach Hilden fahren", ätzt der Grantler.

Zudem lernt das Publikum Richard Kaufmann (Peter Boxberg) kennen, der mit seiner spritsaufenden Protzkarre stets zum Bio-Bauern fährt. Schließlich gehe es auch um Nachhaltigkeit, mahnt der Konsumverrückte mit dem Grundsatz "Ich kaufe, also bin ich". Hauptsache, alles ist möglichst hochwertig. Für jede Krawatte gibt es das dazu farblich abgestimmte Handy. Der Schwabe Horst (Stefan Becker) hat sich hingegen einen "Smartfridge" angeschafft, einen intelligenten Kühlschrank. Der diktiert seinem Besitzer geradezu diktatorisch die Einkaufsliste - stets mit Blick auf den Cholesterinwert.

Entmündigung des Verbrauchers durch vermeintlich mitdenkende Geräte, "Geiz-ist-geil"-Mentalität, Lokalpolitik und moralische Aspekte des Konsums verrührt Regisseurin und Autorin Elisabeth Schafheutle zu einer durchweg sehens- und hörenswerten Melange, die durch das spielfreudige Ensemble hohen Unterhaltungswert hat. Da wird das nächtliche Shoppen bei Ebay zum pseudoerotischen Vergnügen, und in der Hölle herrscht Hochkonjunktur angesichts der vielen sündigen Käufer. Wer wissen will, wie sich die Golden Gate Bridge, die Chinesische Mauer oder das Kolosseum in Langenfeld machen würden, sollte die nächsten Aufführungen des Stückes nicht verpassen. Am Ende rufen sogar der Papst und die Kanzlerin an - und Frau Langenfeld überwindet ihre Depri-Phase.

(dora)
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