Forschung in Düsseldorf Wie Künstliche Intelligenz das Leben verändert

DÜSSELDORF · Mit ihrem Meinungsmonitor erforschen Wissenschaftler der Universität Düsseldorf die Stimmung im Land – alle zwei Wochen mit Umfragen.

 Professor Frank Marcinkowski hat Umfragen in der Bevölkerung zum Thema Akzeptanz von Künstlicher Intelligenz gemacht. 

Professor Frank Marcinkowski hat Umfragen in der Bevölkerung zum Thema Akzeptanz von Künstlicher Intelligenz gemacht. 

Foto: Endermann, Andreas (end)

Sie ist überall zu finden! Künstliche Intelligenz steckt in jedem Handy und in jedem Saugroboter, der wie von Zauberhand gesteuert durch die Wohnung fährt. Sie wird in der Autoindustrie (autonomes Fahren) eingesetzt, in der Medizintechnik (als Diagnosehilfe oder in der Erprobung von Pflegerobotern) und in der Finanzbranche (um die Kreditwürdigkeit von Kunden auszuloten). Künstliche Intelligenz gilt als eine der Schlüsseltechnologien unserer Zeit. Aber wird sie von der Bevölkerung auch akzeptiert? Überwiegen eher Zustimmung, Misstrauen oder Ablehnung? Das versuchen Wissenschaftler der Uni Düsseldorf herauszufinden – alle zwei Wochen mit einer Meinungsumfrage.

Eine Erkenntnis gleich vorweg: „Angesichts der Tatsache, wie extrem wichtig diese Technologie ist, welche Umwälzungen in ganz unterschiedlichen Lebensbereichen damit verbunden werden, ist es erstaunlich, wie gelassen die Menschen damit umgehen“, meint Frank Marcinkowski, Professor für Politische Kommunikation am Institut für Sozialwissenschaften. Dabei haben er und sein Team bei der Befragung von 12.000 repräsentativ ausgewählten Bürger im vergangenen Jahr herausgefunden, dass rund 20 Prozent den Einsatz Künstlicher Intelligenz grundsätzlich positiv sehen, 26 Prozent eher skeptisch sind und etwa jeder zweite noch keine eindeutige Meinung hat.

„Wohin das Pendel ausschlägt, hängt wohl auch davon ab, welche Anwendung von KI gerade ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt wird“, so Marcinkowski. Künstliche Intelligenz in der industriellen Produktion, im Verkehr, Bildungswesen und in der Medizin stoßen eher auf Zustimmung als Ablehnung. Dagegen würde ihr Einsatz in Banken, Versicherungen, bei der Polizei und Justiz von der Mehrheit abgelehnt. Und daran habe sich über einen Zeitraum von einem Jahr kaum etwas verändert. Das mag nach Einschätzung der Wissenschaftler auch an Corona liegen, dem beherrschenden Thema 2020, das alles andere in den Hintergrund verdrängt hat.

Grund für die Forscher, genauer nachzufragen. So rücken sie bei ihrem Meinungsmonitor alle zwei Wochen neben allgemeinen Fragen nach der Akzeptanz von KI immer ein aktuelles Thema in den Fokus – wie deren Einsatz im Kampf gegen die Pandemie. Zum Hintergrund: Bei der Auswertung riesiger Datenmengen durch Künstliche Intelligenz wurde bereits Ende 2019 der Ausbruch von Corona in China erkannt und die Ausbreitung des Virus auf andere Länder vorhergesagt. Auch kommt KI bei der Suche nach Wirkstoffen zum Einsatz, was über 75 Prozent der Befragten begrüßen.

„Bemerkenswert hohe Zustimmungswerte“ (zwischen 22 und 27 Prozent) aber bekamen die Forscher auch auf die Frage, ob es akzeptabel sei, Künstliche Intelligenz heranzuziehen, um die Überlebenschancen von Erkrankten zu berechnen oder gar eine Priorität bei der Behandlung. Fazit: „Offenbar wächst die Akzeptanz von KI in Zeiten gesellschaftlicher Notlagen.“

Oder in Zeiten gesellschaftlicher Veränderungen. So wollten die Wissenschaftler erfahren, welche Erwartungen oder vielleicht auch Ängste in der Bevölkerung vorherrschen, wenn es um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Arbeitswelt geht. Ist es tatsächlich so, dass viele befürchten, Arbeitsplätze würden der fortschreitenden Automatisierung und dem Kollegen Roboter zum Opfer fallen? „Die Ergebnisse unserer Befragung zeigen, dass der größere Teil der Beschäftigten nur eine geringe Veränderung oder gar Bedrohung sieht“, so Macinkowski. Das könnte allerdings auch daran liegen, dass viele noch keine konkrete Vorstellung davon haben, wie sich die neuen Technologien auf den Arbeitsalltag auswirken.

Wenn es um Arbeitsschutz und Belastungen im Job geht, glaubt die Mehrheit, dass Künstliche Intelligenz ihren Alltag eher erleichtern könnte. Und jeder dritte der Befragten meint, dass dadurch die eigene Zufriedenheit am Arbeitsplatz und die Karrierechancen gesteigert würden. Allerdings befürchten viele, dass soziale Kontakte (64 Prozent) ebenso wie Mitbestimmung am Arbeitsplatz (49 Prozent) darunter leiden würden. Bei der Umfrage war ein Aspekt auffallend: Die wenigsten befürchten den Verlust des eigenen Arbeitsplatzes (sechs Prozent). Steckt dahinter die Einschätzung (oder Illusion) unersetzbar zu sein? Das ist wohl ein psychologisches Phänomen, meint Frank Marcinkowski. Eine Art Zweckoptimismus: „Menschen können die allgemeine wirtschaftliche Lage für ziemlich schlecht halten, glauben aber, dass sie selbst schon zurechtkommen.“

Grundsätzlich soll der Meinungsmonitor eine Stimmung im Land wiedergeben. „Wir sehen es nicht als unsere Aufgabe an, die Leute in Deutschland dazu zu bringen, Künstliche Intelligenz zu akzeptieren.“ Vielmehr wollen die Wissenschaftler Politik und Industrie signalisieren, wo Menschen die Möglichkeiten und Risiken Künstlicher Intelligenz sehen. „Wir sollten uns bei einem so wichtigen Thema nicht allein darauf verlassen, was die Politik dazu meint.“

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