Langenfeld Künstlerin zeigt die Macht als Bürde
Langenfeld · Anja Hannig stellt in der Langenfelder Stadtbibliothek eine Auswahl ihrer Collagen und Skulpturen aus - "für die Geschichten im Kopf".
Wenn Anja Hannig arbeitet, färbt sie zunächst einmal verschiedene Papiere selbst ein. "In rauen Mengen", sagt die Künstlerin. Hat sie für ausreichend Auswahl gesorgt, beginnt sie. "Ich stehe dann in meinem Material", verrät die Mittfünfzigerin. Am Anfang ist zunächst ein Gedanke, ein Eindruck, eine Emotion, was Anja Hannig greifbar machen möchte. Daraus entsteht eine Idee. "Aber ich lasse sie auch rechtzeitig wieder los, damit sich das Werk entwickeln kann." So entstehen ihre Collagen, zumeist Porträts, die sie aus ihren verschiedenen Papieren zusammenfügt. Gedeckte Farben, Natürlichkeit, Ausdruck - das ist es, was ihre Arbeiten bestimmt. Zwölf ihrer Collagen hat sie nun, zusammen mit vier Skulpturen, in ihrer Ausstellung "ohne Worte - Collagen und Skulpturen für die Geschichten im Kopf" vereint. Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 12. Mai in der Langenfelder Stadtbibliothek.
Die älteste Arbeit ist aus dem Jahr 2010 und trägt den Titel "Familie". Es ist eine Collage, die ein wenig von den übrigen absticht. Zum einen, weil es kein typisches Porträt ist, sondern in der Tat eine Familie darstellt. Zum anderen, weil Hannig die Farben hier noch leuchtender und auffälliger eingesetzt hat. Etliche ihrer Collagen zeigen Menschen aus ihrem Umfeld. "Es liegt nah, dass man die porträtiert, die man kennt", sagt die Künstlerin, die zunächst eine Ausbildung zur Goldschmiedin in Roermond absolvierte, bevor sie von 1987 bis 1994 noch ein Design-Studium an der FH Düsseldorf machte.
Doch auch von aktuellen Ereignissen lässt sich die 1963 geborene Künstlerin inspirieren, so etwa vom Leid der Flüchtlingskinder. Papiere begleiten die Künstlerin, die seit 2005 in Hilden lebt und arbeitet, bereits ihr Leben lang. "Ich bin zwischen Papier aufgewachsen", meint sie lachend, "mein Vater war Grafiker." Dazu kommt ihr Hang, alles, was ihr interessant erscheint, zu sammeln. Wie den alten Kochtopf, den sie am Rhein aufgelesen hat, und der nun das Haupt ihrer Skulptur "König" krönt.
Die Künstlerin beschäftigt sich intensiv mit dem Menschen, mit zwischenmenschlichen Beziehungen, mit dem Machtgefüge. Besonders eindrücklich zeigen dies ihre Skulpturen "Prinz" und "Prinzessin" - eigentlich ein Wunschtraum vieler, aber Anja Hannig zeigt sie in ihrer Verletzlichkeit, in ihrer Ohnmacht, in die sie durch die Erwartungen, die an sie gestellt werden, verfallen. Das wird nicht nur durch den melancholischen Gesichtsausdruck deutlich, sondern auch in der Symbolik der Figuren. Der Prinzessin hat Hannig ein Kleid aus einer Landkarte angezogen. "Die Prinzessin bekommt das Land umgehängt und wird gut verheiratet", sagt die Künstlerin. Der Prinz, der noch nicht einmal eigene Beine hat, muss trotzdem den schweren Mantel des Vaters tragen. Anrührend wirkt er in seiner Fragilität, die sogar seinen Kopf zuweilen beben lässt. "Wenn er Angst hat, wackelt er mit dem Kopf", sagt Anja Hannig.