Kreis Mettmann „Wir lassen nicht locker“

Kreis Mettmann · Der Landkreistagspräsident fordert mehr Unterstützung vom Land für Verkehrsprojekte der Zukunft.

 Landrat Thomas Hendele ist zugleich Päsident des Landkreistags, in dem die 31 Kreise NordrheinWestfalens zusammengeschlossen sind. „Wir sind das Pendant zum Städtetag“, erläutert Hendele.

Landrat Thomas Hendele ist zugleich Päsident des Landkreistags, in dem die 31 Kreise NordrheinWestfalens zusammengeschlossen sind. „Wir sind das Pendant zum Städtetag“, erläutert Hendele.

Foto: Mikko Schümmelfeder

Thomas Hendele (CDU) ist nicht nur Landrat des Kreises Mettmann, sondern auch Präsident des Landkreistags NRW. In diesem sind 31 Kreise zusammengeschlossen, deren Anliegen der Landkreistag in Nordrhein-Westfalen vertritt. Aktuelles Thema: Der Verkehr der Zukunft gekoppelt mit der Forderung an das Land, die Kreise bei der Förderung stärker zu berücksichtigen. Eine Liste mit 16 Kernforderungen hat er an NRW-Minister Hendrik Wüst überreicht.

Was ist der Hintergrund dieser Forderung?

Hendele In den Kreisen lebt mehr als die Hälfte der Bevölkerung Nordrhein-Westfalens, nämlich 60 Prozent. Die 31 NRW-Kreise nehmen 90 Prozent der Fläche im Land ein. Die Wege, die dort zurückgelegt werden müssen, sind weiter als die in den Großstädten. Dennoch fließt dort etwa für den U-Bahnbau mehr Fördergeld hin, als in die Kreise.

Was sind denn zentrale Bereiche, die aus Ihrer Sicht stärker gefördert werden müssten?

Hendele Der Öffentliche Nahverkehr müsste deutlich gestärkt und das Umsteigen für Verkehrsteilnehmer durch eine bessere Vernetzung attraktiver gemacht werden. Dazu gehört, dass Bus- und Bahnverbindungen besser aufeinander abgestimmt werden und es ausreichend Park&Ride-Plätze gibt, wie zum Beispiel am neuen Busbahnhof in Ratingen. Auch die Haltestellen der jeweiligen Bus- und Bahnlinien sollten in einem komfortablen Zustand sein. Da ist auch die Deutsche Bahn gefragt, die etwa den S-Bahnhof Berghausen angenehmer und kundenfreundlicher gestalten sollte.

Hat der Kreis die Möglichkeit, den Nahverkehr in den einzelnen Städten zu beeinflussen?

Hendele Der Kreis stellt einen Nahverkehrsplan auf, auf dessen Grundlage Fördergelder beantragt werden können. Wir koordinieren die Linien in den Städten, können aber keine Stadt zwingen, ihre Netze auszuweiten. Wenn etwa Langenfeld seine Busse nicht durchgängig an den Takt der S-Bahnen anpassen will, ist das schade. Aber darauf nehmen wir keinen Einfluss. Jede Stadt entscheidet, wofür sie Geld ausgeben will.

Es gibt 172.000 Ein- und zugleich Auspendler im Kreis Mettmann. Die Bilanz ist ausgeglichen. Was kann man ihnen zusätzlich zum Nahverkehrsangebot bieten, um das Auto stehen zu lassen.

Hendele Bessere Radwege sind eine Alternative. Eine Konzeption für den gesamten Kreis ist in der Planung. Radschnellwege sind gut. Es dauert aus verfahrenstechnischen Gründen aber sehr lange, bis sie ausgebaut sind. Eine schnellere Umsetzung verspricht zum Beispiel die Velo-Route, die zwischen dem Kreis Mettmann, konkret zwischen Haan und Erkrath, sowie Düsseldorf und Wuppertal entstehen soll. Diese soll über bestehende Wege gehen. Der Kreis kümmert sich bei diesem Projekt um die Übergänge. Einbezogen werden soll auch die L239 zwischen Ratingen und Mettmann, auf der bislang kein Radweg vorgesehen ist.

Im Straßenverkehr ist zunehmend mit E-Bikes und Pedelecs zu rechnen. Sie verändern den Radverkehr. Sind die Wege dafür ausgerüstet?

Hendele Nicht unbedingt. Im Neandertal soll deshalb die Verkehrsführung der Radwege optimiert werden. Denn auch dort ist vermehrt mit elektrisch betriebenen oder unterstützten Rädern zu rechnen. Diese Wege plant der Kreis Mettmann für den zuständigen Landesbetrieb NRW. Damit steigen die Chancen, gefördert zu werden und auf der Prioritätenliste nach oben zu rutschen. Denn dem Landesbetrieb Straßen NRW fehlt es nicht an Geld, sondern an Personal.

Wohin mit dem teuren Pedelac, wenn man vom Rad auf die Bahn umsteigen will?

Hendele Das haben wir auf dem Zettel. Es muss mehr Fahrradboxen geben. Größere Räume als Unterstellmöglichkeit sind denkbar, die mit Chipkarte geöffnet werden können. Dort stehen Räder sicher.

Nicht jeder kommt mit dem vorhandenen ÖPNV ans Ziel. Sie plädieren dafür, das Schienennetz auszubauen – für Personen und auch den Gütertransport. .

Hendele Ja. Zwei Schienenstränge für die Regiobahn, die von Mettmann nach Wuppertal führen, werden noch in diesem Jahr fertig. Befahren werden sie voraussichtlich erst ab 2020, weil wir die Vergabe für die Elektrifizierung aufheben mussten.

Für den Ausbau der Westbahn, die von Duisburg-Wedau nach Ratingen führen soll, läuft die Machbarkeitsstudie. Schon lange. Wie schätzen Sie die Chance ein, dass das Projekt realisiert wird?

Hendele Die Westbahn ist Beschlusslage des Kreistages. Wann genau sie kommen wird, soll eine Studie ermitteln. Aber wir lassen da nicht locker. Die Bahn ist existenziell für den Westkreis. Auch die so genannte Circle-Linie ist zwingend. Es muss einen S-Bahn-Anschluss für Niederberg geben. Das ist wichtig für Neuansiedlungen. Durch diese Linie wird der niederbergische Raum an die Boom-Region Rheinschiene angebunden.

Trotz der vielen Projekte, die angestoßen sind: Autos sind so schnell nicht wegzudenken. Die Stadt Langenfeld setzt dabei auf E-Autos 1000 Stück bis 2022.  Investiert der Kreis in neue Technologien?

Hendele Ja. Wir investieren auch in E-Autos. Aber sinnvoll halte ich den Einsatz nur für kleinere Autos. Bei schweren Fahrzeugen muss man über Alternativen nachdenken, wenn die Ökobilanz stimmen soll – etwa über Wasserstoffantriebe.

Wie steht es um den Glasfaserausbau im Kreis?

Hendele Das hat jede Kommune selbst in der Hand. Aber wir stehen gut da. Es gibt wenige weiße Flecken wie etwa Obschwarzbach.

Wie wichtig ist das Gebilde Kreis für die Kommunen?

Hendele Die Kreisgemeinschaft ermöglicht den Städten, ihre Autonomie zu wahren. Im Vergleich zu den anderen Kreisen in NRW steht der Mettmanner als starker Wirtschaftsstandort gut dar. Kommunen wie Monheim, die sich über sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen freuen, stärken den Kreis. Ich radle immer wieder gern durch Monheim. Es macht Spaß, zu sehen, was dort entsteht. In Sachen Digitalisierung hat die Stadt die Nase weit vorn. Aber manchmal wünsche ich mir mehr Solidarität, wie etwa bei der Finanzierung der Förderschulen.

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