Kreis Mettmann Pflegekräfte empört über Impfstoff

Kreis Mettmann · Sie sollen mit dem Produkt von Astrazeneca geimpft werden. Der soll weniger wirksam sein. In kreisweit 35 Pflegediensten kümmern sich rund 1000 Menschen um Pflegebedürftige und alte Menschen, die noch zu Hause leben.

 Rolf Hoppe ist Inhaber eines Pflegedienstes in Erkrath.

Rolf Hoppe ist Inhaber eines Pflegedienstes in Erkrath.

Foto: "Köhlen, Stephan (teph)"/Köhlen, Stephan (teph)

Rolf Hoppe ist sauer. Denn nach ersten Informationen sollen die Mitarbeiter ambulanter Pflegedienste und Rettungsdienste in Nordrhein-Westfalen ab der kommenden Woche mit dem Impfstoff von Astrazeneca gegen Covid-19 geimpft werden. Dessen Wirksamkeit liegt laut Studien des Herstellers gerade mal bei 67 Prozent – gegenüber mehr als 90 Prozent bei den Impfstoffen von Biontech und Moderna. „Wenn sie nur Astrazeneca für uns haben, werden viele Pflegedienstmitarbeiter im Kreis Mettmann auf eine Impfung verzichten“, sagt Hoppe, der in Erkrath einen ambulanten Pflegedienst betreibt und zugleich Sprecher der Branche im Kreis Mettmann ist. In kreisweit 35 Pflegediensten kümmern sich rund 1000 Menschen um Pflegebedürftige und alte Menschen, die noch zu Hause leben.

„Im vergangenen Jahr standen viele auf den Balkonen und haben uns applaudiert. Und auch die Politik fand viele warme Worte für uns, die wie wir in der Pandemie an vorderster Front arbeiten“, sagt Hoppe gerade heraus. Jetzt die ambulanten Pflegekräfte lediglich mit dem als zweitklassig empfundenen Impfstoff abspeisen zu wollen, das gehe gar nicht. „Wir werden einen offenen Brief an den nordrhein-westfälischen Gesundheitsminister Laumann schreiben“, kündigt Hoppe an. Und die CDU-Bundestagsabgeordnete Michaela Noll habe er ebenfalls bereits informiert: „Sie hat sehr viel Verständnis gezeigt für unsere Position.“

Ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums sagte auf Nachfrage unserer Redaktion, zurzeit werde im Ministerium darüber diskutiert, wie und wo man die Impfdosen von Astrazeneca einsetzen werde. Dass diese Gespräche kurz vor dem Abschluss stehen, lässt sich jedoch an einer Vorabinformation aus dem NRW-Gesundheitsministerium für den Kreis Mettmann erkennen. Der Leiter des Impfzentrums, Mirko Braunheim, sagt: „Die Vorabinformation haben wir bekommen; darin wird ein Erlass des Ministeriums angekündigt.“ Im Impfzentrum ist für die am höchsten priorisierten Berufsgruppen der ambulanten Pflege- und Rettungsdienste eine Impfstraße vorgesehen, damit diese Personen ab der kommenden Woche neben den Über-Achtzigjährigen geimpft werden können.

 Probelauf im Impfzentrum: Bei Nils Springer (links) wurde die Impfung simuliert. Nächste Woche soll das Impfzentrum in Betrieb gehen.

Probelauf im Impfzentrum: Bei Nils Springer (links) wurde die Impfung simuliert. Nächste Woche soll das Impfzentrum in Betrieb gehen.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Doch wenn bloß Astrazeneca auf die Spritzen für die Pflegekräfte aufgezogen werden würde, dann kämen erst viele von ihnen gar nicht, sagt Hoppe. Bereits vor einigen Tagen hat er eine informelle Umfrage über soziale Medien unter den ambulant Pflegenden gemacht. Von 800 angeschriebenen Personen hätten gut 500 mitgeteilt, sie würden sich zeitnah gegen das Corona-Virus impfen lassen. „Falls es tatsächlich so kommt, wie es sich jetzt für uns andeutet, kann man diese Zahl von 500 mindestens halbieren“, sagt Hoppe. Mit allen negativen Folgen und Ansteckungsgefahren für die selbst noch nicht geimpften Pflegebedürftigen. Und natürlich wären auch die in ambulanten Pflegediensten beschäftigten Personen weiterhin in Gefahr, sich mit dem Virus zu infizieren.

Berufliche Konsequenzen vom Staat müssten Impfverweigerer im Pflegebereich nicht befürchten. „Die Impfung gegen Covid-19 ist ein freiwilliges Impfangebot, kein Zwang“, sagt ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministers.

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